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ProzessLeverkusener Vergewaltiger trotz Kokain voll schuldfähig

Lesezeit 3 Minuten
Die Sauerbruchstraße auf Höhe des Klinikums. Dort wurde am 20. September eine junge Frau vergewaltigt.

Unweit des Klinikums wurde am 20. September eine junge Frau ins Gebüsch gezerrt und vergewaltigt.

Im Verfahren um das Verbrechen an der Sauerbruchstraße hat Gutachter Sven-Uwe Kutscher das Wort.

Eine halbe Stunde, bevor er die junge Frau in ein Gebüsch an der Sauerbruchstraße zerrte und vergewaltigte, hatte der Mann das letzte Mal Kokain genommen. Über den Tag will der 36 Jahre alte Manforter „zwei, drei Gramm“ zu sich genommen haben. Dazu kamen ein paar Flaschen Bier. So die Aussage des Mannes mit bulgarischem Pass. Er arbeitet im Moment vor allem als Pizzabäcker. Am Dienstag, 19. September, habe er einen freien Tag gehabt. In der Nacht zu Mittwoch gegen 1.45 Uhr überfiel er die junge Frau in der Nähe des Klinikums.

Für Benjamin Roellenbleck und die 13. Große Strafkammer am Kölner Landgericht entscheidend ist, ob die Kombination aus Rauschgift und Alkohol den Mann womöglich so stark beeinträchtigt hat, dass er für seine brutale Tat nicht komplett verantwortlich ist. Dazu hat Sven-Uwe Kutscher eine klare Meinung: nein. Das Kokain habe den Mann nicht in einen Tunnel geschickt, in dem er nur noch an Sex denken konnte und wie er seinen Trieb befriedigen kann.

Der Mann wusste genau, was er tat

So eine Sicht der Situation gebe sein Verhalten nicht her: Der Täter hatte sein Opfer – eine Frau in den frühen Zwanzigern – zunächst auf der Straße angesprochen und um Feuer gebeten. Kurz darauf verfolgte er sie, zerrte sie ins Gebüsch und vergewaltigte die junge Frau. Als sie schrie, hielt er ihr den Mund zu und sagte, sie solle ruhig sein. Als die Frau keine Luft mehr bekam, lockerte er seinen Griff. Für den Psychiater sind das klare Anzeichen dafür, dass der Angeklagte genau wusste, was er tat.

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Der Psychiater hatte den Angeklagten befragt und untersucht, seine Aussage mit der des Opfers abgeglichen, die Ermittlungsergebnisse der Polizei ausgewertet – und er hat bis zum Freitag keine Minute des Prozesses gegen den Mann verpasst. Der hatte zwar in der Tatnacht laut eigener Aussage Stress mit seiner Frau, mit der er zwei Kinder hat. Und auch mit seiner Freundin in Hannover sei es im September gerade nicht so gut gelaufen. Psychiater Kutscher umschrieb das und die von dem Bulgaren nicht anerkannte Vaterschaft in Bulgarien als „komplizierte Beziehungsarchitektur“: Aber in irgendeiner Weise traumatisiert sei der 36 Jahre alte Mann sicher nicht.

Es falle ihm auch nicht schwer, Kontakt zu Frauen zu bekommen, die körperliche Seite von Beziehungen sei ihm fraglos „sehr wichtig“, so der Gutachter. Der Mann lege augenscheinlich viel Wert auf sein Äußeres, geht regelmäßig ins Fitness-Studio und nimmt sogar Testosteron-Präparate, um den Muskelaufbau zu fördern. Das könne man zusammengenommen schon als „gewisse narzisstische Akzentuierung“ werten.

Dazu passt, dass der Angeklagte dem Psychiater gegenüber die These vertreten hatte, sein Opfer „habe es doch auch irgendwie gewollt“. Eine Aussage, die er am ersten Verhandlungstag ausdrücklich nicht mehr vertrat. Stattdessen kam, etwas unvermittelt, eine Reue-Bekundung.