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Laschet-Vertraute Serap Güler im Interview„Den Fehler hätte er nicht machen dürfen“

Lesezeit 8 Minuten
Serap Güler Interview Leverkusen

Sera Güler ist 2021 als Abgeordnete für Leverkusen und Köln-Mülheim in den Bundestag eingezogen.

LeverkusenFrau Güler, Sie haben Armin Laschet einmal als Freund, Mentor, Förderer und Vorbild bezeichnet. Was schätzen Sie an ihm besonders?

Serap Güler: Es ist das, was vielleicht zum entscheidenden Zeitpunkt auch seine größte Schwäche war: Seine Art, zu vermitteln, zu integrieren und den Konsens zu suchen. Und ich glaube, das hätte er einmal nicht machen dürfen.

Welchen Zeitpunkt meinen Sie?

Alles zum Thema Armin Laschet

Nachdem er zum Parteivorsitzenden wurde, hätte er direkt klar machen müssen, dass er Kanzlerkandidat der Union wird. Aber in der Hoffnung, sich mit der CSU und damit Markus Söder einigen zu können, wurde die Entscheidung verschoben. Da hat Armin Laschet einen Fehler gemacht. Aber das ist seine Stärke: Kompromisse zu suchen und unterschiedliche Positionen zu vereinen. Auch deshalb wäre er ein guter Kanzler gewesen.

Zur Person

Serap Güler, Jahrgang 1980, zog Ende September über die Landesliste der CDU als Abgeordnete für Leverkusen und Köln-Mülheim in den Bundestag ein. Bis vergangene Woche war sie Staatssekretärin für Integration in NRW.

Güler wurde 1980 als Kind einer türkischen Gastarbeiterfamilie in Marl geboren. Nach dem Abitur machte sie eine Ausbildung zur Hotelfachfrau und studierte an der Uni Duisburg-Essen Kommunikationswissenschaft und Germanistik. Seit 2012 wohnt Güler in Köln.

Von 2012 bis 2017 war Güler Abgeordnete im Landtag in NRW. Seit 2012 sitzt sie im Bundesvorstand der CDU. (hge)

Hätte er denn die Macht gehabt, auf den Tisch zu hauen und die Kandidatenfrage damit direkt zu beantworten?

Er war Parteivorsitzender der größten Partei. Er hätte die Macht gehabt, hat aber auf die gemeinsame Lösung gesetzt.

Sie sind mit Armin Laschet politisch groß geworden. Sorgen Sie sich nun um ihre Rolle in der Bundespolitik?

Ich mache mir überhaupt keine Sorgen. Mit meinen 41 Jahren gehöre ich zu der Generation, nach der gerade gerufen wird. Ich habe mir in den letzten Jahren innerhalb der Partei etwas erarbeitet und aufgebaut. Ich werde auch in Zukunft zu denjenigen gehören, die mehr Verantwortung übernehmen. Mein parteipolitischer Weg hat mit Armin Laschet angefangen, aber mir war natürlich klar, dass das nicht auf ewig so weitergehen wird. Ich kann meinen Weg auch alleine gehen.

Serap Güler Interview Leverkusen_2

Serap Güler will ihr Wahlkreisbüro in Leverkusen behalten.

Werden Sie erneut für den Bundesvorstand der CDU kandidieren?

Ja.

Sie wollen also auch in einer Oppositionspartei CDU lautstark auftreten?

Im Gegensatz zu Kollegen, die jetzt schon länger im Bundestag sitzen, weiß ich, was Oppositionsarbeit bedeutet. Das habe ich hier in NRW von 2012 bis 2017 gemacht. Und natürlich beschäftigt mich der Zustand meiner Partei intensiv. Das ist kein Zustand, mit dem wir uns zufriedengeben dürfen und können. Ich möchte deshalb meinen Teil dazu beitragen, dass es wieder aufwärts geht.

Wie würden Sie den Zustand Ihrer Partei beschreiben?

Er ist nicht vorbildhaft. Das fängt mit Durchstechereien an, über die zwar alle meckern, aber trotzdem passiert es. Dass Leute aus der Partei Details aus den ersten Gesprächen mit FDP und Grünen an die Presse durchgestochen haben, war der größte Fehler nach der Wahl. Was ich nicht teile, ist die Auffassung einiger, dass wir die Partei der Inhaltsleere sind. Aber in vielen sozialpolitischen Fragen haben wir eine offene Flanke.

Wie kommen Sie darauf?

Ich habe im Wahlkampf vor über 4000 Haustüren gestanden und mit den Menschen dahinter geredet. Keiner hat mich auf das Thema Klima angesprochen. Angesprochen wurde ich auf Mieten, auf Mindestlöhne, darauf, wie es in den Schulen weitergeht, und dass die Müllgebühren zu hoch sind.

Wir sind aus dem einen Wahlkampf raus und starten gleich in den nächsten in NRW. Was kann die CDU da grundsätzlich anders machen, dass es hier besser läuft?

Gut ist, dass man sich hier geschlossen auf einen Kandidaten geeinigt hat. Auch das ist übrigens das Verdienst von Armin Laschet, der alle, die Ambitionen hatten, zusammengeführt hat.

Wie schnell ist die Geschlossenheit hin, wenn sich lauter Männer aus der NRW-CDU nun wieder um den Parteivorsitz balgen?

Erst einmal zeigt das, dass wir die besten Köpfe in der Union haben. Es muss klar sein: Wenn der eine gewinnt, müssen alle geschlossen hinter dieser Person stehen. Das ist manchmal die viel größere Herausforderung.

Bisher waren Sie die Kölner Politikerin, jetzt haben Sie mit Ihrem Wahlkreis auch Leverkusen geerbt. Wie präsent werden Sie in der Stadt in Zukunft sein?

