Als der Mutter des Angeklagten das Bild aus der Überwachungskamera am Busbahnhof gezeigt wurde, sagte sie: „Ja, das sieht meinem Sohn ähnlich.“
Mord am Gummersbacher BusbahnhofMutter des angeklagten Reichshofers sagt vor Gericht aus
Am zweiten Verhandlungstag gegen einen 21 Jahre alten Mann aus Reichshof, der am 29. Februar dieses Jahres am Gummersbacher Busbahnhof neben einem Wartehäuschen einen 24-jährigen Mann mit einem spitzen Gegenstand in den Hals gestochen und so getötet haben soll, wurden am Freitagmorgen weitere Zeugen vor der 5. Großen Strafkammer am Landgericht Köln gehört.
Im Prozessauftakt hatte der 21-Jährige abgestritten, für die Tat verantwortlich zu sein. Zwar sei er am Tattag und bis kurz vor der Tat in Gummersbach gewesen, um dort Drogen zu kaufen. Allerdings habe er, so der Angeklagte, die Örtlichkeit wenige Minuten vorher mit dem Bus verlassen. Auf den gezeigten Videoaufnahmen sei nicht er zu erkennen. Die Bilder eines von der Szene am Wartehäuschen davonlaufenden Mannes hatte er lediglich als „sehr verstörend“ bezeichnet.
Mutter des Angeklagten sagt eine Stunde lang vor Gericht aus
Am zweiten Verhandlungstag stand nun neben den Aussagen mehrerer Polizeibeamter vor allem die Zeugenaussage der Mutter des Angeklagten im Mittelpunkt. Das Dilemma, in dem sie sich befand, war für die Anwesenden spürbar. So sagte sie auf die Frage des Vorsitzenden Richters Peter Koerfers, ob sie von ihrem Verweigerungsrecht wegen Verwandtschaft mit dem Angeklagten Gebrauch machen wollte: „Die Liebe einer Mama ist unermesslich. Aber ich möchte aussagen.“ Und das tat sie dann auch – über eine Stunde lang.
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Dabei berichtete sie aus dem Leben ihres Sohnes, der sechs Jahre lang ein „verwöhntes Einzelkind“ gewesen sei. Dann sei seine Schwester geboren worden. Bei ihrem Sohn sei ADHS diagnostiziert worden, er habe aber keine Medikamente bekommen. „Wir wollten es mit Erziehung schaffen.“ Dann sei aber deutlich geworden, dass Mutter und Vater nicht an einem Strang zogen. Dies sei, nach Aussage der 42-Jährigen, auch ein Trennungsgrund der Eltern gewesen.
Angeklagter entdeckte durch die Leidenschaft zum Kickboxen auch die Drogen
Nachdem ihr Sohn die Liebe zum Kickboxen entdeckt habe, seien die Drogen in sein Leben gekommen. „Er ist dadurch aggressiv geworden, auch uns Eltern gegenüber“, so die Mutter vor Gericht. Er sei sogar zwischenzeitlich wegen Körperverletzung gegenüber der Mutter samt einstweiliger Verfügung verurteilt worden. Die Drogen hätten ihren Sohn massiv verändert. „Er war sehr, sehr komisch“, sagte die Zeugin. Sie habe ihm immer wieder gesagt, dass er zur Therapie gehen müsse.
„Er hat ständig Angst gehabt, hat sich verfolgt gefühlt. Ich weiß nicht von wem. Er hat auch gesagt, dass die Bäume an der Straße auf ihn fallen würden und dass er nachts von seinem Vater vergewaltigt würde“, sagte die Mutter aus. Das habe er gesagt, weil er schmerzhafte Probleme mit dem Stuhlgang hatte. „Wegen des Drogenkonsums“, glaubt die 42-Jährige.
Der heute 21-Jährige habe seit seinem 16. Lebensjahr Drogen genommen, sagte seine Mutter. „Er hat neben Gras vor allem chemische Drogen genommen, Speed, Tabletten und auch Heroin.“ Alkohol habe in seinem Leben eher eine geringe Rolle gespielt. Er habe sich immer mehr zurückgezogen, auch Freunde hätten sich von ihm distanziert.
Am Freitag nach der Tat habe er dann plötzlich unter ihrem Balkon gestanden. „Da hatte ich schon von der Polizei gehört, dass er gesucht wird. Ich habe ihn überredet, sich zu stellen. Er hat sich die Haare abgeschnitten und den Bart – zuvor hatte er immer einen Zopf“, sagte sie.
Als der Mutter des Angeklagten das Bild aus der Überwachungskamera am Busbahnhof gezeigt wurde, schwieg sie kurz und sagte dann: „Ja, das sieht meinem Sohn ähnlich.“