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HaushaltskriseGrüne rebellieren gegen Kassenführung von Leverkusens OB

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Leverkusens Rathaus am Abend

Zum ersten Mal haben die Grünen am Donnerstag im Rathaus dem Oberbürgermeister die Entlastung verweigert.

Schon Ende vorigen Jahres soll absehbar gewesen sein, dass die Gewerbesteuer einbrechen wird. Das legt ein Bericht des Rechnungsprüfungsamtes nahe.

Der beispiellose Gewerbesteuer-Einbruch, der in diesem Jahr ein Loch von 285 Millionen Euro in den Haushalt reißen wird, hat erste politische Konsequenzen. Am Donnerstagabend hat die Fraktion der Grünen gegen den Jahresabschluss für 2023 gestimmt und damit auch Oberbürgermeister Uwe Richrath die Entlastung verweigert. Außer den Grünen stimmte auch die Bürgerliste gegen die Entlastung. „Ein bisher einmaliger Vorgang in der Geschichte der grünen Ratsfraktion“, unterstreicht die Grünen-Fraktionschefin Claudia Wiese. Aber: „Wir konnten nicht anders. Das, was sich in dem Bericht nachlesen lässt, ist ein Skandal und gleichzeitig die Bestätigung dessen, was wir die ganze Zeit über vermutet haben. Jetzt kommt die Wahrheit ans Licht.“

Denn im Jahresabschluss für 2023 sei nachzulesen, dass entgegen der seit August von Richrath und Stadtkämmerer Michael Molitor immer wieder verbreiteten Darstellung „bereits im vergangenen Jahr sehr wohl das Risiko für die aktuelle Haushaltslage bekannt war“, so Wiese. In ihrem Bericht zum Abschluss 23 kritisieren die unabhängigen städtischen Rechnungsprüfer mangelnde Klarheit: „Man hätte erwarten können“, dass die Stadtspitze klarer sagt, dass schrumpfende Gewinne bei wichtigen Unternehmen oder „nicht realisierte Ansiedlungen das Gewerbesteueraufkommen gegenüber der Planung erheblich mindern“. Stattdessen wurde der Haushaltsplan für dieses Jahr mit einem Allzeit-Hoch bei der Gewerbesteuer-Einnahme gerechnet: um die 360 Millionen Euro.

Es gab Anzeichen

Aus Sicht der Grünen bestätigt sich mit dem Prüfbericht ein Verdacht. Dass der immense Gewerbesteuer-Einbruch sehr wohl absehbar war. Dagegen habe die Stadtverwaltung noch am 27. September behauptet, dass bei der Kalkulation Anfang Januar noch alles im grünen Bereich gewesen sei: Die Entwicklung der Gewerbesteuer sei zwar noch nicht „voll im Soll“ gewesen – aber die „Auswirkungen konnten noch nicht abgesehen werden“. Die Erfahrung der Jahre davor habe gerechtfertigt, „von einem planmäßigen Verlauf auszugehen“.

Der Bericht zeigt die ganze Verantwortungslosigkeit, mit der diese Stadt geführt wird.
Claudia Wiese, Fraktionsvorsitzende der Grünen

Nach Meinung von Claudia Wiese klingt der Bericht der Rechnungsprüfer „wie eine knallharte Abrechnung und zeigt die ganze Verantwortungslosigkeit, mit der diese Stadt geführt wird“. Er zeige außerdem, dass ein „zentrales Informations- und Steuerungsinstrument“ fehlt, „um ein zutreffendes und vollständiges Bild über die tatsächliche Vermögens-, Finanz- und Ertragslage insgesamt zu ermitteln“.

Und er sei ein Beleg dafür, dass nach einem guten Vierteljahr Haushaltssperre und kleinteiligen Beratungen über Einsparungen endlich ein Konzept her muss, wie das sich abzeichnende strukturelle Defizit in Leverkusen bekämpft werden kann. Sonst droht absehbar ein von der Kölner Bezirksregierung überwachter Nothaushalt. Davon immerhin haben OB und Kämmerer sehr deutlich gesprochen – seit dem Spätsommer.