Die beiden Fraktionsvizes Dirk Löb und Sven Tahiri schmeißen hin. Sie werfen Milanie Kreutz Alleingänge und schlechte Kommunikation vor.
Zwei RücktritteLeverkusens SPD-Fraktion zerfällt im Streit
Ein Beben haben am Freitag Dirk Löb und Sven Tahiri in der SPD-Fraktion ausgelöst. Die beiden stellvertretenden Vorsitzenden treten mit sofortiger Wirkung zurück – die Nachricht ging zeitgleich an die Medien und die Fraktionsvorsitzende Milanie Kreutz, die sich daraufhin erst einmal sammeln musste.
Der Grund für den Knall: Die beiden altgedienten Ratsmitglieder verzweifeln an der Fraktionschefin. Unter ihrer Führung schaffe es die SPD im Rat nicht, sozialdemokratische Kernthemen in der Stadtpolitik zu platzieren. Das Handeln der Fraktionsvorsitzenden erschöpfe sich darin, Mehrheiten zu organisieren – „dabei ist es nicht so wichtig, wofür“, fasste es Tahiri im Gespräch mit dem „Leverkusener Anzeiger“ zusammen.
Tahiri: Es läuft schon lange nicht gut
Schon seit eineinhalb Jahren laufe es innerhalb der Fraktion nicht gut, so Tahiri. Kreutz’ Kommunikation mit ihren Stellvertretern sei mangelhaft, die Fraktion sei in zwei etwa gleich große Lager zerfallen. Ganz schlecht sei es in der Debatte um die Neubesetzung der WGL-Geschäftsführung gelaufen. In der Dezember-Sitzung des Stadtrats habe man sich blamiert, als aus der SPD-Fraktion ein Systemwechsel propagiert wurde, den ursprünglich die CDU beantragt hatte.
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Die Äußerung von Lena Pütz, die sich ausdrücklich im Namen von Fraktionschefin Kreutz dafür einsetzte, dass eine Expertenkommission mit der Personalauswahl betraut werden soll, habe der SPD „Hohn und Spott“ eingebracht. Die Fraktion habe auf offener Bühne bewiesen, in der Sache komplett zerstritten zu sein, kritisieren Löb und Tahiri. Vor der Sitzung habe es keinerlei Absprachen gegeben, wie die SPD die Debatte führen will.
Dem widersprach Kreutz am Freitag vehement: „Die beiden können sich nicht überrumpelt gefühlt haben.“ Sie habe Löb und Tahiri zuvor in der tatsächlich in der Fraktion äußerst umstrittenen Angelegenheit „Gespräche angeboten – die haben sie nicht angenommen“. Auch an einer nachträglichen Aufarbeitung des Streits habe es kein Interesse gegeben, sagte die Fraktionschefin auf Anfrage. In der Sache liege man tatsächlich auseinander.
Die eigenen Leute werden beschädigt
Löb und Tahiri sind mit dem neuen Verfahren überhaupt nicht einverstanden: Spitzenpositionen bei städtischen Töchtern seien immer unter der Ägide von Aufsichtsräten besetzt worden, die vom Stadtrat in diese Gremien entsandt wurden. In der WGL-Affäre wurde dann Aylin Dogan verbrannt: OB Uwe Richrath hatte seine Büroleiterin zuvor ermuntert, sich auf die ab Sommer vakante Spitzenposition bei der städtischen Wohnungsgesellschaft zu bewerben. „Wir beschädigen die eigenen Leute. Ein Verhalten, das man vom politischen Gegner, aber nicht aus den eigenen Reihen erwartet“, ärgert sich Tahiri.
Die neue „Compliance-Richtlinie“ bei der Besetzung von Führungspositionen sei tatsächlich „der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat“, so Tahiri. Aber das sei ja längst nicht alles. In der Baupolitik „sind wir blank“: Die SPD habe in diesem wichtigen Bereich keine Handschrift. Auch andere, damit zusammenhängende Themen wie Wohnen, hohe Nebenkosten oder die teils katastrophale Lage in Kitas und Schulen würden nicht mit dem nötigen Nachdruck bearbeitet.
Kein Gewicht, obwohl die SPD den Oberbürgermeister stellt
Solche Defizite könne sich eine Partei nicht leisten, die mit Uwe Richrath schließlich den OB stelle. „Aus unserer Sicht ist es für eine erfolgreiche Fraktionsarbeit absolut notwendig, dass sich zwischen Fraktionsvorstand, Oberbürgermeister sowie der Parteiführung eine vertrauensvolle Atmosphäre bildet. Sie sollte davon geprägt sein, gemeinsam sozialdemokratische Themen voranzubringen und in der Öffentlichkeit den Mehrwert der SPD darzustellen. Dazu sind wir bei der Kommunalwahl angetreten“, so Löb.
Der Rücktritt „ist uns beiden sehr schwer gefallen“, erklärte Tahiri. Aber nach eineinhalb Jahren zermürbenden Kampfes innerhalb der Fraktion sei die Kraft verbraucht. Dafür, so Kreutz’ Reaktion, „habe ich Verständnis“, der Rückzug zweier so erfahrener Genossen sei zwar sehr bedauerlich. Trotzdem müsse man konstatieren, „dass sie der Fraktion schaden wollen“.
Wie es jetzt weitergeht, ist offen: Normalerweise würde die SPD ihre Fraktionsspitze im Mai wiederwählen. Wahrscheinlich „werden wir das jetzt vorziehen“, sagte Milanie Kreutz. Was aber sicher sei: „Ich werde mich wieder zur Wahl stellen.“ Ihr Rücktritt könne jedenfalls nicht die Konsequenz aus dem Rücktritt von Löb und Tahiri sein, die ihre Ratsmandate natürlich behalten wollen.