Er soll seine Tochter sexuell missbraucht haben. Nun wurden neue Informationen über die Biografie des Leverkusener Vaters bekannt.
Mutmaßlicher KindesmissbrauchPsychologe gibt Auskunft über Leben des angeklagten Leverkuseners
Vor dem Landgericht Köln ist am Montag, 27. Mai, der Prozess gegen einen Leverkusener Vater fortgesetzt worden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 64-jährigen Jens T. (Name geändert) vor, seine eigene Tochter jahrelang schwer sexuell missbraucht zu haben. Um zu beantworten, ob dem Angeklagten seine mutmaßlichen Taten zuzutrauen sind, sollte am dritten Verhandlungstag die Beschäftigung mit seinem Leben mehr Klarheit schaffen.
Ein Psychologe, der vor Beginn des Prozesses intensive Gespräche mit Jens T. geführt hatte, schilderte die ersten Lebensjahre des Angeklagten in „sehr schwierigen Familienverhältnissen“ im Leverkusen der 1960er- und 1970er-Jahre. Als viertes von acht Kindern habe Jens T. vor allem seitens seines Vaters immer wieder Benachteiligung und Prügelstrafen erfahren. Gewalttätig sei aber nicht nur der Vater gewesen.
Im Alter von gerade einmal elf Jahren sei der Angeklagte mehrmals schwer sexuell von seinem eigenen älteren Bruder missbraucht worden: „Das lässt ihn bis zum jetzigen Tage immer noch nicht los.“ Schweigend, auf seinem Stuhl in sich zusammengesackt und mit dem Blick auf den Tisch vor ihm hörte der Angeklagte die Beschreibung dieses Vorfalls. Als der Richter ihn anschließend dazu befragte, hielt sich Jens T. kurz. Den Eltern habe er von dem Übergriff nichts erzählen wollen und auch niemandem sonst: „Ich habe geschwiegen wie ein Grab.“
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Schwieriger Lebensweg und gesundheitliche Probleme
Auf die Kindheit folgte eine kurze Schullaufbahn auf der Sonderschule, schilderte der Psychologe weiter. Wirklich ins Leben habe Jens T. auch danach nicht gefunden. Einige Jahre sei er Fensterreiniger gewesen, dann bei einem Sicherheitsdienst angestellt. Seit der Trennung von seiner Ehefrau 2008 sei der Angeklagte arbeitslos, verdiene sich nur mit gelegentlichem Fensterputzen was dazu.
Auch feste Beziehungen zu Frauen oder Freundschaften habe es seitdem nur vereinzelt gegeben. Spaß habe Jens T. vor allem die Musik gemacht. Ab und an habe er hobbymäßig als DJ aufgelegt, sonst Zeit in seiner Wohnung mit Hits aus Beat-Musik und Schlager verbracht.
Zu schaffen machte Jens T. in den vergangenen Jahren wohl vor allem seine Gesundheit. 2015 und 2016 habe er insgesamt drei Hirninfarkte erlitten. Probleme mit seiner Konzentrations und Erinnerungsfähigkeit seien die Folge. Hinzu kommen organische Beschwerden und nicht zuletzt Depressionen und suizidale Gedanken.
Gewalttätiger Sohn und suizidale Gedanken
Von diesen berichtete auch der gesetzliche Betreuer, der an diesem Verhandlungstag als zweiter Zeuge aufgerufen wurde. Seit 2019 ist er für Jens T. zuständig und unterstützt ihn unter anderem bei Schulden- oder Wohnangelegenheiten. Die aktuellen Lebensumstände des Angeklagten seien sehr schwierig. Jens T. lebe mit seinem psychisch auffälligen Sohn zusammen, der „extrem gewalttätig“ sei.
Im Gegensatz zu seinem Sohn sei der Angeklagte eher in sich gekehrt, aber umgänglich: „Zu mir ist er total freundlich und auch bei anderen habe ich ihn nicht unfreundlich erlebt.“ Auch wenn der Angeklagte nicht offen über seine mutmaßlichen Taten rede, sei ihm bewusst, dass er Fehler gemacht habe. Jens T. sei bereit, eine Verhaltenstherapie für Sexualstraftäter anzutreten. Seit einem Jahr stehe er bereits auf einer Warteliste. Sorge bereiteten dem Betreuer vor allem die suizidalen Gedanken des Angeklagten.
Prozess geht Anfang Juni weiter
Dennoch war sich der Betreuer sicher: Eine Persönlichkeitsstörung oder Wahnvorstellungen liegen bei Jens T. nicht vor. Davon, ob das Gericht das auch so sieht, wird am Ende einiges abhängen. Denn im Raum steht die Frage, inwieweit sich die psychische Beeinträchtigung des Angeklagten auf das Urteil auswirken wird.
Wann das gefällt wird, steht noch nicht sicher fest. Doch nachdem am ersten Verhandlungstag bereits Jens T. und seine Ex-Frau Susanne T. ausgesagt haben und am zweiten Verhandlungstag auch das mutmaßliche Opfer vernommen wurde, nähert sich der Prozess nach diesem dritten Verhandlungstag seinem Abschluss.