Currenta beantragt die Zulassung zur Verbrennung weiterer 34 flüssiger, nicht näher benannter Stoffe in seinen Müllöfen in Leverkusen.
SondermüllverbrennungBald können bei Currenta in Leverkusen 80 Stoffe verbrannt werden
Currenta will weitere 34 flüssige Abfälle in Bürrig annehmen und in seinen Sondermüll-Drehrohröfen verbrennen. Der Gutachter Christian Jochum ist einverstanden. Erstens habe sich gezeigt, dass die von seinem Gutachterteam empfohlenen Sicherheitsmaßnahmen griffen, schreibt das Büro Jochum in einer Stellungnahme.
In dem Papier, das den Mitgliedern des Begleitkreises zugeschickt wurde, folgt ein rein wirtschaftliches Argument: Zum anderen habe sich gezeigt, dass man die Drehrohröfen mit den bislang aufgelisteten 31 flüssigen Abfällen nicht dauerhaft auslasten könne. Tatsächlich ist derzeit die Verbrennung von 46 Abfallsorten in Bürrig erlaubt, seit der Stoffkatalog im September 2022 bereits einmal erweitert wurde.
Nach der nun beantragten Erweiterung wären es also 80 Stoffe, die zur Feuerung in den Drehrohröfen zugelassen wären. Die Erfahrung zeigt, dass nach einer Empfehlung durch den Chemie-Sicherheitsexperten Jochum und sein Team die Genehmigungen der Behörden meist kein Problem mehr für Currenta sind.
Alles zum Thema Currenta
- Probleme nach Explosion Anwohner des Leverkusener Sondermüllofens erhebt Dienstaufsichtsbeschwerde
- Tag der Ausbildung bei Currenta Zukünftige Azubis schnuppern in verschiedene Berufe
- Leverkusener Sondermüllofen „Versprechen kann niemand, dass nie wieder etwas passiert“
- Kommentar Sicherheit der Leverkusener Sondermüllverbrennung bleibt eine Aufgabe
- Energiewende Die Leverkusener Gas-Pipeline geht ins deutsche Wasserstoffnetz
- Vorfall im Klärwerk Leverkusen Currenta wieder im Visier der Staatsanwaltschaft
- Übung Feuerwehren aus Leverkusen und Köln proben Großeinsatz im Chempark
Bürrig: Der zweite Drehrohrofen läuft auch wieder
Die Erweiterung sei notwendig, schreibt der Professor, um „den kontinuierlichen Betrieb der Anlagen noch besser abzusichern und dem Entsorgungsauftrag nachzukommen“. Seit kurzem hat Currenta den zweiten Drehrohrofen (VA2) wieder in Betrieb genommen, der erste Ofen (VA1), für feste Abfälle und Pasten, läuft seit einem Jahr. Beide, VA1 und VA2, sind im Wesentlichen baugleich.
Die 34 jetzt beantragten Abfallsorten dienten auch schon vor der Explosion vor zwei Jahren am 27. Juli 2021 in den Verbrennungsanlagen als Feuerung, schreibt Jochum. Eine Bemerkung in seiner Stellungnahme soll nahelegen, dass die Erweiterung keine Änderung der zurzeit einzuhaltenden Verfahren in der Bürriger Anlage notwendig mache: Die 34 Abfälle erfüllten sämtlich die Anforderungskriterien der 46 bereits zugelassenen Flüssigkeiten für eine sichere Handhabung und Verbrennung, wie sie in einem früheren Gutachten beschrieben wurden.
Auch aus Sicht eines externen Sachverständigen, der durch einen Experten für thermische Sicherheit unterstützt worden sei, könnten die 34 Abfälle ohne sicherheitstechnische Bedenken verbrannt werden, so Jochum.
Ein Stoff ist gefährlicher als die 33 anderen
Wie schon die bisher zugelassenen Stoffe bleiben auch die 34 neuen Abfallsorten ungenannt, die in Leverkusen verbrannt werden sollen: Als Grund wurde früher einmal das Geschäftsgeheimnis genannt. Immerhin, der Chefgutachter Jochum durfte Einblick in die Liste nehmen. Einige Abfälle enthalten demnach Substanzen, die bei Kontakt mit Sauerstoff thermisch instabil werden könnten (sie bilden Peroxide), schreibt der Gutachter. Das Risiko einer ungewollten Selbst-Erhitzung, wie sie zur Explosion 2021 geführt hatte, will man durch den Ausschluss von Luft im Lkw-Tank und der Schaffung einer Schutzgas-Atmosphäre mit Stickstoff verhindern.
Der Umgang mit einem der 34 Abfälle scheint etwas mehr Überwachung zu erfordern. „Überwachungsstufe 1“, heißt das bei Jochum. Bei 107 Grad liege bei dem nicht näher beschriebenen Stoff die „Grenztemperatur der sicheren Handhabung.“ Der unwahrscheinliche Fall einer beginnenden Selbsterwärmung könne rechtzeitig erkannt werden. Diese Einschätzung Currentas bewertet das Gutachterteam um Jochum als nachvollziehbar und fachlich korrekt.
Die bald zugelassenen 80 Flüssigkeiten dienen in den Anlagen hauptsächlich als Brennstoff zum Heizen der Drehrohröfen. Sie sind also mehr Rohstoff als ein Abfall für Currenta. Die Flüssigkeiten werden in die Öfen eingespritzt, um die Temperatur auf die erforderlichen hohen Werte um 1000 Grad zu steigern, bei der die in den Ofen geworfenen Abfälle nach Stand der Technik unschädlich werden. Das ginge zur Not auch mit Heizöl, das ist aber teuer und widerspricht der notwendigen Einsparung fossiler Brennstoffe.