Beim Hochwasser 2021 fiel auf, dass versiegelte Autobahnfläche ein Problem für die Stadt Leverkusen sein kann.
HochwasserAbwasser von Leverkusens Autobahnen kann die Stadt erneut fluten
Die Überschwemmung am 14. und 15. Juli 2021, dem Hochwasser-Tag, war außergewöhnlich. Die Opladener und Schlebuscher an Wupper und Dhünn waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um wahrzunehmen, was sich an und um die Autobahnen herum abspielte. Denn auf diesen riesigen Asphaltflächen kam viel Wasser zusammen. Am Abend des 14. Juli, ein Mittwoch, bildete sich auf der Autobahn 1 zwischen Eisholz und Leverkusener Kreuz ein zunehmend tiefer werdender brauner See, in dem Autos und Lastwagen liegenblieben. Der Verdacht, dass das überlaufende Abwasser von den riesigen Autobahnflächen manches Stück Stadt unter Wasser gesetzt haben könnten, liegt nahe.
Auf der Bismarckstraße gab es plötzlich einen See, der war in keiner Hochwasserkarte vorhergesagt: Das Wasser kam anscheinend von der Autobahn 1, die in dem Bereich in den kommenden Jahren auf mehr als internationale Landebahnbreite ausgebaut werden soll. Im nahen Autobahnkreuz soll ein Teil des anfallenden Regenwassers, der nicht in den Kanal geht, eigentlich in Mulden versickern. Im Juli ’21 waren die Anlagen aber überfordert.
Friedrich Jonas aus der Schleswig-Holstein-Siedlung hat sich ins schwierige Thema der Autobahn-Entwässerung eingearbeitet und Überraschendes herausgefunden. Denn was die Technischen Betriebe Leverkusen (TBL) und vor allem Privatleute noch lange nicht dürfen, ist für die Autobahn überhaupt kein Problem: Der meiste Regen, der auf Autobahnen fällt, soll normalerweise links und rechts der Straße versickern. Das geht in der Stadt mit ihren vielen versiegelten Flächen aber oft nicht.
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Also gibt es hier Abwasserrohre, über die die schmutzige Fracht in Flüsse und Bäche abfließt – mit allen Schadstoffen, Öl, Ruß, Reifen- und Bremsenabrieb. Dabei ist es egal, welchen Schutzstatus das Gewässer genießt, in das die Abwässer geführt werden. Jonas: „Mit der Begründung, dass es Probleme mit Gefahrgut geben könnte, hat man uns den Tunnel verweigert. Gefahrgut-Unfälle, bei denen Chemikalien in die Flüsse laufen, sind anscheinend aber kein Problem.“ Bei Neubauten sind Regenrückhaltebecken für die Planer Pflicht, am Autobahnkreuz Leverkusen-West hat man aus Platzmangel sogar ein unterirdisches Becken unter der A 59 gebaut: dazu grub man eine tiefe Baugrube in die Altlast.
Wenn man also dem Autobahnausbau irgendetwas Positives abgewinnen will, dann, dass das Abwasser nach dem Ausbau künftig in Rückhaltebecken zwar unvollkommen, aber immerhin von Partikeln gereinigt wird, die sich in den Becken absetzen. Allerdings werden sich das Gesamtareal versiegelter Autobahnflächen durch den Ausbau gleich hektarweise erhöhen.
Der Dreck landet im FFH-Gebiet
Zurzeit ist das noch anders: Einen besonders großen Abfluss mit zwei Rückschlagklappen zur Entwässerung der Stelze zwischen Europaring und Leverkusener Kreuz findet man direkt neben der Radweg-Brücke vom Stadtpark zur Windhorststraße. Wenn es stark regnet, strömt das Wasser aus den Rohren. Aber wenn es trocken ist, zeigen die Abfälle an der Böschung, dass das Abwasser Abfall und Kunststoffteile in die Dhünn transportiert.
Die Dhünn ist ein FFH-Schutzgebiet von europäischem Standard. Rechtlich sei das Verklappen der Straßen-Brühe aber nicht zu beanstanden, schreibt ein Sprecher der Autobahn GmbH: Die Einleitungen hätten Bestandsschutz. Sie seien in den alten Planfeststellungsbeschlüssen, also den Genehmigungen, festgeschrieben. Die gelten unbefristet. Erst bei neuen Baurechtsverfahren werden Rückhaltebecken Pflicht.
Köttelbach: Einleitung wegen alter Rechte
Das sind eher schlechte Nachrichten für den Leverkusener Köttelbach. Wegen der alten Rechte schluckt der kleine Bach das Wasser der A1 östlich von Alkenrath. Dass an der Stelle viel Oberflächenwasser anfällt, hat sich während der Hochwassernacht 2021 gezeigt, da war die Kapazität des Köttelbach-Abflusses überfordert. Unterhalb bildete sich der oben beschriebene braune See auf der Autobahn.
Der Köttelbach kommt aus dem Quettinger Bürgerbusch. Er fließt über die Fixheide, unterquert in Alkenrath die A1 und mündet in Schlebuschrath in die Dhünn. Meist führt der Köttelbach von Natur aus heute kein Wasser mehr. Im Einzugsgebiet Quettingen und Lützenkirchen ist viel versiegelt worden, es bleibt kein Grundwasser für den Bach. Mehrere ehemalige Bäche im Bürgerbusch sind heute gleichfalls meistens trocken.
Der Mutzbach ist der Abwasser-Abfluss für die A3
Auch der meist träge Mutzbach ist auf seinen letzten Metern so ein Abflusskanal für Autobahn-Wasser. Alle Flüssigkeiten, die auf einem Teil der durch Manfort führenden A3 und von der Autobahnauffahrt Leverkusen-Zentrum zusammenfließen, werden ungefiltert in den Mutzbach geleitet. Der entspringt in Paffrath, fließt durch Dünnwald und durch den Kurtekotten, dann entlang der Autobahn, um am Lindenhof im Rohr zu verschwinden. Die verrohrte Mutzbachmündung in die Dhünn am Stadtpark kennt kaum jemand. Friedrich Jonas vermutet, dass diese Autobahn-Einleitung dem Lindenhof am 14. Juli 2021 zum Verhängnis wurde, das Veranstaltungs- und Jugendhaushaus wurde so schwer überflutet, dass es bis heute nicht wieder hergestellt ist.
Ob die teure Überflutung an der Autobahn lag, dazu hat man bei der Stadt keine Erkenntnisse, aber ein Kenner des Gewässers sagt, dass der Bach im Kurtekotten am Hochwassertag keine Probleme bereitet hat. Erst in Manfort gab's Überschwemmungen – unterhalb der Einleitungen. Ein Autobahn-Sprecher schreibt, das Thema Hochwasser sei kein direktes Thema für die Autobahn GmbH, es werde von der Bezirksregierung bearbeitet.
Dass es bei einem Starkregen, wie dem 2021, den braunen See vorm Kreuz auf der Autobahn und auf der Bismarckstraße wieder geben wird, steht wohl fest. Ein Rückhaltebecken, das solche Wassermengen aufnehmen kann, kann auch beim Neubau des Kreuzes niemand bauen.