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Nach der Explosion in BürrigEine Trauerandacht für die Toten mit Fehlern

Lesezeit 3 Minuten

Der Tragweite des Unglückes nicht gerecht wurde der Umstand, dass nur etwa 100 Menschen zur Andacht kamen.

Leverkusen – Man kann durchaus darüber streiten, ob der letzte Satz, mit dem Oberbürgermeister Uwe Richrath die Gedenkandacht für die bei der Explosion in der Bürriger Verbrennungsanlage am 27. Juli verstorbenen Menschen beendete, glücklich gewählt war.

Und man kann durchaus zu der Einschätzung kommen, dass er es nicht war: Jeden einzelnen Augenblick solle man in diesem Leben genießen, hatte der OB angehoben und sich damit auf jene Worte bezogen, die kurz zuvor die Buddhistin Marion GenRai Lukas und ihr aus den USA angereister Religionsbruder Claude AnShin Thomas an die Anwesenden gerichtet hatten. Von der einen auf die andere Sekunde könne nämlich alles ganz anders sein – das habe dieses Unglück gezeigt. Und dann: „Halten Sie diesen Moment in ihren Herzen fest – und versuchen Sie, ein wenig damit klar zu kommen.“ Klarkommen.

Unglücklich formuliert

Klarkommen mit – das hatte Uwe Richrath zuvor selbst noch gesagt – dem plötzlichen Verlust des Ehemannes, des Freundes, des Sportkollegen, das geht beileibe nicht so lapidar und einfach, wie es sich anhörte. Das ist eben genau dies: unglücklich formuliert. Doch dieser Moment stand bei aller Fehlerhaftigkeit auch für etwas, das vielleicht wichtiger ist: Er stand für einen ersten Bürger der Stadt, dem schlicht und einfach die Worte fehlten. Und der damit zeigte, was anhand seiner Stimme auch hörbar war: Dieses Unglück in seiner Stadt, das betonte er mehrfach, hat ihn tief getroffen. Sehr tief. Und das war keine Floskel. Das war ehrlich und Anteil nehmend.

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Und eine ehrliche Anteilnahme zeichnete denn auch große Teile dieser wichtigen Andacht aus, die von der Stadt anberaumt worden war: Sie gab den anwesenden Angehörigen der Explosions-Opfer und all denen, die mit ihnen litten und leiden, die Gelegenheit, noch einmal gemeinsam zu trauern und Trost zu empfangen. Sowohl Heinz-Peter Teller als katholischer Stadtdechant und Bernd-Ekkehard Scholten, Superintendent des evangelischen Kirchenkreises, als auch Mitglieder der anderen im Leverkusener Rat der Religionen vertretenen Konfessionen waren gekommen, um Beistand zu leisten und Solidarität zu zeigen. Ein starkes Zeichen.

Hyldmar verspricht Antworten

Stark war zweifelsohne auch das, was Frank Hyldmar mit bewegter Stimme sagte. Er ist der Geschäftsführer der die Verbrennungsanlage betreibenden Firma Currenta, steht seit Wochen wegen einer alles andere als transparenten Aufklärungspolitik des Konzerns in der Kritik – und versprach unmissverständlich wie hörbar demütig: „Noch gibt es viele offene Fragen: Wie konnte das passieren? Ich weiß, dass es für Sie als Angehörige schmerzhaft ist, nicht zu wissen, was in den letzten Minuten passiert ist.“ Jedoch: „Ich versichere Ihnen: Wir unterstützen die Arbeit der Ermittlungsbehörden umfassend, um ihnen diese Antworten geben zu können.“

Das klang so, als wisse Hyldmar genau, dass er sich an diesen Worten alsbald wird messen lassen müssen. Dass ihm ein Herauswinden aus der Verantwortlichkeit unmöglich sein und von ihm auch nicht in Betracht gezogen wird.

Zwei Dinge passten nicht

Nein: Es waren letztlich zwei andere Dinge, die an diesem Tag der gemeinsamen Trauer und Erinnerung so gar nicht ins Bild des Anstandes und zur gebotenen Agenda passten.

Erstens der – von den Organisierenden gleichwohl gewünschte – historische Abriss über die Geschichte der Chemieindustrie in Leverkusen. Er endete im Fazit des Redners Reinhold Braun vom Bergischen Geschichtsverein, dass es in der Stadt immer schon eine Mischung aus Akzeptanz der Industrie und ihrer Gefahren sowie des Protestes dagegen gegeben habe. Und zweitens die Tatsache, dass sich nur etwa 100 Menschen eingefunden hatten. Der Tragweite des Unglücks für die Stadt und ihre Menschen – ganz zu schweigen für die Angehörigen der Opfer – wurde das nicht einmal annähernd gerecht.