AboAbonnieren

Handball-BundesligaVfL Gummersbach tritt in Potsdam an

Lesezeit 5 Minuten
Lächelnd applaudiert Ellidi Vidarsson ins Publikum.

Ellidi Vidarsson freute sich nach dem Abpfiff mit seiner Mannschaft über den Sieg gegen Toulouse, mitwirken konnte er nicht.

Gegen den noch punktlosen Aufsteiger, der eine Kooperation mit den Füchsen Berlin hat, sollen die Energietanks gefüllt sein.

Die Reise des VfL Gummersbach durch Europa geht weiter: Am Freitag ging es für die Handballer zum Bundesligaspiel nach Potsdam, das am heutigen Samstag, 19 Uhr, in der MBS Arena angepfiffen wird. Anschließend bleibt der VfL in Berlin und fliegt am Sonntag über Amsterdam nach Toulouse, wo am Dienstag, 18.45 Uhr, das Rückspiel in der Europa League gegen die Franzosen angepfiffen wird.

Die Energietanks seiner Spieler seien beim Aufsteiger 1. VfL Potsdam gut gefüllt, ist sich Gummersbachs Trainer Gudjon Valur Sigurdsson sicher. Denn er weiß: Wenn seine Mannschaft, wie zuletzt in der Bundesliga gegen den ThSV Eisenach und in der Europa League gegen Fenix Toulouse, nur mit halber Kraft agiert, kann das auch schiefgehen. Gegen Eisenach hatten die   Gummersbacher in der ausverkauften Schwalbe-Arena einen Sieben-Tore-Rückstand aufgeholt. Gegen Toulouse brauchte es nach gut zehn Minuten ein Machtwort des Trainers, damit die Mannschaft ins Spiel fand.

Kreisläufer Ellidi Vidarsson laboriert an einer Knieverletzung

Beide Male zeigten die Gummersbacher eine ungeheure Energieleistung, zumal gegen Toulouse auch noch Ellidi Vidarsson geschont wurde. Der isländische Kreisläufer hatte sich gegen Eisenach am Knie verletzt und saß mit einer Bandage auf der Gummersbacher Bank. „Ellidi Vidarsson hätte seinen Körper für die Mannschaft geopfert“, erklärt sein Trainer. Das heiße aber nicht, dass er gegen Potsdam und Toulouse auflaufen könne.

Alles zum Thema Fußball-Bundesliga

So hatte Kreisläufer Kristjan Horzen in der Abwehr seinen Platz eingenommen und war zudem mit zehn Treffern gegen Toulouse der erfolgreichste VfL-Spieler. Dass Abwehrspezialist Tom Kiesler bald wieder zur Mannschaft stößt, glaubt Sigurdsson nicht. Der Heilungsprozess im operierten Knie laufe nicht optimal.

Gastgeber VfL Potsdam, der seit dem Sommer vom ehemaligen Gummersbacher Trainer Emir Kurtagic betreut wird, wartet   noch auf die ersten Punkte in der Bundesliga, zeigte aber schon einige Mal das Potenzial, was in der Mannschaft   steckt. „Sie haben ein überragendes Spiel gegen Hannover gemacht“, blickt Sigurdsson auf die bisherigen Auftritte des Aufsteigers. Auch wenn zuletzt gegen Kiel am Ende erneut eine Niederlage stand, konnten die Potsdamer mehr als mithalten. „Gegen Kiel haben sie ihre Chancen nicht verwertet“, erklärt der Gummersbacher Trainer. Potsdam kämpfe unglaublich und habe zwei gute Torhüter.

„Sie kassieren nie viele Tore und es herrscht die Bereitschaft für den Nebenmann zu kämpfen“, schreibt ihnen Sigurdsson Vorbildcharakter zu. Vor allem steigere sich die „interessante und coole Truppe“ von Woche zu Woche. „Wir müssen probieren, über eine stabile Abwehr mit unseren Torhütern schnell in unser Tempospiel zu kommen, um den Potsdamern so früh wie möglich den Zahn zu ziehen“, sagt Rückraumshooter Miro Schluroff zum Matchplan.


