Currenta und Transparenz – nach der Explosion in Bürrig ist das ein Problem. Schweigsam ist der Betreiber des Chempark auch, wenn es um finanzielle Effekte der Katastrophe geht.
ChemparkSo viel hat die Leverkusener Explosion den Betreiber bisher gekostet
Fast 28 Millionen Euro hat Currenta die Explosion am 27. Juli 2021 gekostet. Das geht aus der Unternehmensbilanz für das Jahr hervor. Diese Summe umfasst Umsatzverluste, weil die Sondermüllverbrennung nach dem Unglück stillgelegt werden musste, außerdem Abschreibungen, aber auch Leistungen der Versicherung, die den finanziellen Schaden deutlich minderten.
Insgesamt ist der Effekt auf den Chempark-Betreiber deutlich höher. Auch, weil er nach wie vor andauert: Nur einer der beiden Drehrohröfen in der Bürriger Anlage ist in Betrieb. Die Liste der Stoffe, die dort angenommen werden, ist erheblich kürzer, die Zahl der Lieferanten auf Unternehmen beschränkt, die entweder zum früheren Bayer-Kosmos gehören oder aufgrund lange währender Geschäftsbeziehungen als unproblematisch gelten. Der bis zu der Katastrophe mit sieben Toten und 31 Verletzten immer schwunghafter gewordene Abfall-Import aus dem Ausland konnte noch nicht wieder aufgenommen werden.
Ohne Tanklager bleibt das Sondermüll-Business klein
Voraussetzung dafür wäre der Bau eines neuen Tanklagers. Weil im alten die Ursache für das Unglück liegt, müsste Currenta jedoch ein umfängliches Genehmigungsverfahren absolvieren. Das kann dauern, der Ausgang ist auch durchaus ungewiss. Deshalb äußert sich Technik-Geschäftsführer Hans Gennen bis heute sehr zurückhaltend, wenn es um dieses Thema geht. Obwohl es auf der Hand liegt, dass der von Currenta angestrebte Vollbetrieb der Anlage nicht denkbar ist ohne neue Lagerkapazitäten.
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Die einzelnen Bilanzposten für das Jahr der Explosion sehen so aus: An den Sachanlagen musste Currenta außerplanmäßig 11,7 Millionen Euro abschreiben. Für die ersten Reparaturen an der Verbrennungsanlage gab der Chempark-Betreiber 3,9 Millionen aus. Viel höher waren die Kosten für Anwälte und Berater. Allein bis Ende 2021 fielen dafür knapp 10 Millionen Euro an.
Da Currenta unter anderem den Sicherheitsexperten für Chemie-Anlagen, Christian Jochum nebst einem hochkarätigen Team, bezahlt und der „Begleitkreis Bürrig“ bis auf Weiteres weiterarbeitet, wird sich dieser Posten sicher noch erheblich erhöhen. Dazu kommt: Noch hat die Staatsanwaltschaft Köln nicht einmal Anklage erhoben. Ein Prozess und die damit zusammenhängenden Entschädigungen für Angehörige der Todesopfer und die Verletzten vom 27. Juli 2021 werden für Currenta noch ganz erhebliche Kosten nach sich ziehen.
Im vorigen Jahr schon zu verbuchen waren zusätzliche Leistungen der Werkstätten mit 1,5 Millionen Euro. Für Industriereinigung und Werkschutz stehen weitere 2,2 Millionen Euro in der Bilanz. Sonstigen Aufwendungen durch das Unglück, die Currenta auf knapp 27 Millionen Euro beziffert, stehen allerdings auch ganz erhebliche Zahlungen von Versicherungen gegenüber. Für Sachschäden und Kosten der Betriebsunterbrechung in Bürrig leisteten sie 28,7 Millionen Euro.
Fragen nach PFAS aus Bürrig
Auch im Umfeld des Klärwerks wirft die Belastung durch die „ewigen Chemikalien“ aus der Gruppe der per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) Fragen auf. Nachdem schon der Abwasser-Experte des BUND, Paul Kröfges, bei der Kölner Bezirksregierung einen Fragenkatalog abgesetzt hat, schreibt nun Benjamin Roth an Horst Büther. Der ist in der Kölner Aufsichtsbehörde für Anlagensicherheit zuständig und seit der Explosion im Juli 2021 ständig und intensiv mit Currentas Bürriger Entsorgungszentrum befasst.
Roth, der nicht weit von der Anlage wohnt, hatte schon Fragen zu PFAS, weil diese Stoffe in großen Mengen im Löschschaum vorkommen, mit dem die Leverkusener Feuerwehren dem Großbrand am Sondermüllofen zu Leibe gerückt sind. Büthers Antwort vom vorigen Oktober habe er so verstanden, „dass es in Leverkusen keine Probleme mit den PFAS-Werten im Klärwerk gibt“, so Roth.
Bürriger: „Das ist absolut inakzeptabel“
Inzwischen sei aber klar, dass die Belastung mit den „ewigen Chemikalien“ täglich 13 Mal so hoch seien wie vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz empfohlen. Im Zusammenhang mit der Explosion sei die Belastung sogar noch viel höher gewesen. „Das ist absolut inakzeptabel“, schreibt Roth.
Er will von der Bezirksregierung nun wissen, wann sie das erste Mal von den hohen PFAS-Werten in Leverkusen erfahren hat und wann der Hersteller Lanxess, auf dessen Produktion die üblichen hohen Werte zurückgehen, auf diesen Umstand hingewiesen worden sei.
Roths nächste Frage betrifft die Trinkwasserversorger am Rhein, also etwa die Energieversorgung Leverkusen: „Wann wurden diese das erste Mal auf die extremen PFAS-Werte hingewiesen?“ Und: „In welchen Abständen werden die Trinkwasserversorger hierüber informiert?“ Das ist auch deshalb interessant, weil die „ewigen Chemikalien“ nicht zur Messroutine im Trinkwasser gehören.