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NRW-Grüne: Auf Regierungskurs vorerst zweigleisig fahren

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Düsseldorf – Nur drei Tage nach ihren Erfolgen bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen treffen sich die CDU und die Grünen zu einem ersten Gespräch. Das Treffen sei für diesen Mittwoch (14.00 Uhr) im Gebäude des Westdeutschen Handwerkskammertags in Düsseldorf vereinbart, teilten beide Parteien am Dienstagabend mit. Man wolle auf Einladung der NRW-CDU erste Gespräche „über eine Bewertung der aktuellen politischen Lage in Nordrhein-Westfalen” führen, schrieben die Grünen in ihrer Mitteilung.

An dem Termin werden von CDU-Seite Ministerpräsident Hendrik Wüst, der Fraktionsvorsitzende Bodo Löttgen sowie Ina Scharrenbach, Nathanael Liminski und Serap Güler teilnehmen. Für die Grünen sitzen NRW-Spitzenkandidatin Mona Neubaur, Felix Banaszak, Verena Schäffer, Josefine Paul und Raoul Roßbach am Tisch.

Für die anstehende Regierungsbildung halten sich die Grünen mit einem Rekordergebnis im Rücken verschiedene Optionen offen. Nach dem ersten Treffen mit dem Wahlsieger CDU stünden sie auch für Gespräche mit der SPD bereit, hatte Neubaur am Dienstag nach der konstituierenden Sitzung der Landtagsfraktion deutlich gemacht. Die SPD will trotz eines historisch schlechten Ergebnisses Möglichkeiten für eine Ampel-Koalition wie im Bund ausloten. SPD-Landeschef Thomas Kutschaty kündigte am Dienstag in Düsseldorf an, Grüne und FDP zu Gesprächen einladen zu wollen.

„Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen - auch in schwierigen Zeiten”, sagte Neubaur. „Wenn die SPD uns einlädt, reden wir selbstverständlich auch mit ihr.” Die NRW-Grünen, die am Sonntag ihr Ergebnis im Vergleich zu 2017 auf 18,2 Prozent fast verdreifachten und den dritten Platz belegten, gingen gestärkt in solche Gespräche. Neubaur kündigte ein schrittweises Vorgehen „in der gebotenen Eile, aber mit der notwendigen Sorgfalt” an. Es werde in den ersten Gesprächen mit den anderen Parteien eine „erste gemeinsame Analyse” geben, aber es würden noch keine Punkte „abgehakt”, erläuterte sie. Die Grünen hätten bereits von CDU-Landeschef und Ministerpräsident Wüst eine Einladung erhalten und diese auch angenommen. Nur der Zeitpunkt und der Ort waren da noch offen.

Die SPD werde Einladungen für Sondierungsgespräche an die FDP und die Grünen schicken, kündigte SPD-Landeschef Kutschaty unterdessen an. Die SPD-Landtagsfraktion bestätigte ihn am Dienstag in ihrer konstituierenden Sitzung vorläufig in seinem Amt als Fraktionsvorsitzender. „Wir sind gut aufgestellt, wir sind personell bestätigt in unseren Ämtern”, erklärte Kutschaty. Von der CDU habe ihn am Montag ebenfalls eine Einladung zum Gespräch erreicht. Ein konkreter Termin stehe noch nicht fest. „Wir sind doch schon längst alle im Gespräch”, sagte Kutschaty und fügte hinzu: „Wir müssen doch jetzt nicht hier so eine Formalie machen. Wir sind doch gestern alle gemeinsam nach Berlin hin und zurück geflogen.”

Der FDP-Fraktionschef im Landtag, Christof Rasche, ist zwar für Gespräche mit anderen Parteien offen, sagte jedoch: „Ich gehe davon aus, dass wir miteinander sprechen, aber eines ist ja klar: Es wird Schwarz-Grün geben und nichts anderes steht zur Debatte.” Nach dem Wahlsonntag, an dem die NRW-FDP wegen starker Verluste zeitweise sogar um den Wiedereinzug in den Landtag bangen musste, hatte sich auch FDP-Landeschef Joachim Stamp in diese Richtung geäußert.

Der amtierende CDU-Fraktionschef Löttgen sprach von einer Koalition auf Augenhöhe, die es jetzt zu schmieden gelte. Zu den Schwerpunktthemen zählten der Kampf gegen den Klimawandel, moderne Arbeitsplätze und Mobilität, bezahlbares Wohnen und beste Bildung, sagte er nach der konstituierenden Sitzung der CDU-Fraktion, an der auch Wüst teilnahm. Inwieweit das CDU-Programm mit den Programmen von SPD und Grünen zusammenpasse, könne er nicht sagen. Das der SPD habe er nicht gelesen, beim Grünen-Programm sei er gerade dabei, sagte Löttgen. In der Innen- und Sicherheitspolitik sei Schwarz-Gelb inhaltlich und personell mit Herbert Reul sehr erfolgreich gewesen.

Reul selbst machte am Rande der CDU-Fraktionssitzung am Dienstag deutlich, dass er als Innenminister gern weitermachen würde. Eine „Job-Garantie” für bisherige Minister gebe es aber nicht. „Job-Garantie gibt es nirgendwo im Leben - also auch nicht bei der Politik”, unterstrich er. Er würde auch nicht um jeden Preis weitermachen und auch nicht jeden Posten übernehmen. So komme er als Schulminister nicht in Frage, sagte Reul, der in seiner Karriere unter anderem auch als Studienrat an einem Gymnasium tätig war.

© dpa-infocom, dpa:220517-99-323303/6 (dpa)