In Leverkusen-West und Köln-Nord konzentrieren sich Müllverbrennungsanlagen, hier wird der Abfall des gesamten Großraums verbrannt.
MüllentsorgungLeverkusen liegt im Zentrum des Verbrennung-Dreiecks
Am Morgen des 27. Juli 2021, als der Tank am Sondermüllofen in Bürrig in die Luft flog, als die hundert Meter hohe schwarze Wolke über Leverkusen stand, war man jenseits des Rheins heilfroh, dass der Wind stand wie meistens: aus Richtung Westen. Sehen konnte man sie von Merkenich aus gut, die bedrohliche schwarze Säule. Die Einwohner im Kölner Norden blieben an diesem Vormittag aber von dem Rauch verschont.
Der Westwind, der meistens weht, half den Kölnern, er könnte aber wiederum die Leverkusener interessieren, denn in Merkenich soll 2029 ein neuer Verbrennungsofen für Klärschlamm in Betrieb gehen. Das wäre dann der vierte Müllofen, in dessen Abgasfahne Leverkusen liegt.
Die in Merkenich am Niehler Ölhafen, drei Kilometer von Leverkusen entfernt, geplante Klärschlammverbrennung ist bei Bürgerinitiativen jenseits des Rheins ein großes Thema. 150.000 Tonnen Klärschlamm sollen dort im Jahr verbrannt werden.
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Betreiber beruhigt: Es wird besser
Das Einzugsgebiet ist gigantisch: Jedesmal wenn irgendwer zwischen Königswinter, Dormagen und Erkelenz die Toilette abzieht, soll der daraus in Kläranlagen entstandene Klärschlamm später in Merkenich landen. Die Anlage soll als Erweiterung eines Kraftwerks am Ölhafen Niehl entstehen, das Dampf für die Fordwerke und Fernwärme erzeugt.
Beim Betreiber beruhigt man: Die Umweltbelastung durch Abgase, sagt der Geschäftsführer Heinz Brandenburg, würde sich gegenüber heute sogar um 90 Prozent verringern. Jetzt sei es schlimmer, denn noch bis 2025 werde in dem Kraftwerk am Ölhafen Braunkohle verfeuert, dabei entstünden viel schädlichere Abgase.
Die Schlamm-Anlieferung soll umweltfreundlich werden: Die Sedimente aus dem Bonner Klärwerk sollen per Schiff ankommen, der Kölner Anteil soll größtenteils durch eine Schlamm-Druck-Pipeline aus dem Großklärwerk Köln-Stammheim unter dem Rhein hindurch gepumpt werden. Das Planfeststellungsverfahren beginnt 2025.
Protest organisiert
Viele Nachbarn in Merkenich sehen das kritisch; ihnen gefällt das alles trotz dieser Aussicht auf sauberere Luft durch bessere Filter nicht. Sie fürchten Gestank und Lastwagenverkehr. Sie haben Protest organisiert und sich zudem mit Leverkusener Initiativen ins Benehmen gesetzt. Mit dieser zusätzlichen Anlage scheinen sich Köln-Niehl und Leverkusen endgültig zu einem wahren Dreieck der Müllverbrennung zu entwickeln.
Sechs Kilometer südwestlich von Leverkusen liegt das Kölner Müllheizkraftwerk, in dem der Großteil des Kölner Mülls (Eigenangabe: 740.000 Tonnen jährlich) verbrannt wird. Die gute Nachricht: Der Betreiber, die Kölner AVG (Abfallentsorgungs und -verwertungsgesellschaft), gibt an, aus dem Schornstein kämen weniger Schadstoffe, als in der Umgebungsluft vorhanden seien.
In Leverkusen liegen zwei bedeutende und große Anlagen. Über Currentas Sondermüllverbrennungsanlage ist viel geschrieben worden. Darin werden zurzeit ausschließlich Abfälle aus den ehemaligen Bayer-Werken, den Chemparks, und aus mit ihnen verbundenen Unternehmen aus NRW verbrannt. Bis zur Explosion kam der teils gefährliche Abfall auch von weit her, zum Beispiel aus Dänemark.
Eine zweite große Anlage im dicht bewohnten Ballungsraum Leverkusen steht am Leverkusener Kreuz – die Müllverbrennung der Avea in Küppersteg. Der meiste dort verbrannte Abfall ist Hausmüll, aber auch Gewerbeabfall. Der Inhalt jeder Mülltonne, die zwischen Rösrath, Engelskirchen, Morsbach, Reichshof, Gummersbach, Radevormwald, Wermelskirchen, Leichlingen, Burscheid und Leverkusen wöchentlich geleert werden, endet in einem von vier Müllöfen in der Küppersteger Anlage. Es ist Müll von 725.000 Menschen. Die Anlage wird gerade noch um einen fünften Verbrennungsofen erweitert.
Der Standort im Wohngebiet und ganz im Westen des Einzugsgebiets ist nicht optimal: Hier wird jedes Gramm Müll mit Lastwagen angeliefert, auch aus Gummersbach. An einen Eisenbahnanschluss dachte man beim Bau 1970 noch nicht. Die Abgase, die mit 130 Grad Celsius aus dem Schornstein strömen, sollen, genau wie in Köln, weniger Schadstoffe enthalten, als die Umgebungsluft.
Das war nicht immer so: 17 Jahre lang feuerte man in Leverkusen ohne richtige Rauchgasreinigung. Erst seit 1987 gibt es ordentliche Filter in Küppersteg, vorher wurde lediglich ein Teil der Partikel über einen Elektrofilter aus der Abluft herausgeholt.