InflationTeure Requisiten machen Leverkusener Tänzerinnen zu schaffen

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Auftritt der Formation Adult

Erst die Requisiten machen den Auftritt perfekt, hier die Formation "Adult" der Dance Factory

Die S.K. Dance Factory in Mathildenhof setzt mit ihrem Showdance international Maßstäbe, doch die Zukunft der Sparte ist ungewiss.

Eine riesige, begehbare Uhr mit beweglichen Zeigern und der Schriftzug „Time“ in zwei Meter hohen Lettern. Das sind Requisiten der gleichnamigen Choreografie, mit der die Junior-Formation der Leverkusener S.K. Dance Factory in diesem Jahr den achten Platz bei den Weltmeisterschaften belegt hat.

Aktuell stapeln sich die Buchstaben in einem kleinen Hinterzimmer der Tanzschule in Mathildenhof. Weggeschmissen wird hier nichts, sagt Tanztrainerin und Choreografin Susi Kellers. Denn: Die Requisiten sind nicht nur ein wichtiger Teil der Wettkämpfe, sondern auch ein zunehmend kostbares Gut.

Showdance ist Herzstück

In der S.K. Dance Factory können Kinder, Jugendliche und Erwachsene Hip Hop, Jazz oder Modern Dance lernen. Das Herzstück der Tanzschule aber ist Showdance, einer Sportart, in der der Tanz eine Geschichte erzählt, unterstützt eben von Requisiten. Und eine Sportart, in der die Leverkusener Maßstäbe in der Welt setzen. 2023 brauchten die Tänzerinnen unter anderem einen Vizeweltmeistertitel und fünf deutsche Meistertitel zurück an den Rhein. Im Vorjahr wurde die fünfköpfige Formation sogar Weltmeisterinnen in der Kategorie „Small Group Adults“.

Requisiten im Lagerraum der  SK Dance Factory

Riesige Buchstaben lagern im Hinterzimmer der Tanzschule

Doch das aufrechtzuerhalten, ist nicht einfach. Nicht, weil den Tanzgruppen die Tänzerinnen ausgehen würden, im Gegenteil. Aber die Requisiten bereiten den Verantwortlichen Kopfschmerzen. „Es ist alles so viel teurer geworden: Holz, Farbe, Spray“, sagt Kellers. Das riesige Hamsterrad, das die Formation baute, um zu zeigen, wie die Menschen durch das Leben hetzen, habe bestimmt 2000 Euro gekostet – obwohl die Handwerkerleistungen von engagierten Eltern übernommen wird. Dazu kommt der Transport der großen Konstrukte zu Proben in eine Sporthalle oder den Wettkämpfen quer durch Deutschland und teilweise auch ins Ausland.

Enormer finanzieller Aufwand

Ein enormer finanzieller Aufwand, der die Tanzschule und die Eltern an ihre finanziellen Grenzen bringt. Denn auch die Turniergebühren, Anreise und Unterkunft müssen finanziert werden – es ist eben nicht wie im Fußball, wo das große Geld fließt. „Wir hatten letztens eine Mutter, die sagte, sie müsse ihre Arbeitsstunden erhöhen, um ihre Tochter das zu ermöglichen“, sagt Diana Soko, deren beide Töchter ebenfalls in den Formationen tanzen. „Das wollen wir nicht“, sagt Kellers, der Tanzsport dürfe nicht nur wohlhabenden Familien vorbehalten sein. Deswegen freute sich die Tanzschulleiterin besonders über eine unerwartete Spende des Lions Club Lions Leverkusen Rhenania über 2151 Euro, die pünktlich zu Weihnachten eintraf. „Das war wirklich eine tolle Überraschung“, sagt Kellers.

Marleen Soko im Tanzstudio der SK Dance Factory

Marleen Soko liebt das Tanzen - vor allem mit Requisiten.

Dennoch macht sie sich Gedanken über die Zukunft des Turniertanzes. „Ich weiß nicht, wo die Zukunft sich hin entwickelt. Deswegen werden wir uns in diesem Jahr mehr auf Jazz konzentrieren.“ Denn die Kinder und Jugendlichen wollen gerne auf der Bühne stehen und Wettkampfatmosphäre spüren. Und das ist im Jazztanz deutlich günstiger: Keine Requisiten, die angeschafft und transportiert werden müssen, nur Musik und die Tänzerinnen.

Das macht beim Showdance mit den Requisiten einfach mehr Spaß, dadurch entsteht ein richtiger Wow-Effekt.
Marleen Soko

Eine der erfolgreichsten unter ihnen ist Marleen Soko. Die 16-Jährige tanzt seit früher Kindheit in Mathildenhof, war Teil des Weltmeisterteams von 2022, ist im Solo fünfmal deutsche Meisterin und tanzt unter den besten Acht der Welt mit. „Tanzen ist einfach meine Leidenschaft“, sagt die Schülerin der Gesamtschule Schlebusch. Auch sie will künftig mehr Jazztanz machen. Aber ihr Herz schlägt für den Showdance. „Es ist einfach so toll, als Tänzerin eine Geschichte zu erzählen und Emotionen rüber zu bringen, vielleicht auch eine gute Message zu vermitteln. Das macht beim Showdance mit den Requisiten einfach mehr Spaß, dadurch entsteht ein richtiger Wow-Effekt.“

Und den will auch Susi Kellers auf keinen Fall aufgeben. „Showdance bleibt unser Hauptziel“, verspricht sie. Und deswegen werden die Eltern der Tänzerinnen auch künftig bei jedem Fundstück im Keller nachfragen, bevor sie irgendwas zum Sperrmüll bringen. „Ich sag’ dann immer: Nicht wegschmeißen, ich will erst gucken, ob wir das verarbeiten können!“, sagt Kellers. Und wenn sie sich wieder eine neue Choreografie ausgedacht hat, rücken die Väter mit dem Werkzeugkoffer an.

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