Leverkusen – Jörg van den Berg hatte sich den Schlosspark zum Gespräch über diese Feier des Tages ausgesucht. Eine gleichsam gute wie logische Wahl, denn das bedeutete: Er saß draußen, im Grünen – und damit eben genau dort, wo in Zukunft auch Kunst stehen und entstehen soll, über das anliegende Museum Morsbroich hinaus.
Das leitet er jetzt seit exakt einem Jahr als Direktor. Und der Direktor gedenkt es wieder dahin zu bringen, wo es nicht nur seiner Meinung nach zwingend hingehört: ins Bewusstsein der Menschen vor allem dieser Stadt, die manchmal gefühlt nichts anderes wichtiges im Kopf zu haben scheinen an erwähnenswerten Dingen vor der Haustür als Fußball und Chemie.
Zufriedener Rückblick
Und Jörg van den Berg zeigte sich zufrieden mit den ersten zwölf Monaten unter seiner Ägide: Die von ihm beim Antritt neu aufgeworfene Frage „Was muss ein Museum heutzutage leisten?“ und die von ihm selbst gegebene Antwort „Es muss nicht zwingend nur den Ausstellungsbetrieb aufrechterhalten“ hat so Einiges in Gang gesetzt. Nicht zuletzt das langsame, stetige Ummodeln des zwar traditionsreichen, aber von vielen Menschen ignorierten Hauses in Morsbroich in eine Institution, in der sich Künstler und Künstlerinnen im besten Fall gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt an der Kunst ausprobieren und im Einklang mit ihnen Kunst schaffen können. Ein Museum für alle eben. Ein greifbares Museum.
Die ersten Morbroicher Kunsttage zu Beginn des diesjährigen Sommers, deren Rezeption sowie überhaupt die Tatsache, dass plötzlich allerorten – sogar landes- und europaweit – aufgehorcht und neugierig hergeschaut wird auf dieses seltsame Museumskonzept des Lokalen und Kollektiven, zeigten laut Jörg van den Berg, dass sich hier etwas tue, was gut sei. Was optimistisch stimme.
Veränderungen drinnen und draußen
Die Veränderungen drinnen – mit Räumen, die plötzlich mehr Labor sind denn musealer Ausstellungsort – und draußen im Park mit neuen Wegen, neu zu errichtenden Objekten oder von allzu üppiger Vegetation befreiten alten Kunstwerken: All das sei ein tolles Zeichen. „Durch die Fokussierung auf das Lokale erhält dieser Ort wieder eine Stabilität und eine Relevanz in der Stadtgesellschaft“, sagte Jörg van den Berg, während oben am Himmel über ihm die im nahen Köln gestarteten Flugzeuge entlangflogen.
Gut sei auch, dass die Stadt – im Sinne von Stadtverwaltung und Stadtpolitik – diesen Kurs bislang konsequent und voller Überzeugung mitgingen. Nicht zuletzt der bewilligte Museums-Etat von 1,9 Millionen Euro für die kommenden fünf Jahre zeige das. Und eigentlich noch besser als gut sei der Umstand, dass er als neuer Chef hier auf ein Team getroffen sei, das – gerade in Person der beiden Kuratierenden Thekla Zell und Fritz Emslander – begeistert mit ihm an der Museumszukunft arbeiteten. Das „mit maximaler Offenheit an die Ideen herangegangen ist“. Jörg van den Berg sagt, wie's ist: „Das ist ein großes Glück!“
Kein „Hin- und Herfliegen“
Fragen an ihn, ob große, internationale Ausstellungen allem Lokalkolorit und Experimentierwillen zum Trotz dennoch irgendwann einmal wieder zu sehen sein werden in Morsbroich, begegnet er nicht mit einem „Nein“. Aber mit einer gewissen Skepsis. Allein das Hin- und Herfliegen von A nach B zum Transportieren der Kunstwerke wolle er in einer von der Klimakrise und vom Krieg gebeutelten Welt nicht so ohne Weiteres mitmachen. Indes: Das sei nicht als Absage auf alle Zeit zu verstehen.
Apropos Zeit: Diese wolle er sich auch bezüglich des Schlossrestaurants lassen, für das nun schon seit Jahren ein Pächter gesucht wird. Vom Erfolg in dieser Frage hänge eklatant vieles ab, was einen erfolgreichen Betrieb des Museums angehe. Eine erste Ausschreibungs- und Bewerbungsrunde sei bereits beendet worden. Ohne Ergebnis, da die sich Bewerbenden offenbar die Ideen und das Konzept für Morsbroich nicht wirklich angenommen hätten.
„Aber seien Sie versichert“, sagte Jörg van den Berg, „das steht gleich nach dem Sommer ganz oben auf meiner Prioritätenliste.“ Nach dem Sommer und den Morsbroicher Kunsttagen, Akt zwei, die vom 16. bis zum 18. September rund ums Schloss stattfinden sollen mit einem offenen Haus und diversen Workshops sowie Vorträgen und Talkrunden zwischen Politik und Kultur. Und womöglich dem einen oder anderen nachträglichen Glückwunsch zu einem Jahr als Museumsdirektor.