Düsseldorf – Die nordrhein-westfälische Landesregierung stellt zum neuen Kindergartenjahr je Kind acht Corona-Schnelltests pro Monat bereit. Das kündigte die neue Familienministerin Josefine Paul (Grüne) am Freitag in Düsseldorf an. Eltern sollen zunächst bis zu den Herbstferien zwei Tests pro Woche über die Kitas erhalten und sie zu Hause bei typischen Symptomen einsetzen. Auch für Tageseltern werden die Tests an die Kommunen geliefert. Das neue Kita-Jahr startet am 1. August.
Außerdem könnten Kinder mit entsprechenden Symptomen künftig von der Betreuung ausgeschlossen werden, solange kein negativer Selbsttest vorgelegt werde. Dies werde eine Änderung der Corona-Schutz-Verordnung am 8. August ermöglichen, kündigte Paul an. „Kranke Kinder gehören nicht in die Kita”, unterstrich die Ministerin. Das gelte ja auch bei allen anderen Krankheiten.
Dabei werde aber vor allem auf vertrauensvolle Kooperation mit den Eltern gesetzt, deren Aussage im Regelfall ausreichend sei. „Wir wollen durch die Tests sicherstellen, dass nicht jede Rotznase dazu führt, dass Kinder zu Hause bleiben müssen”, sagte Paul. Schließlich seien gerade im Herbst und Winter viele Kinder verschnupft.
Wenn der Selbsttest zu Hause negativ sei, könnten die Kinder in die Kita gebracht werden. Die Finanzierung von Tests sei auch über die Herbstferien hinaus gesichert. Beim Bringen und Abholen der Kinder seien, ebenso wie in Elterngesprächen, Schutzmasken empfohlen.
Die SPD-Opposition mahnte, in manchen Kitas drohe bereits der Kollaps, weil so viele Erzieher krankheitsbedingt ausfielen. Wenigstens in den ersten beiden Wochen nach dem Kita-Start sollte täglich getestet werden, forderte SPD-Vizefraktionschef Jochen Ott.
Die FDP-Fraktion begrüßte, dass Kitas und Schulen trotz der Pandemie grundsätzlich offen gehalten werden. Dass Betreuer künftig nach eigener Einschätzung einen Test einfordern könnten, verunsichere aber die Eltern, kritisierte der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Marcel Hafke.
Keine konkreten Aussagen machte die Ministerin zu den Fragen, wann genau das im Koalitionsvertrag avisierte dritte beitragsfreie Kita-Jahr und eine kostenfreie Verpflegung umgesetzt werden. Die SPD-Opposition kritisierte die Ankündigungen als insgesamt „zu dünn”. Das gelte auch für die neue Koordinierungsstelle „Fachkräfteoffensive für Sozial- und Erziehungsberufe”, die Anfang August im Familienministerium ihre Arbeit aufnehmen soll. Die Ministerin habe keine konkreten Wege aufgezeigt, wie damit der Fachkräftemangel zu bekämpfen sei, bemängelte Ott.
Der Lehrerverband Bildung und Erziehung (VBE) bezeichnete die Fachkräfte-Offensive als überfällig. Eine höhere Wertschätzung für die frühkindliche Bildung müsse sich auch konkret in besseren Arbeitsbedingungen, etwa in kleineren Gruppen, niederschlagen, unterstrich VBE-Landeschef Stefan Behlau.
Die Ministerin sprach von einem Kraftakt für alle Beteiligten. „Es muss uns allen klar sein, dass das ein Marathon wird. Es wird nicht im Sprint erledigt werden können.” Als ersten Schritt habe die neue schwarz-grüne Landesregierung das Kita-Helfer-Programm bis Jahresende verlängert. Rund 9000 Einrichtungen hätten bereits die Möglichkeit genutzt, über Hilfskräfte Erzieher von nicht-pädagogischen Aufgaben zu entlasten. „Dafür stellen wir mehr als 100 Millionen Euro zur Verfügung”, sagte Paul.
Trotz Pandemie und weiterer Herausforderungen, wie etwa der Flut-Katastrophe, sei es gelungen, das Betreuungsangebot kontinuierlich auszubauen. Zum neuen Kitajahr würden 10 742 Einrichtungen gefördert - rund 130 mehr als im abgelaufenen Kita-Jahr. Insgesamt würden 752.000 Kinder in Kitas oder bei Tageseltern betreut. Unter schwierigen Bedingungen seien über 5500 Betreuungsplätze zusätzlich geschaffen worden.
Von den 752.000 Plätzen seien rund 217.000 für Kinder unter drei Jahren. Damit liege die Versorgungsquote in dieser Altersgruppe bei 42 Prozent. 70 Prozent der außerfamiliär Betreuten besuchten eine Kita, 30 Prozent sind in Tagespflegestellen oder bei Tageseltern.
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