Leverkusen – Die Ankündigung geht fast schon als Seitenhieb gegen das Museum Morsbroich durch. Dessen Kuratoren betonen ja stets die Relevanz ihres Hauses in Sachen Nachkriegs- und moderne Kunst – und müssen mangels Besucherschaft trotzdem um die Existenz der Einrichtung bangen. Und nun das: In der Ankündigung des zehntägigen „Street Art Festivals“, das ab sofort und bis zum 23. April in der Rathausgalerie Wiesdorf gastiert, wird als Motto angegeben: „Moderne Kunst findet nicht im Museum statt.“
Die Schulklassen erobert
Letztlich aber ist die Angelegenheit dann doch halb so wild, denn die Organisatoren dieses Festivals – die Vertreter der Hamburger Promo-Agentur Jack Germany und das ebenfalls in der Hansestadt beheimatete ECE-Projektmanagement, das sich auch um das Leverkusener Center kümmert – sind von Morsbroich räumlich weit entfernt. Und: Ihr Ansatz ist ein ganz anderer. „Street Art war lange Zeit verschrien, ist aber mittlerweile anerkannt und zur Kunst des 21. Jahrhunderts geworden. Und das wollen wir den Leuten hier und in anderen Städten zeigen“, sagt Dana Bodenstein, die gemeinsam mit Nadine Horn und Theresia Ackermann für die Organisation des Street Art Festivals verantwortlich ist.
Und so geht es in den kommenden Tagen ziemlich bunt zu in der Rathaus-Galerie: mit Workshops, an denen Leverkusener Schüler klassenweise genauso teilnehmen wie Passanten, die gerade auf Shopping-Tour sind. Mit Aktionskunst und Musik und Gesprächen über Graffiti, Urban Art, Urban Knitting und alle anderen mehr oder weniger bekannten Spielarten der Streetart. Der aus Kroatien stammende Filip Mrveld etwa arbeitet an einem großformatigen, mehrere Meter langen Bodenbild, das am Ende dreidimensional wirken soll. Jana Bonsignore zeigt allen Interessierten, „und davon gibt es erfahrungsgemäß viele und in allen Altersklassen“, wie sie sagt, die Malkunst auf einem Tablet-Computer. Und Ronald, der nur Ronald genannt werden möchte, widmet sich der Kunst des Graffiti-Zeichnens. Nur dass er keine Stromkästen und Mauern besprühen sondern kleine Bilder auf Leinwand malen lässt.
Stadtbummel
Ronald hat seinen Aktionsstand am ersten Tag gerade erst aufgebaut, da kommen auch schon Jana (10) und ihre Freundin Giuliana (11) vorbei. Beide haben schulfrei. Beide gingen beim Stadtbummel zufällig durch die Rathausgalerie. Und beide setzen sich sofort hin und malen unter Ronalds Leitung drauflos. „Das ist super! Das kennen wir aus dem Kunstunterricht“, sagt Jana. Da stünde gerade nämlich auch Graffiti-Kunst auf dem Lehrplan. Ronald muss lächeln, als er das hört. Dass Streetart offiziell schon in der Schule angekommen sei, höre er beileibe nicht zum ersten Mal. Und das zeige wiederum: „Streetart ist tatsächlich anerkannt.“ Sie habe – auch dank weltweit bekannter, als Popstars verehrter Künstler wie Banksy – nichts mehr mit Schmiererei und Beschädigung fremden Eigentums zu tun.
Natürlich: Ronald selber kommt aus der Streetart-Szene und weiß, dass man gerade unter alten Hasen Festivals wie dieses in der Rathausgalerie als kommerziell verurteile. „Aber das ist nicht richtig. Denn der Ansatz ist doch ganz anders: Ich stelle mich ja nicht hier hin und male für mich. Ich arbeite mit den Jugendlichen und lasse sie teilnehmen.“ Es sei ein Austausch und ein kreatives Miteinander. Und das sei doch wahrlich nicht zu verurteilen.
Im Gegenteil: Es diene der Sache. Es diene der Streetart und ihrer Reputation.
Das „Street Art Festival“ macht auf seiner Tour durch die großen ECE-Center im Lande bis zum 23. April Station in der Wiesdorfer Rathausgalerie. Aktionen gibt es jeden Tag von morgens bis abends. Das ganze Programm ist im Internet einzusehen.
www.streetart-festival.com