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Start-ups in Rhein-BergDieses Kürtener Unternehmen digitalisiert Klassenräume

Lesezeit 4 Minuten
Schülerinnen arbeiten in einem Klassenraum an Computern.

Schülerinnen arbeiten in einem Klassenraum an Computern.

Schulaufgaben am PC lösen - was einfach klingt, stellt Lehrende in der Praxis vor einige Probleme. Leander Becker hat dafür eine Lösung entwickelt.

Eigentlich hatte Leander Becker seine berufliche Laufbahn anders geplant: Er hat Sozialwissenschaften und Politik in Köln studiert und konnte sich vorstellen Journalist zu werden. Doch dann kam ihm eine gute Idee dazwischen: Sein Vater ist Lehrer an einem privaten Berufskolleg in Köln und der habe sich öfter darüber geärgert, dass es keine einheitliche Lösung dafür gibt, Dokumente an die PCs von Schülerinnen und Schülern zu verteilen. „Also wollte er, dass ich ihm eine Software dafür programmiere“, berichtet der Kürtener.

Er habe sich schon immer für Informatik und fürs Programmieren interessiert und sich gedacht: „Ich versuche es einfach mal.“ Also habe er sich in das Thema eingearbeitet und erste Versionen entwickelt. Das ist mittlerweile fünfeinhalb Jahre her. „Ich durfte das Programm an der Schule meines Vaters ausprobieren“, sagt er. Die Lehrer seien bei jedem neuen Schritt dabei gewesen und das Feedback habe der Entwicklung gut getan. „Es ist heute noch so, dass viele Lehrer vor Technik eher zurückschrecken“, berichtet er. Deswegen habe Becker sich darauf konzentriert, die Software möglichst einfach zu halten.

Andere Softwares seien überladen

Was er erst herausgefunden habe, als er schon einige Zeit an dem Projekt gearbeitet habe: Es gibt schon einige Softwares, die in auf ähnliche Art in Schulen eingesetzt werden. „Das hat mich natürlich getroffen, als ich gesehen habe, dass ich etwas erfunden habe, das es schon gibt“, erinnert er sich. Aber: Diese Programme seien recht kompliziert gewesen und würden auch Administratives, wie Updates der Computer, beinhalten.

Sitzplan eines Klassenzimmers.

Lehrende können mit dem Programm auch den Sitzplan Klassenzimmers aufrufen,

„Das interessiert die meisten Lehrer aber nicht“, sagt er. Also sei das Alleinstellungsmerkmal seines Programms „Room Control“, dass es nur Funktionen enthalte, die Lehrende für den Unterricht brauchen: Sie können damit Übungsblätter auf die PCs der Klasse verteilen, die Ergebnisse wieder einsammeln, auf die Bildschirme der Schüler zugreifen und sogar Prüfungen darüber laufen lassen.

Schüler können nicht mehr machen, was sie wollen

Das Feedback der Lehrenden falle positiv aus: Das Programm erleichtere ihnen ihre Arbeit. Bei den Schülern seien die Rückmeldungen durchwachsen: Die die wirklich mitmachen wollen, fänden die Software toll. „Andere sind nicht so begeistert. Bisher war eine Stunde im Computerraum immer eine Stunde, in der sie machen können, was sie wollen, weil der Lehrer ja eh nicht schauen kann, was sie machen. Und jetzt müssen sie richtig arbeiten“, berichtet er.

Gründer Leander Becker.

Gründer Leander Becker.

Die Software des Kürtener Start-ups sei gerade für Berufskollegs interessant, weil, weil die Schülerinnen und Schüler dort besonders viel mit dem Computer arbeiten. Schüler, die eine Ausbildung zum Schneider oder zur Schneiderin machen, würden ihre Schnittmuster beispielsweise am PC entwerfen. Deswegen lief die Testphase bisher auch nur bei Berufskollegs, grundsätzlich könne aber jede Schule mit dem Programm arbeiten. „Hauptsache, sie hat ein PC-Raum“, sagt Becker.

Eltern haben erst spät an Start-up Idee geglaubt

Die Testphase habe er in Zusammenarbeit mit NetCologne gestartet. Dort habe er einen Studentenjob als Systemadministrator gehabt und sei dort bereits Ansprechpartner für Berufskollegs gewesen. „Bei NetCologne habe ich viel über die Software geredet und Freunde gefunden, die sich dann für mich eingesetzt haben“, berichtet er. Die Testphase sei von dem Unternehmen bezahlt worden. Also sei er „all in“ gegangen, habe seinen Studentenjob bei NetCologne gekündigt und habe alles auf die Weiterentwicklung seiner Software gesetzt.

„Das war natürlich riskant, weil ich gar nicht wusste, ob Schulen die Software überhaupt haben möchten. Aber weil ich schon so lange an dem Programm gearbeitet habe, wollte ich die Chance nutzen“, sagt er. Doch die Sorge scheint unbegründet: Gerade sei er mit zwei Kölner Schulen in Kontakt, die seine Software nutzen wollen. Auch Schulen in Bergisch Gladbach hätten schon Interesse angemeldet. Außerdem bekomme er noch einige Monate das Gründerstipendium NRW.

Sein Vater würde ihn bei der Entwicklung des Programms weiterhin unterstützen – auch wenn seine Eltern anfangs nicht begeistert davon waren, dass er alles auf eine Karte setzen möchte: „Wenn man sagt, man ist eine ein-Mann-Armee, ist es nicht immer leicht. Das wussten meine Eltern. Sie erst an meine Idee geglaubt, als ich das Angebot für die Testphase mit NetCologne hatte“, räumt er ein.

Dass er eigentlich aus einem ganz anderen Bereich kommt, sei in der IT-Branche kein Problem: „Um in dem Bereich weiterzukommen, muss man nicht Informatik studiert haben. Wenn man sagt, dass man was kann, reicht das aus. Man muss dann nur auch etwas können“, meint er. Durch Videos auf YouTube könne man zum Beispiel ausreichend lernen, um eigene Softwares programmieren zu können.

„Das ist anders, als zum Beispiel im Handwerk, das man eher in der Ausbildung lernen kann“, sagt der Gründer. Auch wenn er sich in seiner Freizeit viel mit dem Thema beschäftige, habe er bewusst etwas Gesellschaftswissenschaftliches studiert. Becker: „Aber vielleicht bekomme ich so jetzt eine gute Kombination aus beiden Bereichen hin.“