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Repschenrother MühleKinder übernehmen 450 Jahre altes Haus in Bielstein

Lesezeit 4 Minuten
Dorothee Faulenbach und Christoph Garten vor dem alten Gebäude.

Ein Herzensprojekt ist der Umbau der alten Mühle für Dorothee Faulenbach. Christoph Garten unterstützt sie bei der Aufsicht über das aufwendige Projekt.

Für die Kita wurde ein Anbau errichtet, der sich architektonisch deutlich von dem historischen Gebäude in Wiehl-Bielstein absetzt.

Der Fachkräftemangel ist natürlich auch eine Frage der Arbeitsumstände. Die neue Kindertagesstätte der Johanniter in Wiehl-Bielstein für das Bechtal kann sich jedenfalls über einen Mangel an Bewerbungen nicht beklagen, und das hat offenbar mit dem Haus zu tun. Die neue alte Repschenrother Mühle ist in mehrfacher Hinsicht ein ganz außergewöhnliches Gebäude.

Anfang August ziehen die Kindergartenkinder ein

Am 1. August werden dort 40 Kinder einziehen, die derzeit noch in einer provisorischen Containerunterkunft im nahe gelegenen Freizeitpark betreut werden. In insgesamt vier Gruppen können noch 40 weitere Kinder aufgenommen werden. Sie erwarten großzügige Räume, die natürlich modernsten pädagogischen Maßstäben entsprechen. Dafür wurde ein Anbau errichtet, der sich architektonisch deutlich vom historischen Gebäude absetzt, zugleich aber traditionelle Materialien wie Holz und Grauwacke aufgreift. Der Entwurf stammt von dem Reichshofer Architekten Philipp Hillnhütter.

Der Anbau.

Für den Johanniter-Kindergarten ist ein großer Anbau errichtet worden.

In diesen Tagen geben die Handwerker dem Innenausbau den letzten Schliff. Alle stammen aus der Region, das ist der Bauherrin wichtig. Einige Möbel und Spielgeräte sind schon angeliefert worden. Bei einer Baustellenbesichtigung in der vergangenen Woche erläutert Christoph Garten den Baufortschritt mit Sinn für Details wie die alte Haustür und das 450 Jahre alte Sichtmauerwerk. Der Geschäftsführer der Firma Faulenbach Schmiedetechnik mit Sitz in Bomig wacht im Auftrag von Bauherrin Dorothee Faulenbach über das Projekt.

Noch als Vertrauter des verstorbenen Firmenchefs Dieter Faulenbach ist Christoph Garten in den Vorstand des Bielsteiner Heimatvereins gewählt worden und hat ein Bewusstsein für die historische Bedeutung der Repschenrother Mühle entwickelt (siehe Kasten). Anders als bei den Fabrikhallen, deren Bau er bisher begleitet hat, hat er es diesmal mit Denkmalschutz und den strengen Vorschriften des LVR-Landesjugendamts zu tun. Letztere haben es nicht erlaubt, die verschachtelten Räume des alten Fachwerkhauses für die Kinderbetreuung zu nutzen. Nun steht das frühere Wohnhaus vor allem dem Bielsteiner Kita-Leiter Benedikt Krams und seinen Mitarbeiterinnen zur Verfügung, als vergleichsweise opulenter Sozialraum mit Dusche, Büro und Platz für eine Eltern-Kind-Bibliothek. Dorothee Faulenbach kann sich gut vorstellen, dort bald als Vorleserin auszuhelfen.

Das Bild zeigt ein Treppehaus.

Der Anbau bietet großzügige Räume.

Sie war sich mit ihrem verstorbenen Ehemann einig, dass die Mühle erhalten werden und der Allgemeinheit dienen soll. Nachdem der Plan scheiterte, einen Bürgertreff einzurichten, war Dieter Faulenbach noch an der Entscheidung beteiligt, aus der Mühle eine Kita zu machen. „Wir haben selbst keine Kinder“, sagt Dorothee Faulenbach. „Aber ich weiß: Kinder sind die Zukunft unserer Gesellschaft.“

Vertretern von Rat und Verwaltung der Stadt Wiehl versichern immer wieder, wie dankbar sie Dorothee Faulenbach dafür sind, dass sie mit Kauf und Sanierung der Repschenrother Mühle sich um den Denkmalschutz und die Jugendhilfe zugleich verdient macht. Umgekehrt schätzen es die Bauherrn, dass die Stadtverwaltung das Projekt nach Kräften unterstützt hat, durch einen Baukostenzuschuss in Höhe von 500 000 Euro, vor allem aber durch bürokratische Schützenhilfe und hilfreiche Hinweise. Ein Tipp der Stadt ermöglichte denn auch den Ausbau und die Nutzung des Dachbodens. Bei einer Feuerwehrübung wurde nachgewiesen, dass die Fenster im Notfall von der Drehleiter erreicht werden können.

Kreative Lösungen waren gefragt

Die Verbindung von alter und neuer Gebäudesubstanz erforderte auch sonst kreative Lösungen. Um die Firsthöhe einzuhalten, sind im Obergeschoss Gruppenräume mit bis zu acht Metern Höhe entstanden. Um den Schall zu dämpfen, haben die Zimmerleute spezielle Löcherdecken eingebaut. Das Haus ist weitgehend barrierefrei. Keine Kosten und Mühe wurden auch bei der Nachhaltigkeit gescheut. Das Haus hat ein Gründach, eine Photovoltaik-Anlage und eine Erdwärmepumpe, für die neun 120 Meter tiefe Bohrungen erforderlich waren. Die Lichtschalter des Wiehler Herstellers Merten wurden aus recycelten Fischernetzen hergestellt.

In vielen Details ist die Mühle und ihr Anbau zum bauhandwerklichen Vorzeigeprojekt geworden. Der Landrat hat das Gebäude schon besichtigt. Die Öffentlichkeit soll es im Herbst bei einem Tag der offenen Tür zu sehen bekommen. Aber in zwei Wochen sind erstmal die Kinder dran.


Altes Haus

Die Repschenrother Mühle ist bereits in der Mercatorkarte von 1575 verzeichnet, mithin viel älter als das 1720 errichtete Burghaus. Das Gehöft Repschenroth gilt als Keimzelle eines Orts, der erst seit 1901 den Namen Bielstein trägt. Bis 1960 war die Mühle in Betrieb, noch bis in die 1990er Jahre backte die Familie Herhaus dort Brot. 2018 kaufte Dieter Faulenbach das Objekt. Zeitweise war geplant, die Mühle zum Bürgerzentrum auszubauen. (tie)