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ProzessTödlicher Streit in Leverkusen: Das Messer rückt in den Mittelpunkt

Lesezeit 3 Minuten
Der Pavillon der Stadtgrenz-Schänke in Schlebusch.

Die Video-Überwachung der Stadtgrenz-Schänke liefert wertvolle Bilder für den Messerstecher-Prozess am Kölner Landgericht.

Ein Zeuge hat die mutmaßliche Tatwaffe deutlich gesehen. Eine Anwältin will das nicht wahrhaben.

Ein Video, zwei grundsätzliche verschiedene Sichtweisen: Am vierten Tag des Prozesses, in dem die tödliche Messerstecherei vor gut sechs Monaten in Schlebusch aufgeklärt werden soll, werden noch einmal die Filme gezeigt, die am Sonntag, 18. Februar, kurz nach 19 Uhr an der Mülheimer Straße aufgenommen wurden.

Klärung ist allenfalls von den drei Videos zu erwarten, die von den Kameras in der Stadtgrenz-Schänke aufgenommen wurden. Zwei zeigen am oberen Rand einigermaßen scharf drei Personen, die offenbar in eine Auseinandersetzung verwickelt sind. Allerdings sieht man von ihnen meist nur die Beine und maximal den Rumpf. Nur ganz kurz ist auch mal ein Kopf zu erkennen, allerdings aus ziemlich großer Entfernung. Denn der Blickwinkel der Kameras ist natürlich auf den Gastraum der Kneipe ausgerichtet, nicht auf die Mülheimer Straße.

Schemen eines Kampfs vor dem Pavillon in Schlebusch

Auf einem dritten Video – es zeigt den Innenraum des Pavillons schräg vor der Gaststätte – sieht man schemenhaft einen heftigen Kampf. Allerdings nicht unbedingt, ob drei oder vielleicht vier Menschen miteinander ringen. Und es ist auch nicht klar zu erkennen, wer in dem Getümmel welche Rolle spielt. So sieht es die Staatsanwältin am Mittwoch. Die Verteidigerin des älteren der beiden Angeklagten indes sagt: „Es ist deutlich zu erkennen, dass mein Mandant die Personen auseinander bringt.“ Genau das war seine Einlassung. Ihr Gegenüber findet diesen Schluss „erschreckend“.

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Die Verteidigerin hat auch bei einem weiteren Video, das die Kontrahenten von weitem auf der Straße zeigt, eine eigene Sichtweise: Sie findet, man könne sehen, dass der gerade 55 Jahre alt gewordene Syrer kein Messer in der Hand habe.

Ein Passant sieht ein Messer – und fühlt sich bedroht

Genau das hat kurz zuvor ein Zeuge mehrfach beteuert. Der Mann war am Abend des 18. Februar auf der Mülheimer Straße in Richtung Köln unterwegs, als er am Straßenrand drei Männer gesehen habe, die augenscheinlich in einen ernsten Streit verwickelt waren. „Das war zwei zu eins“, der einzelne Mann habe eine Bierflasche in der Hand gehalten, wohl um sich zu verteidigen. Einer der beiden anderen habe ein Messer in der Hand gehabt. Er habe daraufhin angehalten und gehupt.

Aussteigen wollte er nicht: „Meine Frau und meine beiden Kinder waren dabei“, erklärt er. Als der Mann mit dem Messer auf sein Auto zugekommen sei, habe er kurz Gas gegeben, um sich zu schützen. Auf dem Video ist die Szene zu sehen. Ein paar Meter weiter hielt der Zeuge an und alarmierte die Polizei.

Es ist am Mittwoch das erste Mal, dass ein Zeuge vor der 11. Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts von einem Messer spricht. In den Aussagen der beiden Angeklagten kommt diese Waffe nicht vor. Obwohl sie an jenem Sonntagabend in Schlebusch letztlich tödlich wirkte. Rund 20 Stichverletzungen wurden dem Opfer beigebracht; der 30 Jahre alte Mann verlor schon auf dem Weg ins Klinikum fast sein gesamtes Blut, diverse Notoperationen verlängerten sein Leben nur noch um ein paar Tage. Sein Bewusstsein erlangte der Mann aus Syrien nicht mehr zurück.

Keine neue Nahrung erhält am Mittwoch auch die These, dass ein unbekannter vierter Mann in die tödliche Streitigkeit zweier sich auf mehreren Ebenen nahestehender Familien verwickelt war. Und dieser Mister X vielleicht der Messermann war. Der Zeuge aus dem Auto ist sich absolut sicher, um 19.06 Uhr nur drei Personen auf der Mülheimer Straße gesehen zu haben. Und da war die letztlich tödliche Auseinandersetzung augenscheinlich schon in vollem Gange. Das ist auf allen Filmen zu erkennen. Zweifelsfrei.