Ich werde weiter ein Leverkusener Büro haben. Wo genau weiß ich noch nicht. Das Büro in Schlebusch möchte ich erstmal behalten, auf Dauer ist es aber wahrscheinlich zu klein. Für mich ist es eine Sache der Selbstverständlichkeit, dass ich im gesamten Wahlkreis so präsent sein werde, wie das im Wahlkampf der Fall war. Wobei ich auch klar sage: Vieles liegt jetzt an dem direkt gewählten Kandidaten. Wer so ein starkes Ergebnis holt wie Karl Lauterbach, der muss auch liefern. Ich werde ihm seine Arbeit nicht abnehmen. Dafür war der Zuspruch ihm gegenüber einfach zu groß. Er muss in den nächsten vier Jahren beweisen, dass er das verdient hat.

Und bei welchen Themen könnten Sie mit Karl Lauterbach zusammenarbeiten?

Wenn er sich dafür einsetzt, dass die Stelzenlösung für den Ausbau der A1 vom Tisch kommt, bin ich gerne dabei. Wenn es jetzt zu einer Ampel-Koalition kommt, muss Herr Lauterbach dafür eintreten. Er weiß aber übrigens, dass die Ausbaupläne weder von Armin Laschet oder CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer kamen, sondern vom ehemaligen NRW-Verkehrsminister der SPD, Michael Groschek.

Bei der A3 war Ihre Position immer, dass diese verbreitert werden muss. Bleiben Sie dabei?

Ich unterstütze die interfraktionelle Position des Rates, dass auf jeden Fall der oberirdische Ausbau der A3 verhindert werden muss. Auch die Initiative der nördlichen Anrainer '3reicht' zeigt ja, dass sich Widerstand formiert. Dennoch müssen wir uns klar machen, dass es sich hier um eine der am meisten befahrenen Strecken in Europa handelt und auch ein mit Wasserstoff betriebenes Auto und ein Elektroauto nicht fliegen wird, sondern auf der Straße fährt.

Serap Güler Interview Leverkusen_1

Serap Güler beim Gespräch in der Leverkusener Redaktion

Finden Sie es in Ordnung, dass bei den Autobahnen über die Köpfe der Leverkusener Bürgerinnen und Bürger entschieden wird? So gut wie niemand in dieser Stadt möchte den Ausbau.

Dass stärker Rücksicht genommen werden muss, dass die Lösung gemeinsam mit der Stadt und dem Stadtrat gefunden werden muss, ist klar. Wir haben alle die Hoffnung, dass das mit einem künftigen Verkehrsminister auf Bundesebene besser geht als es in den letzten Jahren der Fall war. Andreas Scheuer hat beim Autobahn-Ausbau, aber auch was die Maut und andere Themen betrifft, außerhalb Bayerns nicht genug mit den Menschen vor Ort gearbeitet.

Wie wollen Sie sich außerdem in den nächsten vier Jahren für Leverkusen einsetzen?

Ich setze mich ein für mehr soziale Gerechtigkeit – und diese hängt eng damit zusammen, wie wir wirtschaftlich vorankommen. Dafür müssen wir die Wirtschaft vor Ort auch fördern. Leverkusen ist eine wirtschaftliche Stärke in NRW, stand vor der Pandemie auf Platz zwei der Städte in NRW, und ich will alle Kräfte einsetzen, um mindestens wieder da zu landen, wenn nicht sogar besser.

Wie wollen Sie das tun?

Wir müssen die Attraktivität als Wirtschaftsstandort und damit Arbeitsplätze erhalten. Wir brauchen die richtigen Rahmenbedingungen für moderne digitale Prozesse in der Wirtschaft und der Verwaltung. Das fängt schon damit an, dass Bauanträge künftig unbedingt digital gestellt werden können und schneller über sie entschieden wird. Wenn das nicht funktioniert, beklagen sich Unternehmen andauernd, zögern, hier anzubauen, Arbeitsplätze zu schaffen und Gewerbesteuern zu bezahlen. Auch Städte müssen deshalb auf innovative Ideen setzen und den Mut haben, Wege zu gehen, die bisher noch nicht ausprobiert wurden. Wir werden auch über eine Verwaltungsreform nachdenken müssen.

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Wäre der Job als Oberbürgermeisterin etwas für Sie?

Gar nicht, nein. Ich habe aber höchsten Respekt davor, diesen Tanker einer Stadtverwaltung zu steuern, der sehr oft festgefahren ist. Das ist eine Mammutaufgabe.

Herrn Lauterbach haben Sie fehlende Basisnähe vorgeworfen, die dritte Leverkusener Abgeordnete Nyke Slawik sieht keine politischen Gemeinsamkeiten mit Ihnen. Ist das Verhältnis zu den beiden vergiftet?

Nein, meinerseits ist es nicht vergiftet. Aber auch ich sehe keine politischen Gemeinsamkeiten mit Frau Slawik – abgesehen davon, dass sie auch für eine Minderheit steht und wir uns für Menschen einsetzen, die bisher nicht wahrgenommen wurden. Deshalb finde ich es gut, dass sie im Bundestag sitzt.

Werden Sie mit den beiden in Berlin eine Leverkusener Runde bilden?

Natürlich werden wir bei bestimmten Leverkusener Themen parteiübergreifend zusammenarbeiten. Das haben wir in NRW auch für Köln schon so gemacht. Das ist für mich keine Frage der Parteipolitik. Es gibt mit der AfD nur eine Partei, die den Zugang zu mir nicht suchen muss. Bei der Linken gibt es viele Positionen, die ich nicht mittrage, aber sie steht nicht auf einer Stufe mit der AfD. Mit allen demokratischen Parteien werde ich sprechen und Herausforderungen gemeinsam anpacken.