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Neue Bus-Standards in Oberberg„Solide, aber vielleicht nicht attraktiv“

Lesezeit 5 Minuten

Der ÖPNV begleitet Corinna Güllner durch das gesamte Berufsleben. Für Busse ist sie indes zum ersten Mal verantwortlich.

Oberberg – Ihr Start fällt mitten in die Krise: Corinna Güllner ist seit Anfang April neue Chefin der Oberbergischen Verkehrsgesellschaft (Ovag). Andreas Arnold sprach mit der Diplomkauffrau über ihre neue Aufgabe und Nahverkehr im ländlichen Raum.

Wie beeinflusst das Thema Corona den Betrieb der Ovag?

Güllner: Nachdem bereits drei Wochen vor Beginn der Osterferien die Schulen geschlossen worden sind, haben wir sofort den Ferienfahrplan in Kraft gesetzt, der immerhin noch eine Kapazität von 80 Prozent des sogenannten Schulfahrplans beinhaltet. Gleichzeitig sind die Fahrgastzahlen merklich zurückgegangen, weil die Mehrzahl der Fahrgäste der Ovag Schüler sind. Aber auch ein großer Teil der Berufstätigen ist nicht mehr unterwegs, das merken wir auch.

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Kann die gebotene Distanz der Fahrgäste zueinander eingehalten werden?

Auf jeden Fall. Unsere Fahrer haben mir berichtet, dass die Zahl der Fahrgäste nur noch so groß ist, dass die vorgegebene Distanz ohne Probleme in den Bussen eingehalten werden kann. Wir fahren ganz bewusst ein relativ umfangreiches Angebot im Ferienfahrplan, sodass Menschen, die keine Alternative haben, auch zu ihren Arbeitsplätzen gelangen.

Wie sieht es mit dem Schutz der Fahrer aus?

Wir haben den vorderen Einstieg gesperrt und Folien installiert, hinter denen die Mitarbeiter sitzen. Was mir auffällt, ist, dass wir keinen ungewöhnlich hohen Krankenstand bei den Fahrern haben, wie man vielleicht meinen könnte. Wir sind sehr stolz auf unsere Fahrer.

Wie kommen die Fahrgäste an ihre Tickets, wenn der Fahrer ihnen keine mehr verlauft?

Das ist in der Tat unser Problem, denn der Kauf der Fahrscheine beim Fahrer ist aktuell unser Hauptvertriebsweg. Eigene Fahrausweisautomaten haben wir keine, sodass alle Gelegenheitskunden sehr eingeschränkte Möglichkeiten haben, Tickets zu kaufen. Was wir aktuell empfehlen sind daher Handy-Tickets, aber nicht alle Bevölkerungsgruppen können darauf zugreifen. Und ab Dienstag ist auch unsere eigene Verkaufsstelle am Gummersbacher Busbahnhof wieder geöffnet, sodass zumindest eine zentrale Verkaufsstelle zur Verfügung steht.

Zur Person

Corinna Güllner begann 1995 als Diplomkauffrau bei der Deutschen Bahn, für die sie in verschiedenen Positionen tätig war, ehe sie 2010 als Geschäftsführerin zum Forsa-Institut wechselte, das 1984 von Güllners Vater Manfred gegründet worden. Der geplante Übergang auf die nächste Generation habe allerdings „nicht geklappt“, sagt die neue Ovag-Geschäftsführerin. Deshalb habe sie ihre Karten „neu legen“ müssen. Bei der Abellio Rail Baden-Württemberg GmbH fand sie eine neue Anstellung als Leiterin Tarif, Vertrieb, Erlösmanagement. (ar)

Schaut man auf Ihre bisherigen beruflichen Stationen, so hatten diese ausschließlich mit dem ÖPNV auf der Schiene zu tun. Jetzt steht der Bus für Sie im Mittelpunkt. Wie erklärt sich dieser Wechsel?

