Ihr Salon in Schlebusch wurde vom Hochwasser komplett zerstört, dennoch hat Claudia Müller innerhalb von vier Monaten wieder aufgemacht.
Hochwasser-JahrestagLeverkusener Frisörin zeigt Ministerin, wie Wiederaufbau gelingt
Dass diese Frau mit dem ausdauernden, strahlenden Lachen vor ein paar Wochen wieder weinend vor dem Fernseher saß, ist kaum vorstellbar. Es waren die Bilder vom durch Starkregen ausgelösten Hochwasser in Baden-Württemberg, die Claudia Müller die Tränen in die Augen getrieben haben. „Das ist nicht hier“, habe ihr Mann versucht, sie zu beruhigen. „Ja“, hat sie dann gesagt. „Aber die Menschen wissen noch gar nicht, was jetzt alles auf sie zukommt.“
Das Wasser kommt von zwei Seiten
Claudia Müller weiß es. Am Nachmittag des 14. Juli 2021 wird sie von der Feuerwehr aufgefordert, ihren Frisörsalon an der Bergischen Landstraße zu verlassen. Hier, in der Senke am Ausgang der Schlebuscher Fußgängerzone, sammelt sich zunächst das Wasser, das aus Oulusee und Regenwolken die Berliner Straße hinabläuft. Später wird von der anderen Seite das Wasser der Dhünn hinzukommen. „Nach Hause zu gehen und nicht zu wissen, was man am nächsten Tag vorfinden wird, ist das schlimmste Gefühl überhaupt“, berichtet Claudia Müller drei Jahre später der NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach, die auf Einladung der Handwerkskammer nach Schlebusch gekommen ist, um sich den Wiederaufbau anzuschauen.
„Es ist wichtig für meine Arbeit zu sehen, was gut läuft und was nicht“, sagt die Ministerin. Von komplizierten Antragsverfahren für Fluthilfe und Kommunikationsproblemen bekommt sie hier zu hören. Aber auch, dass Müller es geschafft hat, im 1. November, keine vier Monate nach dem Hochwasser, wieder aufzumachen. „Das ist vor allem ihrem tollen Unternehmergeist zu verdanken“, lobt Scharrenbach. „Es ist toll zu sehen, dass es den nach wie vor in unserem Land gibt.“
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Denn die Frisörin hat nie den Kopf hängen lassen. „Ich war damals 55, andere Kollegen in meinem Alter haben gesagt: Das tue ich mir nicht mehr an, den Wiederaufbau und das finanzielle Risiko“, erzählt Müller. Aber sie hatte 13 Mitarbeitende und zwei Auszubildende. „Für die habe ich doch eine Verantwortung.“ Und die hat sie am nächsten Morgen angerufen, alle sollten Wischmopp und Putzeimer mitbringen. Doch einmal schnell durchwischen, das sollte nicht reichen, wie sich schnell herausstellte.
Laden verkleinert
Durch die bis zur Decke vollgelaufene Tiefgarage war der Estrich auch von unten her durchnässt, der komplette Salon musste grundsaniert werden, Einrichtung, Heizung, Elektrik, alles neu. „Ich habe mich dann entschieden, den Laden in zwei Teile zu teilen und einen zu vermieten“, sagt Müller. So habe sie jetzt einen kleineren, auch optisch neuen Salon „den ich aber auch richtig rocken kann.“
Ohne Hilfe aus dem Umfeld wäre das nicht möglich gewesen: Eine befreundete Frisörin, die zum Flutzeitpunkt in Urlaub war, rief direkt an und lies Müller ihren Schlüssel zukommen, damit sie dort ihre Kunden provisorisch weiter versorgen konnte. Ihr Mann ist nachts alle drei Stunden aufgestanden, um die Pumpen zu leeren und wieder neu zu starten. „Natürlich war das ein langer, schwerer Weg“, sagt Müller. Und strahlt dabei. Heute überwiegt der Stolz, es geschafft zu haben.
Auch wenn die Angst nie ganz weggeht, auch mit dem mittlerweile fertiggestellten, neuen Dhünndeich nicht. „Man fühlt sich nicht mehr sicher. Die Angst ist immer da, wenn es anfängt, stärker zu regnen“, erzählt die Unternehmerin. Von der Ministerin wünscht sie sich für die Zukunft einfacherer Antragsverfahren und eine Plattform, auf der sich Unternehmer branchenspezifisch gezielt austauschen und gegenseitig helfen können. Vertreter der Handwerkskammer bestätigen, dass so etwas bereits in Arbeit sei.
Als sie die Bilder aus Baden-Württemberg gesehen habe, habe sie direkt nachgeschlagen, welche Kollegen aus ihrem bundesweiten Netz betroffen sein könnten und ihre Hilfe angeboten, erzählt Müller: „Mich kann man immer anrufen.“ Für einen neuen Haarschnitt, oder für Fachwissen in Sachen Wiederaufbau eines Frisörsalons.
Besuch in der Paul-Klee-Schule
Nach dem Besuch in Schlebusch fuhr die Ministerin weiter zur Baustelle der ehemals in Leichlingen beheimateten LVR-Paul-Klee-Schule, die jetzt in Langenfeld neu aufgebaut wird. Der Leichlinger Standort war nach dem Hochwasser so stark zerstört, dass er nicht mehr zu retten war. Die Förderschwerpunkt für körperliche und motorische Entwicklung soll zum Schuljahresbeginn am 21. August in Betrieb genommen werden.