Leverkusen – Das ist schon mehr als ein Pfund schwer, was Oberbürgermeister Uwe Richrath gestern Abend in einem Kreis geladener Gäste im Spiegelsaal von Schloss Morsbroich entgegennahm. 148 Seiten in DIN-A3-Querformat, also rund 300 Seiten stark ist das Gutachten zur Zukunftssicherung für Schloss Morsbroich, das der Projektausschuss des Museumsvereins – ein kleiner Kreis von Experten auf unterschiedlichen Fachgebieten – im Auftrag des Stadtrates unbeeinflusst und diskret entwickelt hat.
Erstmals wurden dessen Vorschläge jetzt öffentlich. Im Sommer 2016 gestartet, um eine von Wirtschaftsberatern angeratene Schließung des Museums abzuwenden, enthält das Gutachten eine ganze Reihe von Vorschlägen, die Kosten senken, vor allem aber Einnahmen erhöhen und insgesamt die Attraktivität des Schlosses steigern sollen.
Dass hier nicht kleinlich gedacht wurde, keine zaghaften Sparvorschläge aufgelistet worden sind, versteht sich von selbst. Oder wie Rechtsanwalt Manfred Hüttemann es ausdrückte: „Das geht nicht auf kleiner Flamme.“ Er und seine Mitstreiter haben das Konzept, dessen Durcharbeitung von den versammelten Ratsmitgliedern einige Fleißarbeit erfordern wird, in seinen Grundzügen vorgestellt. In vielen Fällen enthält es Handlungsvorschläge, die einzeln, nach dem Baukastenprinzip umgesetzt werden können. Und es enthält schließlich noch die Vision eines möglichen Museums-„Zubaus“ zur Erweiterung.
Von dem Auftrag motiviert, den Zuschussbedarf für das Schloss von mehr als einer Million Euro jährlich drastisch zu reduzieren, haben die Gutachter, die im Museumsbetrieb selbst nur geringe Einsparmöglichkeiten sehen, vor allem überlegt, wie das Schloss insgesamt attraktiver gestaltet und intensiver genutzt werden kann. Knapp zusammengefasst – das Gutachten ist da sehr viel detaillierter – ergeben sich folgende Schwerpunkte:
Das Schlossgebäude selbst, das nur in Teilen vom Museum belegt ist, soll verstärkt für Veranstaltungen und Feiern genutzt werden. Dazu soll das Schloss organisatorisch aus der Kultur-Stadt-Leverkusen herausgelöst und als Eigenbetrieb fortgeführt werden, den der Museumsleiter und ein für die Immobilie verantwortlicher Veranstaltungsmanager gemeinsam führen. Der Spiegelsaal soll künftig auch für Hochzeiten, Unternehmenstagungen und Festveranstaltungen zur Verfügung stehen.
Die Gastronomie muss neu geordnet werden. Der Pachtvertrag für das jetzige Schloss-Restaurant läuft Ende 2019 aus. Danach soll es einen gründlichen Umbau geben, für den alternative Konzepte von Interessenten vorliegen, die ganz unterschiedliche Vorschläge unterbreiten. In einem Fall würde der Gartensaal dem Restaurant einverleibt und damit für Veranstaltungen wegfallen; ein Ersatz könnte dafür in den Räumen des Kunstvereins im anderen Teil der Remisen geschaffen werden. Der Kunstverein müsste dafür ins jetzige, dann auszulagernde Schwerlastdepot umziehen. In jedem Fall soll der künftige Schloss-Gastronom auch das Catering für Veranstaltungen im Schloss mit übernehmen.
Jahreszeitliche Themenmärkte mit Niveau sollen vierteljährlich für mehr Leben im Schlosspark sorgen. Die Sondierungen bei professionellen Anbietern in der Region haben bereits einen Nachfragedruck ausgelöst. Eine Ausschreibung ist bei der Stadtverwaltung schon in Vorbereitung.
Der äußere Schlosspark soll „den Leverkusenern zurückgegeben werden“. Ein Rundweg, an dem entlang die bisher im Schlosspark verteilten Skulpturen aufgereiht und mit Informationen versehen werden könnten, würde das verwilderte Gelände nach entsprechender Pflege neu erschließen. Auch ein Kinderspielplatz und ein Naturlehrpfad, der die ältesten Bäume erläutert, sind vorgeschlagen. In jedem Fall soll das wild wuchernde Grün am Schlossgraben so weit beseitigt werden, dass der Blick vom Schloss wieder weit in den Park reicht. Am nördlichen Ende der Remisen, wo der Denkmalschutz einen nicht mehr vorhandenen Damm vorsieht, soll eine Brücke über den Schlossgraben gebaut werden. Schließlich kann dem ständigen Mangel an Parkplätzen abgeholfen werden, indem nahe der Gustav-Heinemann-Straße ein weiterer, begrünter Platz für 100 Autos angelegt wird, der über die schon vorhandene Feuerwehrzufahrt erreichbar wäre.
Dem Museum selbst wäre mit diesen Vorschlägen, deren Umsetzung allein das Defizit mehr als halbieren könnten, noch nicht gedient. Dazu müsste es zusätzliche Möglichkeiten zu einer Attraktivierung des Ausstellungsbetriebes geben, dem jedoch die nicht vorhandene Klimatisierung im Schloss enge Grenzen setzt. Die Idee eines „Zubaus“, in dem zeitgemäß-professionelle Ausstellungsräume, aber auch Depot und Museumsshop Platz finden könnten, ist für Museumschef Heinzelmann noch nicht aus der Welt. Die Experten haben sich auch dazu Rat geholt und eine Vorplanung und Kalkulation durch den österreichischen Stararchitekten Hermann Kaufmann anfertigen lassen. Ein dreistöckiger Neubau jenseits des Wassergrabens mit 1050 Quadratmetern Ausstellungsfläche könnte für 14 Millionen Euro zu haben sein. Dass dessen Finanzierung durch Großsponsoren möglich sein könnte, machte am Abend auch schon die Runde im Schloss.
Der Projektausschuss
Für den Museumsverein Morsbroich hat ein Projektausschuss das „Standortkonzept für die Zukunftssicherung von Schloss Morsbroich“ erarbeitet. Ihm gehören an: Gottfried Zaby (ehemaliger Bayer-Vorstand), Markus Heinzelmann (Museumsleiter Morsbroich), Gernot Paeschke (Bauunternehmer), Manfred Hüttemann (Rechtsanwalt), Reimar Molitor (Geschäftsführer Region Köln/Bonn), Rainer Häusler (ehemaliger Stadtkämmerer) und Gert Geiger (ehemaliger Leiter der städtischen Liegenschaften). Bei ihrem ehrenamtlichen Einsatz im Auftrag des Rates wurden sie von zahlreichen kompetenten Helfern unterstützt, die sie über ihre persönlichen Netzwerke mobilisieren konnten. (ger)