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Oberberg fairsorgtMedizinische Versorgung in Oberberg neu gedacht

Lesezeit 3 Minuten

Telemedizin in Aktion testeten Kreisdirektor Klaus Grootens, Projektleiterin Jessica Möltgen, Daniel Vankerkom (AOK), Alexia Zurkuhlen (Gesundheitsregion), Nesrin Wilke (koordinierende Ärztin) und Fallmanagerin Gabriele Grümer (v.l.) an Gesundheitsdezernent Ralf Schmallenbach (sitzend).

Ende 2021 ging das Pilotprojekt „Oberberg fairsorgt“ an den Start, um die medizinische Versorgung älterer Menschen auf dem Land zu verbessern

Keine Frage, der achtminütige Videoclip geht ans Herz. Senioren aus allen Teilen des Oberbergischen Kreises sprechen in die Kamera, mitunter wirklich alt und mit erkennbar angeschlagener Gesundheit.

Alle bedanken sich herzlich für einen direkten Draht zu ihrem Hausarzt, für Hilfe bei der Telemedizin oder auch die Unterstützung beim Antrag für die Pflegeversicherung. Und mehr als einer dieser Menschen verdrückt dabei ein Tränchen. Ende 2021 ging das Pilotprojekt „Oberberg fairsorgt“ an den Start, mit über elf Millionen Euro aus dem Innovationsfonds des Bundes und dem klaren Ziel ausgestattet, um die medizinische Versorgung älterer Menschen auf dem Land und in Zeiten des demografischen Wandels und des Ärztemangels zu verbessern – vor allem derjenigen, die möglichst lange in ihrem Zuhause bleiben möchten.

Zum 31. März endet die offizielle Förderphase – für den Kreis nun der Anlass, um mit Akteuren aus dem Gesundheitswesen bei einer Abschlussveranstaltung auf Schloss Homburg ein Fazit zu ziehen. Große Beachtung fand dort die Evaluation, die Christian Grebe von der Universität zu Köln vorstellte, und für die unter anderem 40 Patienten, 20 Angehörige und 21 Ärzte und Pfleger interviewt wurden.

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Zudem gab es für alle Teilnehmenden an „Oberberg fairsorgt“ ausführliche Fragebögen, einen zu Beginn und einen am Ende der Versorgung. Alles zusammen gewähre einen „multiperspektivischen Blick“ auf das Format, erklärte Grebe. Mitmachen konnten Menschen jenseits der 65 Jahre, die bei der AOK Rheinland/Hamburg versichert sind und an mindestens einer chronischen Erkrankung leiden oder eine Pflegestufe erreicht haben. Tatsächlich seien die Senioren im Oberberger Projekt im Schnitt aber knapp 80 Jahre alt und hätten mit mehreren chronischen Erkrankungen zu kämpfen, berichtete Grebe.

Ein Ergebnis: Der Zustand der Patienten verschlechterte sich nicht. „Mit Blick auf das Alter und die Physis dieser Menschen bedeutet es einen echten Erfolg, wenn alles bleibt, wie es ist“, betonte Grebe. Überrascht hat die Statistiker dagegen die Offenheit der Oberberger für die Telemedizin. 99 Frauen und Männer nutzten mindestens ein entsprechendes Gerät, zum Beispiel ein Messgerät für den Blutdruck, das die Werte in Echtzeit zum Hausarzt überträgt. Erwartet hatten die Experten den Rückgang der Kosten bei der ambulanten Pflege und die Hochstufung vieler in der Pflegestufe. Erstens seien nun Leistungen durch das Projekt erbracht worden, die sonst Pflegedienste erbracht hätten, und zweitens hätten die Fallmanager dabei geholfen, Anträge auszufüllen, informierte Grebe in seinem Vortrag.

Überhaupt, so der Wissenschaftler, spiele die „Kümmerer- und Lotsenfunktion“ der Fallmanager als persönliche Ansprechperson eine überragende Rolle. „Ganz viel geht über die Stabilisierung und das Sicherheitsgefühl zu Hause.“ Das gelte umso mehr, je weiter die Angehörigen entfernt lebten. Zentrale Frage bei dem Treffen im Schloss war, wie es nach dem Ende der Bundesförderung nun weitergeht. Eine Finanzierung durch das Land scheint vorerst gescheitert, aus Düsseldorf wäre ohnehin deutlich weniger Geld zu erwarten.

Dafür berichtete Daniel Vankerkom von der Regionaldirektion der AOK von ersten Gesprächen, die am Mittwoch zwischen seiner Krankenkasse, der DAK und der Barmer stattfanden. Deren Einstieg wäre ab 2025 denkbar, bis dahin trägt der Kreis die Kosten für die Fallmanager. Im Video wünschte sich eine Seniorin jedenfalls ausdrücklich, dass sich die Krankenkassen zusammentun, um das Projekt fortzusetzen.