Das Projekt 1. VfL Potsdam

Im Sommer stieg der 1. VfL Potsdam souverän aus der Zweiten in die Erste Bundesliga auf – etwas, was in der Kooperation mit dem benachbarten Bundesligisten Füchse Berlin eigentlich so nicht geplant war. Doch als es Richtung Aufstieg ging, habe man sich auch nicht dagegen gewehrt und den sportlichen Erfolg gebührend gefeiert , sagt Frank von Behren, seit dem 1. Juli 2022 Geschäftsführer der Handballer des 1. VfL Potsdam.

Wenn er den Weg der Potsdamer Handballer beschreibt, geht er zwölf Jahre zurück. 2012 stieg der VfL in die Dritte Liga ab, zeitgleich wurde mit der MBS Arena Potsdam eine moderne Halle eröffnet. „Sie ist klein und fein, eben wie die Stadt Potsdam selbst“, sagt der ehemalige Nationalspieler Frank von Behren. Mit dem   Bau der 2050 Zuschauer fassenden Arena sei der Wunsch entstanden, dort wieder Zweitliga-Handball austragen zu können, neben der Volleyball-Bundesliga der Frauen. Dabei waren sich die Potsdamer der Konkurrenz aus der angrenzenden Hauptstadt bewusst, konnten aber mit starkem Nachwuchs punkten.

Potsdamer Handballer trainieren am Olympia-Stützpunkt

„Wir haben das Glück, in Potsdam an einem Olympia-Stützpunkt zu trainieren“, erklärt Frank von Behren. Leistungssportler ab der C-Jugend können in der Schule zweimal am Tag trainieren. Wobei das nicht nur für Handballer gilt. Damit stellen die Potsdamer in der Jugendbundesliga wie Berlin eine A- und eine B-Jugend. Und da kam Bob Hanning von den Füchsen Berlin ins Spiel. „Ihm fehlte ein Zweitliga-Verein, um Talente an die Bundesliga heranzuführen.“ Ab der Saison 2021/22 trainierte Hanning den Drittligisten VfL Potsdam und stieg mit ihm in die Zweite Liga auf und bereits zwei Jahre später in die Bundesliga.

Talente bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres konnten in der Zweiten Liga sowohl in Berlin als auch in Potsdam spielen. Das geht mit zwei Vereinen in der Bundesliga nicht mehr, daher wechselten Zweitliga-Torschützenkönig Max Beneke und Torwart Lasse Ludwig komplett nach Berlin.

Frank von Behren und Heiner Brand sitzen auf der Tribüne,

Potsdams Geschäftsführer Frank von Behren im Gespräche mit der Gummersbacher Hnabdall-Ikopne Heiner Brand bei der Europameisterschaft.

Auch wenn man nicht mehr von Spielern profitiere, die Zusammenarbeit mit den Füchsen habe weiter Bestand, alleine beim Wissenstransfer. „Wir bleiben aber unserer Philosophie treu, wir wollen Spieler ausbilden“, so von Behren und bringt die Unterschiede zwischen den Vereinen auf einen Punkt:     „Berlin spielt um Titel, Potsdam um den Klassenerhalt.“

Trotz der 0:12-Punkte zum Auftakt in der Bundesliga wollen die Potsdamer sich nicht kampflos geschlagen geben. Spieler kamen von außerhalb und Handballer wie Elias Kofler oder Josip Simic, der zur kroatischen Nationalmannschaft eingeladen wurde, machten große Entwicklungsschritte. „Wir wissen, dass wir eine gewisse Qualität brauchen “, sagt Frank von Behren.

Wie Trainer Emir Kurtagic, der in Gummersbach aufgewachsen ist und den VfL von Ende 2011 bis März 2017 trainierte , hat auch Frank von Behren eine Gummersbacher Vergangenheit. Von 2003 bis 2006 spielte er für den VfL. „Gummersbach hat eine überragende Entwicklung gemacht“, sagt der 48-Jährige vor dem Spiel seiner Potsdamer gegen den VfL. Es sei ein schlau zusammengestellter Kader und wie sonst nur bei Hannover stimme in seinen Augen auch das Preis-Leistungsverhältnis. Ihn freut besonders, dass Miro Schluroff in Gummersbach Fuß gefasst hat. Ihn hatte von Behren einst für GWD Minden verpflichtet.