Wipperfürths Pastor Lambert Schäfer ist koordinierender Pfarrer der neuen Pastoralen Einheit in Oberbergs Norden.
Interview mit Lambert SchäferWie sich Oberbergs Katholiken auf die Diaspora vorbereiten
Über 30.000 Katholiken in Lindlar, Wipperfürth, Marienheide, Radevormwald und Hückeswagen bilden die neue Pastorale Einheit in Oberbergs Norden. Im Interview spricht Wolfgang Weitzdörfer mit dem Wipperfürther Pastor Lambert Schäfer über die nächsten Schritte auf dem Weg. Schäfer ist koordinierender Pfarrer für den Zusammenschluss.
Herr Schäfer, wie kam es dazu, dass Sie koordinierender Pfarrer für Oberberg-Nord wurden?
Lambert Schäfer: Unter den vier leitenden Pfarrern sollte einer das Amt übernehmen. Wir sind natürlich alle im Gespräch miteinander. Und ich habe mich dann durchgerungen, es zu übernehmen.
Ich habe noch viereinhalb Jahre bis zum Ruhestand. Das heißt, ich werde nicht leitender Pfarrer der Pastoralen Einheit werden. Und, eigentlich wollte ich auch schon jetzt in ein etwas ruhigeres Fahrwasser, habe aber dann gemerkt, dass in die ganze Sache eine gewisse Dynamik reinkam.
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Es gab auf der einen Seite unterschiedliche Ideen seitens des Bistums, wie die Pastoralen Einheiten aussehen sollen. Auf der anderen Seite gab es gewachsene Strukturen in den Gemeinden.
Aber nach einem Treffen haben wir uns dazu entschieden, uns zu viert auf den Weg zu machen. Wir waren dann überrascht, dass es einer der größten Pastorale Einheiten im Erzbistum sein wird – wenn man einmal die Grenzen abfährt, sind es rund 200 Kilometer.
Aktuell haben wir etwa 30 000 Katholiken, perspektivisch sind es in 2030, wenn die Pastorale Einheit an den Start gehen soll, deutlich weniger. Es ist eine große Herausforderung, die ich noch mitmachen wollte. Wie es dann sein wird, weiß man jetzt noch nicht.
Wir haben erste Schritte unternommen, hatten bereits vier Treffen mit Vertretern der Kirchenvorstände und Pfarrgemeinderäte, in denen es darum ging, welche Rechtsform man haben will.
Bis Mitte 2025 wird es noch vier weitere Treffen geben, die dann zur Entscheidung führen – eine Gesamtfusion oder ein Kirchengemeindeverband.
Wird es denn beim Namen Oberberg-Nord bleiben?
Das ist – wie auch Oberberg-Mitte und Oberberg-Süd – ein Arbeitsname. Irgendwie muss man das Kind ja nennen. Es gibt allerdings Richtlinien vom Bistum, wie der Name aussehen soll.
Langfristig werden wir einen finden, aber das ist auch ein ganz emotionaler Moment, wenn es darum geht, einen neuen Namen zu finden – das hat auch mit der Identität der einzelnen Kirchengemeinden zu tun. Die Diskussion schieben wir deswegen erst einmal nach hinten.
Was aber klar ist: Jede Kirchengemeinde wird auf jeden Fall ihren eigenen Namen behalten.
Welche Aufgaben haben Sie in Ihrer Funktion?
Meine Hauptaufgaben sind die Begleitung des Prozesses – und den Zeitplan im Blick zu behalten. Wir sind auf jeden Fall verpflichtet, die Strukturen zu schaffen, einen Kirchenvorstand unter einem leitenden Pfarrer zu haben.
Die Berufsgruppe der Pfarrsekretärinnen hat sich jetzt getroffen, genau wie zuvor auch schon die Verwaltungsleitungen und die Seelsorger. Diese Treffen zu vereinbaren, ist auch meine Aufgabe.
