Leverkusen – Der hinhaltende Widerstand gegen die Autobahnplanung durch Leverkusen ist gebrochen. Das Kölner Verwaltungsgericht zwingt die Stadt, Unterlagen an die Autobahn-GmbH herauszugeben.
Am Montag informierte die Stadtverwaltung den Stadtrat, dass die Methode keinen Bestand hat. Die Idee dahinter: Seit 1. Januar 2021 ist nicht mehr der Landesbetrieb Straßen NRW für die Ausbauplanung der Autobahnen 1 und 3 zuständig, sondern die Autobahn-GmbH. Die ist ein Unternehmen des Bundes – und aus Sicht des Stadtrats keine Behörde. Deshalb könne man jede Zulieferung verweigern und so die weitere Planung aufhalten. Für diese Taktik gibt es sogar ein Motto: „Keinen Meter mehr.“
Ein Exempel wurde noch kurz vor dem Wechsel statuiert: Am 16. Dezember 2020 hatte das noch von Straßen NRW beauftragte Ingenieurbüro BBW im Rathaus nach Daten aus Verkehrsuntersuchungen gefragt. Die Antwort: Über die Herausgabe muss der Stadtrat entscheiden.
Keine Daten an die Ingenieure
Das geschah erst ein gutes halbes Jahr später: Am 28. Juni 2021 beschloss eine erdrückende Mehrheit des Stadtrats, BBW die erbetenen Daten nicht zur Verfügung zu stellen. Jedenfalls so lange nicht, bis die Autobahn-GmbH nachgewiesen hat, dass sie wie Straßen NRW eine Behörde ist. Und damit befugt, von anderen Verwaltungen Unterlagen anzufordern oder anfordern zu lassen. Ende August vorigen Jahres legte die Autobahn-GmbH eine Erläuterung des Bundesverkehrsministeriums vor, in dem es um die Behördeneigenschaft der GmbH ging.
Beeindruckt hat das die Politiker nicht: Am 4. Oktober vorigen Jahres lehnten sie es wiederum ab, den Autobahnplanern die gewünschten Unterlagen auszuhändigen. Mit Blick auf die vorliegenden Argumente der Autobahn-GmbH und des Bundesverkehrsministeriums sah sich der Oberbürgermeister gezwungen, den Ratsbeschluss zu beanstanden. Weil das nicht einfach so geht, wurde über die Beanstandung in der nächsten Sitzung am 2. November wiederum abgestimmt. Ergebnis: einstimmige Ablehnung bei Stimmenthaltung von Uwe Richrath, der ja nun nicht gegen seine eigene Beanstandung stimmen konnte.
Politiker ziehen Zügel sogar an
Der Stadtrat legte sogar noch eine Schippe drauf: Die Stadtverwaltung wurde beauftragt, Klage einzureichen. Vor dem Verwaltungsgericht sollte geklärt werden, ob die Autobahn-GmbH tatsächlich eine Behörde ist. Auf einen Schrieb aus dem Bundesverkehrsministerium gaben die Politiker nichts.
Nach diesem Schritt kam zunächst die Bezirksregierung ins Spiel, als Aufsichtsbehörde auch für rechtlich zweifelhafte Ratsbeschlüsse zuständig. An der Kölner Zeughausstraße hielt man das Vorgehen des Leverkusener Rats für rechtswidrig, hob den Klagebeschluss auf. Das war am 1. Dezember vorigen Jahres und machte den Weg frei für den nächsten Eskalationsschritt: Am 28. Dezember 2021 erhob die Stadt Leverkusen vor dem Kölner Verwaltungsgericht Klage. Es sollte feststellen, ob die Autobahn-GmbH eine Behörde ist.
Seltsames Anliegen
Dort hielt man das Leverkusener Anliegen für mindestens skurril. Schon im Mai teilten die Kölner Verwaltungsrichter mit, dass „die Klage keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte“: Es sei doch klar, dass die Autobahn-GmbH des Bundes eine Behörde sei. Man möge die Klage zurückziehen – oder weitere Argumente vortragen. Beides geschah nicht: Am 20. Juni entschied der Stadtrat, wiederum bei Stimmenthaltung des Oberbürgermeisters, die Sache weiterzuverfolgen.
Das Ergebnis ist seit Montag bekannt: Am 29. September entschied das Verwaltungsgericht, die Leverkusener Klage abzuweisen. Damit nicht genug. Die Stadt bekam von der Präsidentin des Kölner Verwaltungsgerichts, die sich selbst mit der Sache beschäftigt hatte, einen gehörigen Rüffel verpasst. Die Leverkusener Klage erwecke den „irritierenden Eindruck“, dass es den Politikern nicht um die Klärung von Sach- oder Rechtsfragen gegangen sei, sondern um „bloßen Zeitgewinn“, so Birgit Herkelmann-Mrowka. Da dürfte die Juristin gar nicht mal so falsch liegen.