Marilena Jünemann hat in Solingen eine Beratungsstelle für Opfer von Benachteiligung aufgebaut. Jetzt bearbeitet sie dieses Feld in Leverkusen.
Neue Stelle im RathausLeverkusen nimmt den Kampf gegen Diskriminierung ernst
Da war diese Familie, die aus Syrien geflohen war – und die von der Hausgemeinschaft so gar nicht willkommen geheißen wurde. Vielmehr sei ihnen der Hitlergruß gezeigt worden, auf die vielen Beschwerden der Nachbarn habe der Vermieter schließlich mit einer Kündigung reagiert. Mit diesem krassen Akt von Benachteiligung „habe ich mich über in Jahr beschäftigt“, berichtet Marilena Jünemann am Freitag. Am Ende sei das Problem juristisch geklärt worden, erinnert sich Leverkusens neue Beauftragte gegen Diskriminierung am Freitag. Die Familie verlor ihre Bleibe schließlich nicht.
Es sind Fälle wie dieser an ihrer vorherigen Wirkungsstätte in Solingen, die Jünemanns Stelle beschreiben. Im Februar ist die studierte Soziologin in die Leverkusener Stadtverwaltung gewechselt. Dort wurde ein Vorstoß des Integrationsrates aus dem Sommer 2020 aufgegriffen: Auf einer Demonstration gegen Diskriminierung nach der Tötung des US-Amerikaners George Floyd hatte Sam Kofi Nyantakyi festgestellt, dass dieses Problem kein amerikanisches ist. Der Vorsitzende des Integrationsrates kennt in Leverkusen genügend Fälle von Benachteiligung – nicht nur aufgrund der Hautfarbe. Deshalb müsse man dagegen vorgehen. Und das klappe nur, wenn sich jemand darum kümmert, dass die Regeln eingehalten werden.
Beim Oberbürgermeister hat Nyantakyi nicht erst offene Türen eingerannt, nachdem sich die SPD-Ratsfraktion des Vorstoßes angenommen und einen Antrag draus gemacht hatte. Uwe Richrath empfindet Benachteiligung aufgrund irgendwelcher Merkmale als „großes Thema für die Stadt“. Der Kampf gegen Diskriminierung könne sich keinesfalls auf die Stadtverwaltung und öffentliche Unternehmen beschränken. Dort sei das Vorgehen gegen Benachteiligung seit geraumer Zeit eingeübt, berichtet die Beauftragte für Gleichstellung, Cornelia Richrath. „Das sind ja sehr verwandte Aufgaben“, sagt sie in ihrem Büro im City-Turm. Dort wird auch Marilena Jünemann ihren Arbeitsplatz haben. Erreichbar ist sie dort unter 0214 / 4068306 oder per Mail.
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Es geht darum, Angebote zu vermitteln
Jünemann sieht ihr Tätigkeitsfeld tatsächlich nur zum Teil im „Konzern Stadt“, auch wenn der alleine schon rund 10.000 Beschäftigte hat. Dass ihre Arbeit Wirkung in der gesamten Gesellschaft haben muss, liege auf der Hand. Dabei sieht sich die 34-Jährige weniger in vorderster Front denn als Vermittlerin: Dass man sie vor einer Schulklasse über Erscheinungsformen von Diskriminierung vortragen sehen wird, sei nicht sehr wahrscheinlich, nennt sie ein Beispiel. Aber wenn ein Lehrer in seiner Klasse ein Problem mit Diskriminierung erkennt, „kann ich die passenden Schulungen vermitteln“. Arbeitsfelder könnten sich auch im Integrationsrat auftun, schätzt Sam Kofi Nyantakyi. Deshalb werde die Antidiskriminierungsbeauftragte dort beratendes Mitglied.
Der Vorsitzende des Integrationsrates ist froh, dass mit Marilena Jünemann eine erfahrene Kraft gewonnen werden konnte. In ihren sechs Solinger Jahren hat sie beim Diakonischen Werk nicht nur eine Beratungsstelle für Opfer von Diskriminierung aufgebaut, sondern auch ein Konzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus erarbeitet. Ob sie auf Dauer allein diese Arbeit leisten kann, die Uwe Richrath als „wichtig für unsere demokratischen Grundwerte“ bezeichnet, müsse man sehen. Der OB sieht da ein sehr weites Feld.