Leverkusen – „Viele Taten passieren, weil wir wegsehen“, sagt Oberbürgermeister Uwe Richrath. Wegsehen, das war am Mittwochabend kaum möglich, wenn man nach Anbruch der Dunkelheit in Leverkusen unterwegs war. Viele Gebäude strahlten in leuchtendem Orange, darunter das Schloss Morsbroich, die evangelische Kirche in Bergisch Neukirchen, der Wasserturm, die Christuskirche in Wiesdorf, die BayArena, das Klinikum, die Leverkugel, das Awo Familienseminarr, der Funkenturm sowie Forum und Erholungshaus.
Die Beleuchtung war Teil des weltweiten Aktionstag „Orange your City“ gegen Gewalt an Frauen und Mädchen. Vor dem Schloss Morsbroich stand außerdem noch ein vom Zonta Club Leverkusen in Orange gestalteter Wupsi-Bus, der bereits seit dem Aktionstag im vergangenen Jahr durch die Stadt fährt. Auf den ist Wupsi-Geschäftsführer Marc Kretkowski stolz, „auch wenn es traurig ist, dass es das überhaupt noch braucht.“
Dass es so ist, daran besteht für Petra Schmidt keine Zweifel. „Wir kämpfen für ein selbstbestimmtes Leben auf allen Ebenen“, sagt die Zonta-Präsidentin. Und das ist Frauen und Mädchen nur möglich, wenn sie ohne Gewalt leben können.
Auch der Frauenring Leverkusen sieht hier noch einigen Nachholbedarf in der Stadt. „Das Frauenhaus platzt aus allen nähten“, sagt Roswitha Kneip vom Frauenring Leverkusen. Gerade in der Coronazeit habe die häusliche Gewalt erschreckend zugenommen. Dennoch stehen in Leverkusen nur acht Plätze als Zuflucht für Frauen und ihre Kindern zur Verfügung. „Wir brauchen in Leverkusen ein erweitertes Platzangebot“, fordert Kneip.
Deshalb hat der Frauenring eine eigene Spendenaktion gestartet, die dem Frauenhaus zugute kommt. Diesem Aufruf sind viele prominente Männer aus Leverkusen gefolgt. Jan Gregor Kremp, Hansi Gnad, Thomas Eimermacher, Heinrich Popov, Henning Krautmacher, Karl Lauterbach, Werner Sonne und viele mehr zeigen Gesicht und sagen „Sei dabei – Keine Gewalt an Frauen und Kindern – Das Frauenhaus ist wichtiger denn je!“.
Das Klinikum macht zum Aktionstag noch einmal auf die seit 2015 bestehende Möglichkeit der „Anonymen Spurensicherung nach Sexualstraftat“ (ASS) aufmerksam. Opfer von Vergewaltigungen können sich nach der Tat direkt an die Ärzte der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Klinikum wenden, um Spuren gerichtssicher, aber ohne Polizei dokumentieren zu lassen. „Der Nachweis muss zwingend innerhalb von 72 Stunden nach der Tat erfolgen“, Oberärztin Sylvia Dorn-Kunert. Danach werden die Daten anonym für zehn Jahre aufbewahrt, falls sich die Frau für gerichtliche Schritte entscheiden sollte.
Der Aktionstag hat auch Uwe Richrath noch einmal verdeutlicht, dass die Pandemie die Bürger in vielerlei Hinsicht belastet. „Wir dürfen nicht vergessen, dass das Leben auch sozial weiter geht“, sagt der Oberbürgermeister. Gewalt darf darin keinen Platz haben.