Leverkusen – Finanziert Bayer die russische Propaganda rund um den Angriffskrieg in der Ukraine? Das zumindest behauptet eine Menschenrechtsorganisation. Doch so einfach ist es bei genauem Hinsehen nicht.
Vorwurf: Konzerne ermöglichen Propaganda
Der Vorwurf der deutsch-schweizerischen Nichtregierungsorganisation Libereco lautet: Weil westliche Unternehmen auch nach dem Kriegsausbruch Werbung in von Russland und Belarus kontrollierten Medien schalten, ermöglichen sie erst die Kriegspropaganda der Länder. Libereco zählt eine Reihe bekannter Konzerne auf: Apple, Bosch, Coca-Cola, Danone, Dyson, Ferrero, Ford, Jacobs, L’Oréal, Mars, McDonalds, Nestlé, Pepsi – und eben Bayer. Diese Firmen „werben auch während des Krieges in der Ukraine unverändert im russischen oder belarussischen Staatsfernsehen für ihre Produkte“, schreibt die Organisation.
Klar ist: Der Leverkusener Bayer-Konzern stellt den Vertrieb seiner Produkte in Russland und Belarus nicht ein. Bereits bei der Bilanz-Pressekonferenz am 1. März sagte Vorstandschef Werner Baumann, es sei jetzt wichtig, die Versorgung mit Bayers Medikamenten sicherzustellen, um Notlagen möglichst zu verhindern. Christian Maertin, Chef der Unternehmenskommunikation bei den Leverkusenern, schreibt dazu auf Twitter: „Ein Lieferstopp, zum Beispiel für Krebs- oder Herz-Kreislauf-Patienten, würde die Zivilbevölkerung stark treffen und wäre daher ethisch nicht vertretbar.“
Gleichzeitig konzentriert sich Bayer auf ebendiese Versorgung der Bevölkerung, stellt das Unternehmen gegenüber dem „Leverkusener Anzeiger“ am Dienstag klar: „Bayer hat alle Ausgaben in Russland und Weißrussland gestoppt, die nicht zur Bereitstellung unverzichtbarer, lebenswichtiger Produkte in den Bereichen Gesundheit und Ernährung erforderlich sind“, schreibt Pressesprecher Rolf Ackermann auf Anfrage. „Das heißt auch, dass jegliche Werbung in russischen und weißrussischen Staatsmedien eingestellt wurde.“
Doch wie passt das mit Berichten zusammen, dass Bayer-Werbung weiterhin im Umfeld russischer Propagandamedien auftaucht? „Werbespots, die in der Vergangenheit gebucht wurden, können noch für kurze Zeit zu sehen sein, weil das Unternehmen darauf keinen Einfluss hat“, sagt Bayer-Sprecher Ackermann. „Aber es werden keine Werbeslots mehr gebucht.“ Wie viel Geld Bayer in die bereits gebuchte und womöglich jetzt erst ausgesendete Werbung gesteckt hat, beantwortet der Konzern am Dienstag derweil nicht.