Unterbringung in der ForensikNoch kein Urteil gegen Messerangreifer von Gummersbach

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Der Gerichtssaal in Gummersbach.

Eine Unterbringung des Angeklagten in der Forensik ist nicht ausgeschlossen.

Der Prozess gegen den Messerangreifer, der in Gummersbach von Polizisten angeschossen wurde, muss am Landgericht Köln neu aufgerollt werden.

Das Verfahren gegen den Gummersbacher Messerangreifer ist am Freitag vom Amtsgericht Gummersbach per Beschluss an die Große Strafkammer des Kölner Landgerichts verwiesen worden. Nach dem psychiatrischen Gutachten, demzufolge der Angeklagte unter einer schweren Persönlichkeitsstörung mit dissozialen Anteilen und einer emotionalen Instabilität leidet, werde eine verminderte Schuldfähigkeit nicht ausgeschlossen, erläuterte Anette Korte, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie aus Adenau.

So sei eine Unterbringung des Angeklagten in der Forensik nicht ausgeschlossen. Ob es dazu kommt, kann aber nur das Landgericht entscheiden. Der Prozess muss nun in Köln neu aufgerollt werden, weil sich die Richter dort ein eigenes Bild von den angeklagten Vorfällen machen müssen, um zu einer eigenen Einschätzung zu kommen. Der Haftbefehl gegen den 30-Jährigen wurde derweil aufgehoben, der Angeklagte soll vorerst in eine psychiatrische Einrichtung kommen. Ein Platz in einer Einrichtung war bereits vorsorglich reserviert worden.

Angeklagter verfolgt Prozess mit geschlossenen Augen

Der Angeklagte hatte am Vormittag die Verhandlung überwiegend mit geschlossenen Augen verfolgt. Als sein Adoptivvater über ihn aussagte, wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen, um die Intimsphäre zu wahren. Nach einiger Zeit wurde der Angeklagte aber nach draußen gebracht. Offenbar war es im Gerichtssaal „zu einem emotionalen Ausbruch“ des Mannes gekommen. Die psychiatrische Gutachterin sagte später, dass der 30-Jährige „sehr böse werden kann“, wie man erlebt habe. Und sie stellte auch klar, dass sie weitere Taten des Mannes nicht ausschließen könne.

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Der Angeklagte sei schwer behandelbar, habe eine geringe Frustrationsgrenze, weise die Schuld von sich und sehe sich als Opfer. Auf die Videoszene vor dem Gummersbacher Geschäft „Backwerk“ angesprochen, in der der Angreifer bereits scheinbar wegläuft, dann aber umkehrt, sagte die Expertin, dass der Angeklagte „wie verrückt kämpft, weil er sich dann besser fühlt“. Und warum ruft er der Polizei zu: „Knallt mich doch ab“? Die Gutachterin sieht darin eine Art von Herausforderung und die Möglichkeit, im Kampf Macht und Einflussnahme zu erlangen, selbst auf die Gefahr hin, dass er dabei selbst ums Leben kommt, so die Gutachterin.

Hohe Gewaltbereitschaft war immer zu erkennen

Am Vormittag waren noch einmal viele Zeugen gehört worden, darunter auch Polizisten und ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes. Bei allen Vorfällen, sei es vor dem „Backwerk“ im November 2023 oder anderen Übergriffen gegenüber Zivilisten oder Vollstreckungsbeamten, zog sich die unmittelbare Gewaltbereitschaft des 30-Jährigen wie ein roter Faden durch die Schilderungen. So wurde eine Polizistin bei der Überprüfung des Angeklagten im Oktober 2023 unvermittelt mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Der Beschuldigte hatte zuvor einer Frau einen Stein ins Gesicht geworfen.

Auch ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes bekam diese Spontaneität zu spüren, als der Beschuldigte auf dem Steinmüllergelände Alkohol trank und dafür einen Platzverweis bekam. „Auf einmal spürte ich einen Schlag im Gesicht“, so der Zeuge. Die Gutachterin sagte, dass sich der 30-Jährige nicht an Regeln halte. Und seit dem Jahr 2017 sei er zunehmend auffällig geworden mit einer Steigerung der Intensität seiner Vergehen.

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