Inzwischen sind mehr als 60 Hinweise zum Leverkusener Fall bei der Polizei Köln eingegangen.
Nach Tonspur-VeröffentlichungWie die Polizei Hinweisen zu Leverkusener Cold Case nachgeht
Acht Sekunden lang dauert der Anruf, den der mutmaßliche Täter nach einem brutalen Angriff auf eine damals 41-jährige Taxifahrerin im Februar 1991 bei der Kölner Polizei abgesetzt hat: „Ja, guten Abend. Ich weiß, wer in Schlebusch die Frau umgebracht hat. Derjenige wird sich morgen früh stellen kommen, danke.“
Das ist dann nicht geschehen, die Polizei hörte nichts mehr von dem Anrufer. Dennoch kann die Aufnahme als Indiz für die Täterschaft gesehen werden, so Markus Weber. Der Leiter der Ermittlungsgruppe für Cold Cases bei der Kölner Polizei hatte den Fall zuletzt bei Rudi Cerne in „Aktenzeichen XY … ungelöst“ vorgestellt.
Wie die Polizei Köln auf Anfrage des „Leverkusener Anzeiger“ mitteilt, habe es inzwischen mehr als 60 Hinweise per Anruf oder E-Mail gegeben. „Wir haben auch Hinweise auf konkrete Personen bekommen“, sagt Markus Weber. Von einer heißen Spur könne man derzeit aber noch nicht ausgehen. Es hätten sich jedoch Menschen gemeldet, die glaubten, jemanden auf der Tonspur oder anhand des Phantombildes erkannt zu haben. Es passiere auch, dass Leute sagen, der Mann auf der Tonspur könnte der Sohn von jemandem sein, der eine ähnliche Stimme habe.
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Aus den Hinweisen eine Spur auszumachen, könne aufwendig und langwierig sein, so der Polizist. Anfangs nimmt die Polizei eine sogenannte „Büroabklärung“ vor. Heißt: Gibt es einen Hinweis auf eine Person, befassen sich die Beamtinnen und Beamten damit zunächst sozusagen vom Büro aus mit ihr, um herauszufinden, ob wirklich etwas dahinter stecken könnte.
Sollte es dazu kommen, gelte es, die Person aufzusuchen und nach einem Alibi zu fragen. Auch müsste man dann schauen, ob die Stimme zu der veröffentlichten Tonspur passe. „Die müsste man dann einem Sachverständigen vorspielen“, erklärt Markus Weber. In der Regel könne man davon ausgehen, dass „sprichwörtlich eine Handvoll Hinweise“ auch zu einem konkreten Ermittlungsansatz führe, hatte Polizeisprecherin Anja Luxem der Redaktion nach der Ausstrahlung bei „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ mitgeteilt.
Leverkusen: Polizei wertet Hinweise aus
Mehr als 30 Jahre ist der brutale Angriff auf eine damals 41 Jahre alte Taxifahrerin aus Leverkusen her. Am Karnevalsfreitag, 8. Februar 1991, stieg gegen 20.30 Uhr der mutmaßliche Täter am Friedrich-Ebert-Platz in Wiesdorf in das Taxi des Opfers.
Er ließ sich bis zum Nittumer Weg in Schlebusch fahren, zur Endhaltestelle der Linie 4. Als das Taxi dort ankam, zog der Täter ein Brotmesser und verlangte von der Taxifahrerin die Tageseinnahmen. Die Frau gab ihm mehrere Hundert D-Mark, dann stach der Täter mehrfach auf die Taxifahrerin ein und floh mit der Beute. Über Funk alarmierte die schwer verletzte Frau in letzter Sekunde, wie die Polizei schreibt, Kollegen. Kurze Zeit später wurde sie gefunden, blutüberströmt, mit Stich- und Schnittverletzungen am Hals.
Die Taxifahrerin überlebte den Angriff und konnte den mutmaßlichen Täter beschreiben: etwa 25 Jahre alt, 1,80 Meter groß, kräftig, Ohrstecker und Walkman, lange und helle Winterjacke, Jeans. Gefunden wurde der Mann bis heute nicht, trotz Phantombildes und 5000 Euro Belohnung für erfolgreiche Hinweise.
Die Aufnahme gab es zwar auch schon vor 32 Jahren, aber der Kölner Polizist erhofft sich etwas vom Faktor Zeit: Vielleicht erkennt inzwischen jemand die Stimme. Vielleicht bricht ein bisheriger Mitwisser sein Schweigen. Vielleicht hat der Täter in all den Jahren jemandem von seiner Tat erzählt. „Auch nach 30 Jahren melden sich noch Menschen“, sagt Markus Weber. Dass so alte Fälle wieder aufgerollt werden, hat auch damit zu tun, dass sich technisch in den vergangenen Jahren in Sachen Ermittlungen viel getan hat, sagt Weber. Vor allem, was die Auswertung von DNA angeht.
„Es gab bahnbrechende Entwicklungen, vor allem technisch“, sagt Weber. Die Ermittlungsgruppe studiere aber auch die alten Akten noch einmal aufs Neue. „Es können sich neue Ansätze ergeben“, so Weber. Ansätze, die dazu führen, Daten erneut oder mit neuen technischen Möglichkeiten zu prüfen, Spuren erneut zu untersuchen. Denn Mord, oder auch dessen Versuch, verjährt nicht.