2018 hatten Leverkusener wegen Autobahnlärms geklagt, jetzt kam es zur Verhandlung.
A1Klage wegen Lärms an Leverkusener Autobahn gescheitert
Dass die Ingenieure von Straßen NRW im Planfeststellungsverfahren für die Erweiterung der A1 falsch gerechnet haben, wäre wohl nie aufgefallen, wenn nicht acht Lützenkirchener und Steinbücheler Hausbesitzer gegen die Nachfolge-Behördenfirma Autobahn GmbH geklagt hätten. Soviel vorweg: Die meisten Klagen zogen die Autobahn-Geplagten enttäuscht zurück, aber einer profitiert.
Den Hausbesitzern ist es viel zu laut an der Autobahn. Die Initialzündung für ihren Protest fiel vor ziemlich genau zehn Jahren, bei einer Bürgerversammlung der damals neuen Initiative „Lev kontra Raststätte“ im Pfarrsaal Sankt Maurinus. Das Thema damals: „Wenn Lärm krank macht.“
Klage lag seit 2018 beim Gericht
Nach zehn Jahren nun endlich die Verhandlung vorm Kölner Verwaltungsgericht. Nachdem Widersprüche bei der Bezirksregierung gegen zwei Planfeststellungsbeschlüsse zur A1 nichts gebracht hatten, entschloss man sich zur Klage. Verwaltungsgerichte arbeiten langsam: Die Klage lag seit 2018 im Gericht.
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Die Autobahn hatte in den 1970er-Jahren noch vier Spuren, sie wurde etwa ab 1980 in zwei Bauabschnitten ausgebaut. Für den Schallschutz der Häuser der Kläger an dem Abschnitt, der zuerst auf drei Spuren ausgebaut wurde, hatte die Behörde damals sogar ein fehlerhaftes Lärmgutachten vorgelegt – und keiner hat es damals gemerkt. Wäre der Fehler aufgefallen, wäre ein Widerspruch noch möglich gewesen.
Der Richter: „Das ist jetzt ganz, ganz bitter.“ Heute ist für diese Häuser – ein Doppelhaus und ein Bauernhof an der Altenberger Straße im Bereich der Autobahnbrücke – nachträglicher Lärmschutz laut Urteil nicht mehr einklagbar, auch wenn es dort wirklich laut ist. Der Ausbau auf sechs Spuren wurde 1978 mit einem Planfeststellungsbeschluss genehmigt, 1987 weitere Lärmschutzwände. Die Unterlagen habe das Gericht von der Autobahn GmbH erst sehr kurzfristig vor dem Verhandlungsbeginn bekommen, wurde bemängelt.
Kläger: Alte Prognosen haben die heutige Verkehrsmasse nicht vorhergesagt
Das Argument aller Kläger – unabhängig davon, an welchem Autobahnabschnitt sie wohnen: Der Lärm, den sie als Anlieger heute von der Autobahn ertragen müssten, sei durch die damaligen Prognosen nicht vorhergesagt worden, sie seien also fehlerhaft. Viel mehr Autos und Lkw als vorhergesagt, fahren heute über die A1 – das stimmt auch. Das Gericht musste viel rechnen für seine Antworten und es gibt ein neues Lärmgutachten, das zu einem erstaunlichen Ergebnis kommt: Es ist heute gar nicht lauter, jedenfalls nicht so viel, dass der Autobahn GmbH der nachträgliche Bau von Lärmschutzwänden oder neue Fenster, also passiver Lärmschutz, aufgebrummt werden können.
Der Autobahn-Gesellschaft kam dabei zugute, dass in der Zeit, als das neue Gutachten erstellt wurde, wegen Corona und wegen der defekten Autobahnbrücke weniger Lastwagen über die A1 zwischen Leverkusener Kreuz und Burscheid fahren. Bergab in Richtung Leverkusen gibt es zudem ein Tempolimit. Zudem liege auf der Autobahn seit wenigen Jahren lärmmindernder Asphalt, der alleine soll die Lautstärke um vier Dezibel senken.
Einer der Kläger: „Das weiß doch inzwischen jeder, dass der Asphalt mit der Zeit wieder lauter wird.“ Weil es kaum Aussicht auf Erfolg gab und damit die Gerichtskosten für die Kläger nicht allzu sehr steigen, zogen mehrere Anlieger ihre Klagen endgültig zurück. Der Anwalt der Autobahn GmbH lockte sie zusätzlich, indem er ankündigte, keine Anträge auf Prozesskosten zu stellen, aber nur für die, die nicht in Berufung gehen.
Einer der Kläger und sein Anwalt Carsten Schwettmann können heute aber die Korken knallen lassen. Sein Häuschen steht in der Siedlung „In der Wüste“, 230 Meter von der Autobahn entfernt. Er profitierte, weil die Autobahn-Behörde den Menschen In der Wüste beim Ausbau in den 1980er-Jahren keinen Lärmschutz eingebaut haben: Weil neben der Siedlung sowieso ein Rastplatz gebaut werde, hatte man den Bewohnern damals gesagt, werde es sowieso ein neues Planfeststellungsverfahren geben. Der Rastplatz ist aber nicht gekommen und er wird nicht gebaut.
Peter Westmeier von der Initiative „Lev kontra Raststätte“ verfolgte die Verhandlung. Er ist nicht gut auf die Autobahnbehörde zu sprechen: „Die haben seit zehn Jahren gemauert.“ Der Lützenkirchener sagte: „Möglicherweise können jetzt noch andere In der Wüste passiven Lärmschutz bekommen.“