EU-Parlamentarier Axel Voss und Mitbewerber stellen sich auf Schloss Morsbroich den Wählern.
Diskussion in LeverkusenEuropa ist schwer unter Druck
Die großen Krisen, die neuen Koalitionen in der Weltpolitik. Darauf kann Europa nur gemeinsam reagieren. „Es macht null Sinn, das national zu lösen“, sagt Axel Voss. Er ist der einzige in der Runde, der die politische Arbeit aus eigener Erfahrung kennt. Der Christdemokrat sitzt seit 2009 im Europa-Parlament. Seither „habe ich mich sozusagen radikalisiert, weil der Handlungsdruck immer größer geworden ist“, so seine Eigenwahrnehmung.
Nicht jeder kann das nachvollziehen am Freitagnachmittag in den Schloss-Remisen. Die Diskussion mit Kandidatinnen und Kandidaten für einen Sitz im Europäischen Parlament ist für Voss keineswegs ein Heimspiel, auch wenn die Europa-Union und der Frauenring eingeladen und nur auf Teilnehmer gesetzt haben, die konstruktiv auf Europa schauen. Neben der CDU waren das Sozialdemokraten, Grüne und Freidemokraten, die AfD war nicht eingeladen. Das findet nicht nur Voss gut, auch seine Mitbewerber Marco Sahler (SPD), Fardad Hooghoughi (FDP) und Nyke Slawik – sie vertritt den Grünen-Kandidaten Daniel Freund – genießen eine nicht so anstrengende Diskussion.
Die EU ist nur ein „Papiertiger“ lautet eine Kritik
Es zeigt sich aber, dass auch unbefangene Leute den EU-Betrieb durchaus kritisch sehen und sich mehr Schlagkraft des Staatenbundes wünschen. Dass Ungarn oder – bis zur vorigen Parlamentswahl Polen – nicht mitziehen, ohne dass dies spürbare Konsequenzen habe, stört manche im Publikum. Die EU sei „ein Papiertiger“, heißt es. FDP-Mann Hooghoughi schränkt ein: Die EU dürfe nicht als Kollektiv auftreten, in dem missliebige Tendenzen bestraft werden. Vor allem dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die großen Mitgliedsstaaten Deutschland und Frankreich die kleineren an die Wand drücken. Das erzeuge nur ein Klima des Widerstands, das der guten Sache schade.
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Indes: Das Einstimmigkeitsprinzip benennt auch Axel Voss schnell als Hemmschuh der Europäischen Union. An den riesigen Aufgaben ändere das nichts. Voss macht es ganz groß: „Es geht ums Überleben.“ Deshalb schwebt dem EU-Parlamentarier ein Europa der zwei Geschwindigkeiten vor: „Wir können nicht immer auf den Letzten warten.“
Eine Erweiterung kommt vorerst nicht, glaubt Axel Voss
Auch an eine Erweiterung glaubt Voss erst einmal nicht. Er nennt einen Zeitraum von zehn Jahren, bevor neue Mitglieder aufgenommen werden können. Das betreffe auch die Ukraine und weitere Staaten auf dem Balkan. Die Kunst sei, diesen Kandidaten „eine glaubhafte Perspektive zu geben“. Speziell Serbien könne sonst zu stark unter den Einfluss Russlands geraten, so der CDU-Mann.
Viel ist in den Remisen von Schloss Morsbroich auch von jungen Leuten die Rede. Erstmals dürfen auch 16-Jährige am 9. Juni ihr Kreuz machen. Mit Blick auf einige Umfragen zeigt sich SPD-Mann Marco Sahler skeptisch. In der Gruppe der 16- bis 26-Jährigen seien rechtsextreme Position sehr verbreitet. Sein Rezept: „Wir versuchen, nahbar zu sein.“ Kontaktversuche werde man zum Beispiel bei der Premiere des Christopher Street Days in Schlebusch sehen, kündigt der Leverkusener Sozialdemokrat an. Da dürfte er nicht alleine sein. Auch die Grünen sehen dort eine Gelegenheit, für ihre europäischen Ideen zu werben.
Wenn es um Persönlichkeitsrechte und Gender-Fragen geht, passt auch zwischen die Grüne Nyke Slawik und den FDP-Mann Hooghoughi kein Blatt. Rechte wollten auch hier die Uhr zurückdrehen, heißt es vom Podium. Das könnten auch Frauen nicht gut finden. Die Leverkusener Bundestagsabgeordnete Slawik ordnet das ein: Junge Leute hielten vieles in Europa für selbstverständlich, was Ältere als „Errungenschaften“ wahrnähmen. Unterm Strich sei der europäische Gedanke, die Verheißung und Vision, bei vielen nicht mehr so präsent.
Daran wollen alle politischen Vertreter arbeiten. Axel Voss beschreibt das so: „Europa lebt vom Mitmachen.“