Aktuell haben wir etwa 25 Seelsorger, 2030 werden es aber nur noch 15 sein, zehn ist der Worst Case. Auch bei den Referenten ist das so. Daher müssen wir das Bewusstsein schaffen, dass wir eine Kirche sind, die mit weniger auskommen muss – das ist ja auch ein weltweites Thema.
Wir müssen nun den Fokus darauf setzen, dass wir eine Begeisterung für das Engagement in der Kirche und für den Glauben bei den Menschen wecken können. Insgesamt ist es ein sehr guter Prozess, der vom Bistum recht locker geführt wird, das ist sehr angenehm.
Das Bistum sagt: „Macht ihr, einigt euch. Wir haben unsere Vorstellung und Ideen. Und dann setzen wir das um.“
Wie ist die Struktur in der entstehenden Pastoralen Einheit?
Es gibt ein kleineres Gremium aus Vertretern aus den Gemeinden, das die Sitzungen vorbereitet, an dem dann die rund 30 Vertreter aus den Gemeinden teilnehmen. Als Rechtsträger sind die leitenden Pfarrer mit ihrem Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderäten am Prozess beteiligt.
Die Ergebnisse der Sitzungen sollen dann auf die Gemeinden runtergebrochen werden. Vielleicht wird es auch öffentliche Sitzungen geben, aber da gibt es eher wenig Rückmeldung.
Ich glaube und hoffe, dass die Leute verstehen, dass es nicht um die Veränderung der Pastorale und der Seelsorge geht, sondern um die Struktur.
Auf welchen Zeitraum ist die Position angelegt – wie sieht die weitere Zeitschiene aus?
Bis es erledigt ist. Ich selbst werde noch viereinhalb Jahre dabei sein, wenn wir bis dahin nicht fertig sind, muss es eben ein Nachfolger beenden. Das sehe ich schmerzfrei. Denn es geht ja um die Sache.
Wir müssen deutlich machen, dass wir es für uns selbst als Kirchengemeinde machen, nicht für irgendjemanden in Köln. Und es ist ein langfristiger Prozess, der reifen soll. Die Notwendigkeit der Veränderung kommt von außen, aber die Umsetzung machen wir selbst im Inneren.
Nicht wie im Bistum Essen. Dort wurde an einem Sonntag von allen Kanzeln verkündet, dass man ab Montag in diesen und jenen Kirchengemeinden pastoral verbunden ist. Das passiert hier nicht so.
Ist es schwierig für die Gemeinden zusammenzuwachsen?
Ja, aber eben auch deswegen, weil es ganz viele lange über Jahrzehnte und Jahrhunderte gewachsene Strukturen gibt. Ich habe etwa gerade den „Schützenmarathon“ in den Kirchdörfern hinter mir, da merkt man, dass es ganz viele dörfliche Strukturen gibt. Man kennt sich, wächst zusammen auf und lebt miteinander.
Es ist ein wohlwollendes Miteinander, das es im städtischen Bereich nicht mehr so gibt. Man merkt schon einen Unterschied zwischen Wipperfürth und den Kirchdörfern. Das ist durchaus kostbar, so ein dörfliches Miteinander.
Ist die Pastorale Einheit die Gemeindeform der Zukunft?
Zunächst ist es eine Vorgabe des Bistums. Aber es ist auch eine Notwendigkeit, die man dort erkannt hat. Denn noch hat man die Power und die Ehrenamtler, um alles umzusetzen.
Aber wie lange noch? Wir müssen jetzt vorbereiten, dass die nächsten ein oder zwei Generationen in einer Diaspora-Situation leben werden. Ich werde demnächst Diaspora-Gemeinden in den Bistümern in Hildesheim oder Berlin besuchen, um zu sehen, wie Gemeinde dort funktioniert.
Man muss die Dinge kennenlernen und benennen – dann verlieren sie ihren Schrecken und man kann damit umgehen.