Ein reiner Busbetrieb ist neu, aber auch nicht so weit weg von der Schiene. Man kann sehr viele Themen übertragen. Und ich hatte bei der Schiene in der Regel Positionen, wo ich eine Schnittstelle zu Verkehrsverbünden und somit zu anderen Unternehmen hatte. Die Fragestellungen sind da schon ziemlich gleich. Und ich habe mich schon immer dem ÖPNV verbunden gefühlt. So gesehen sind Bus oder Schiene kein so großer Gegensatz für mich.

Und wie kam es zu der Entscheidung für Gummersbach?

Ich komme aus Köln, da war eine Position wie die der Ovag-Geschäftsführerin nicht uninteressant. Zumal Gummersbach näher an Köln liegt als Stuttgart, wo ich zuletzt gearbeitet habe. Zudem fühle ich mich dem Raum hier mehr verbunden als der Region um Stuttgart.

Ist Ihnen Oberberg vertraut?

Das wäre zu viel gesagt. Es weckt Kindheitserinnerungen, weil hier die Ortschaften liegen, wo die Klassenfahrten oder die Jugendfreizeiten hingingen. Unbenommen dessen muss ich den Raum aber erst einmal kennenlernen.

Das Thema ÖPNV zieht sich wie ein roter Faden durch Ihr berufliches Wirken. Woher kommt diese Affinität?

Ich kann es mir selbst nicht erklären. Bereits während des Studiums habe ich Praktika bei der Lufthansa oder Automobilfirmen gemacht. Der erste richtige Job war dann bei der Deutschen Bahn. Am Ende bin ich beim Öffentlichen Verkehr geblieben. Auch in der Zeit, wo ich bei meinem Vater bei Forsa gearbeitet habe, habe ich mich immer für Studien rund um das Thema Mobilität interessiert.

Die Mobilität im ländlichen Raum ist eine besondere Herausforderung. Was sehen Sie als Aufgabe, die sie bei der Ovag rasch in Angriff nehmen wollen?

So Dinge kann ich nicht alleine machen. Das geht nur mit gemeinsam mit Eigentümern und dem Oberbergischen Kreis als Aufgabenträger, die auch ihre Vorstellungen haben. Und am Ende wird es darum gehen, was man finanzieren kann. Was mir als Fahrgast aufgefallen ist, ist eine gewisse Lieblosigkeit. Die Haltestellen sehen nicht schön aus, jeder Bus ist innen in einem anderen Design ausgestattet. Das sind Sachen, die den ÖPNV nach außen vielleicht nicht so attraktiv erscheinen lassen.

Und was ist mit dem Angebot auf der Straße?

Das ist solide. Da kann ich nicht versprechen, dass ich die Anzahl der Busse verdopple oder die Takte komplett verdichte. Da wird man sich die ein oder andere Linie anschauen können. Wir leben hier in einem Raum, wo schon viele Menschen ein Auto haben. Ich bilde mir daher auch nicht ein, dass ich alle in diesem Raum für den ÖPNV gewinnen kann. Ich kann diesen aber schon ein wenig attraktiver gestalten. Zurzeit jedenfalls kann ich nicht erkennen, dass ich im Oberbergischen bin, wenn ich in unsere Busse einsteige. Hier müssen Standards entwickelt werden, die auch bei künftigen Anschaffungen durchgehalten werden.

Was kann die Ovag leisten, um schnell aus dem Oberbergischen nach Köln zu kommen?

Für die städtische Anbindung brauche ich die Schiene. Da kann der Bus allein schon von der Kapazität her nicht mithalten. Den sehe ich dann schon mehr in der Zubringerfunktion. Dabei ist es wichtig, dass die Anbindung stimmt. Der Bus darf nicht fünf Minuten nach Abfahrt des Zuges ankommen, denn Anschlusssicherheit ist immer ein großes Thema. Auch auf einen verspäteten Zug sollte nach Möglichkeit der Bus warten.

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Wie sieht es mit Schnellbuslinien in die Metropolen aus?

Auch darüber kann man sicherlich nachdenken, wobei das ein Thema des Oberbergischen Kreises als Aufgabenträger ist.

Wie sehen Sie die Ovag in einem Jahr aufgestellt?

Ich habe gewiss einige Sachen im Blick, möchte diese aber noch nicht öffentlich machen.