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Bilanz und AusblickBergneustadt hat 2025 viele ehrgeizige Projekte, trotz klammer Kasse

Lesezeit 4 Minuten
Bild von der Einweihung des neuen Talparks in Bergneustadt

Ein großer Tag für kleine Bergneustädter war der 7. September 2024: Nach monatelangen Arbeiten eröffnete die Stadt bei schönstem Sommerwetter den neuen Talpark.

Ein Ärztehaus, der Umbau des Extra-Markt-Geländes und Investitionen in die Schulen werden im neuen Jahr nur einige Schwerpunkte sein.

Man könnte meinen, es ist Wahlkampf – doch bis zum nächsten Urnengang wird noch eine Menge Zeit vergehen, als Mitte Januar 2024 die erste politische Entscheidung des Jahres ansteht. Es soll mehr Geld für Bergneustadts ehrenamtliche Feuerwehrleute geben, die SPD hat das Thema angestoßen und im Grunde sind sich die Fraktionen auch einig. Allerdings wird über die Geschwindigkeit der Erhöhung leidenschaftlich gezankt. Am Ende steht ein kluges Bonussystem, das tatsächlich diejenigen belohnt, die bei Einsätzen besonders emsig zur Stelle sind, und das als „Bergneustädter Modell“ schnell das Interesse der übrigen oberbergischen Feuerwehren und Rathäuser auf sich lenkt.

Bergneustadts Nachwuchs hat einen neuen Lieblingsort

Politischen Streit, der bisweilen auch mal heftiger ausgetragen wird, letztlich aber ein Ergebnis hat, das sich sehen lassen kann, gibt es im vergangenen Jahr aber auch anderswo in der Stadt. Im September etwa eröffnet Bürgermeister Matthias Thul den neu gestalteten Talpark. Ja, während der Arbeiten mussten gesunde Hecken weichen und ja, manch jungen Baum setzten die Landschaftsplaner nur wenige Zentimeter neben ein gestandenes Exemplar, das erst einige Wochen zuvor abgeholzt worden war.

Die Kritik, den Fördermittelgebern ausgeliefert zu sein, möge es auch um noch so irrsinnige Details gehen, ist nachvollziehbar. Wahr ist aber auch, dass der Talpark ohne Zuschüsse von außen heute ganz anders aussähe. Spätestens als der Bergneustädter Nachwuchs die Ritterburg im Spätsommer mit leuchtenden Augen stürmt, ist der allermeiste Ärger verflogen. Und dass der Talpark ein echtes Schmuckstück geworden ist, müssen selbst die Kritiker einräumen.

Bergneustädter Gymnasium verkürzt die sechste Stunde

Kopfschütteln erntet aber nicht nur das Bergneustädter Rathaus: Im Februar beginnt der Kreis nahe Immicke mit dem Neubau der Othebachbrücke und schneidet das Tal von der schnellen Anbindung in die City ab. Eine umständliche Umleitung wird eingerichtet. Vor allem die Schülerinnen und Schüler aus genau jenem Othetal trainieren fortan täglich ihre Sprintfähigkeiten, weil die Oberbergische Verkehrsgesellschaft (Ovag) die Abfahrt der Busse am Graf-Eberhard-Platz äußerst knapp bemisst. Das Wüllenweber-Gymnasium reagiert mit einer verkürzten sechsten Schulstunde, damit die Jugendlichen nach Hause kommen.

Ein Zankapfel bleibt auch die Einrichtung von Tempo 30 auf der Bundesstraße 55: Während die einen kein Verständnis dafür haben, dass sich Kreis und Polizei weiter gegen die Einführung sperren, befürchten andere, dass sie künftig Proviant einpacken müssen, wenn eine Fahrt von Derschlag nach Wiedenest bevorsteht. Das von Aldi Nord auf dem discountereigenen Parkplatz in der „Neuen Mitte“ installierte Kontrollsystem empfinden die Bergneustädter jedenfalls als „Abzocke“.

Ärztemangel bleibt ein Schwerpunkt der Diskussion im Stadtrat

Dem Stadtrat gelingt unterdessen die Weichenstellung für viele Zukunftsprojekte. Die Politik spricht sich für eine Zusammenarbeit mit dem Kreis aus, um mit einem kommunalen Medizinischen Versorgungszentrum dem immer drängenderen Ärztemangel zu begegnen. Der „Brückenschlag“, die direkte Verbindung hoch in die Altstadt, bekommt von der Politik ebenso grünes Licht wie das Gewerbegebiet Dreiort.

Von dem seitens der Stadt kurzfristig erworbenen Schullandheim ein paar Meter höher hört man dagegen nicht mehr viel – zumindest bekommt die Öffentlichkeit beim Ideenfest vor Christi Himmelfahrt einen Eindruck davon, wie schnell man sich in dem ab 1956 erbauten Komplex verlaufen kann. Noch tiefer in der Versenkung verschwunden ist die einst als Vorzeigeprojekt gedachte Klimaschutzsiedlung „Wiebusch“. Selbst Bergneustädter Stadtratsmitglieder rechnen inzwischen unter der Hand vor, dass ein neues Häuschen im in den Startlöchern stehenden Wohngebiet Wiedenest-Süd für die Hälfte der Wiebuscher Kosten zu haben sein dürfte, zentrale Wärme- und Stromversorgung hin oder her.

Umzug zum Stadtgeburtstag drehte eine Extra-Runde

Noch bunter als der Strauß an Meinungen ist in Bergneustadt der Festkalender, darauf ist Verlass, auch 2024: Die Stephinchen bringen an Weiberfastnacht den Karneval in die Stadt, die Schützen schmücken die City an Pfingsten in Grün und Weiß und die türkische Gemeinde verwandelt das Zentrum zu den Spielen der Nationalmannschaft bei der Fußball-EM in ein rotes Meer.

Zum Stadtgeburtstag wehen hoch oben in der Altstadt die Fahnen, der Bürgermeister verleiht den Stadtdukaten an Dieter Kuxdorf und dreht mit dem bunten Festzug eine Extrarunde um die neue „Pusteblume“, die endlich wieder auf ihrem Platz am „Deutschen Eck“ steht. Die Belmicker dagegen haben tagszuvor in einer aufwändigen Aktion ihr Kreuz zur Reparatur vom Kirchturm holen müssen.

Auch das Personalkarussell dreht sich: Walter Jordan verlässt das Heimatmuseum, weil er in den Ruhestand geht. Pavla Brandsch und Antje Schnellenbach treten in seine Fußstapfen. Dirigent Micha verlässt den Musikzug der Feuerwehr, weil es zwischen ihm und dem Orchester einfach nicht passt. Und Bernd Knabe übergibt die Bergneustädter Kämmerei an Janina Hortmann, weil er das Pensionsalter erreicht hat.

Hortmanns erste Bewährungsprobe wird die Verabschiedung der Hebesätze für 2025, die zum Krimi wird. Während die knapp unterlegene CDU von einer unverantwortlichen Entscheidung der Ratsmehrheit spricht, sind sich die siegreichen Befürworter der Differenzierung von Wohn- und Gewerbegrund bis heute nicht einig, wer nun letztlich wen überzeugt hat. Man könnte meinen, es ist Wahlkampf. Und inzwischen steckt die Stadt Bergneustadt tatsächlich mittendrin.