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Joints in der ÖffentlichkeitCannabis-Legalisierung kommt bei vielen Menschen in Rhein-Berg gut an

Lesezeit 5 Minuten
Ein Mann zündet sich einen Joint an.

Ein Joint in der Öffentlichkeit rauchen, könnte bald normal sein. (Symbolbild)

Fachleute warnen vor den möglichen Folgen der Droge und raten, dass gerade junge Menschen über verantwortlichen Konsum aufgeklärt werden.

Es könnte bald zum Alltag gehören, dass der Geruch von Cannabis über den Konrad-Adenauer-Platz wabert, wenn der Bundesrat dem Gesetzesentwurf zur Legalisierung am morgigen Freitag, 22. März, zustimmt. Mit dem Gesetz wird es legal, als erwachsene Person bis zu 25 Gramm Gras dabei zu haben und dieses in der Öffentlichkeit zu konsumieren.

Allerdings gibt es Ausnahmen: In „Sichtweite“ von Schulen, Kindergärten, Jugendeinrichtungen und Spielplätzen darf nicht gekifft werden. Die Bundesregierung legt dafür einen Mindestabstand von 100 Metern fest. Von 7 bis 20 Uhr darf in Fußgängerzonen nicht konsumiert werden und in frei zugänglichen Sportstätten ist der Konsum ganz verboten.

Zuständigkeiten in Rhein-Berg noch nicht geklärt

Ob Polizei oder Ordnungsämter dafür zuständig sein werden, die Gebiete zu kontrollieren, sei bisher noch nicht geklärt. Da noch nicht klar sei, wie genau das Gesetz umgesetzt werden solle, könne man keine konkreten Angaben zu den Auswirkungen auf die Verwaltung machen, teilten die Kommunen des Rheinisch-Bergischen Kreises mit.

Die Gemeindeverwaltung Odenthal würde sich mit dem Gesetz befassen, wenn es verabschiedet ist und sich dadurch Zuständigkeiten für die Gemeinde ergeben würden. Bisher sei die Kontrolle von Drogenkonsum nicht in die Aufgabe des Ordnungsamts gewesen, da Strafverfolgung Sache der Polizei sei, sagte Andreas Halfmann, Leiter des Fachbereichs II, zu dem auch das Ordnungsamt gehört.

Auch in Bergisch Gladbach gehe man nicht davon aus, dass durch das Gesetz Zuständigkeiten für die Stadt anfallen, da es in dem Entwurf hieße, dass „für die Erteilung der Erlaubnis und die behördliche Überwachung die Behörden des Landes örtlich zuständig sind.“

Suchtexpertin kann Einfluss auf Konsumverhalten noch nicht abschätzen

Abzuschätzen, wie sich das Gesetz zur Legalisierung von Cannabis auf die Gesellschaft, besonders die Jugendlichen auswirkt, komme einem „Blick in die Glaskugel“ gleich, sagte Lydia Heup, Leiterin der Caritas-Suchthilfe Rhein-Berg. Expertenmeinungen gingen auseinander und auch die Entwicklungen in anderen Ländern unterscheiden sich so sehr, dass kaum abzuschätzen sei, was die Legalisierung für Deutschland oder den Rheinisch-Bergischen Kreis bedeutet.

„Das ist für uns alle eine neue Situation und wir müssen schauen, wie wir damit umgehen“, sagte sie. Wissenschaftlich gesehen gebe es genau so viele Argumente für eine Legalisierung, wie jene, die dagegen sprechen. So sei es für den Schutz von Kindern und Jugendlichen problematisch, für die Justizbehörden aber eine Entlastung.

Sie betont, dass die Angebote der Suchthilfe weiterhin bestehen. „Für uns ist es gar nicht wichtig, ob Substanzen legal oder illegal sind“, sagte sie. Viel wesentlicher sei es, so früh wie nur möglich, Beratungsangebote wahrzunehmen. „Wir sind auch weiterhin für Menschen da, die ihren Konsum kritisch hinterfragen wollen“, sagte sie. Besonders die Angebote, die sich an Menschen richten, die noch nicht süchtig sind, würden präventiv helfen. Da diese in der Öffentlichkeit nicht so bekannt sind, arbeitet die Suchtberatung eng mit den Schulen im Kreis zusammen. „Da ist das Interesse seit einiger Zeit sehr hoch“, sagte sie.

Rhein-Berg sollte auf Aufklärung setzen

Eine weitere Präventionsmaßnahme sei es, über Cannabis und einen verantwortungsbewussten Konsum aufzuklären. Auch wenn die Droge oft als weniger schlimm als Alkohol dargestellt werde, könne auch ein missbräuchlicher Cannabis-Konsum schwerwiegende Folgen haben. „Cannabis macht, im Gegensatz zum Alkohol, zwar kaum körperlich abhängig, dafür wird man aber psychisch sehr schnell süchtig“, erklärte sie.

Gerade, wenn junge Menschen aus Familien mit Veranlagungen zu psychischen Problemen oder Suchtpotenzial stammen, könne der Konsum gefährlich werden. Außerdem wirke Cannabis sich schädlich auf noch nicht vollständig entwickelte Gehirne aus. Erst mit Mitte 20 habe sich das Gehirn komplett entwickelt.

Man sollte negative Wirkungen von Drogen nicht miteinander vergleichen

„Eine wichtige Aufgabe wird sein, dass wir nicht gucken, was an legalen Drogen noch schlimmer als Cannabis ist“, sagte sie. Nur weil es in einigen Punkten „weniger schlimm“, sei, könne es dafür keinen Freifahtsschein geben. Gerade weil Cannabis den Ruf hat, dass es nicht schädlich ist, sei es wichtig darüber aufzuklären, wie die Droge verantwortungsbewusst konsumiert werden könne.

„Dazu zählt eigentlich alles, was ein Gegengewicht zu den Ansichten der Peer-Group über die Droge ist“, sagte die Expertin. Außerdem sollten Konsumierende, die regelmäßig kiffen sich fragen, ob sie dies noch aus Spaß machen, oder ob der Rausch mittlerweile auch eine andere Funktion übernimmt.

Das sagen die Bergisch Gladbacher über die Cannabis-Legalisierung

In der Bergisch Gladbacher Fußgängerzone befürworten viele Passanten die Legalisierung – und finden auch: Cannabis zu konsumieren sei besser, als Alkohol zu trinken.

„Man ist der chilligste Mensch, wenn man gekifft hat. Und betrunken benehmen sich die meisten einfach daneben“, findet Leon. Seinen Nachnamen möchte er nicht in der Zeitung lesen.

Begleitung bei Legalisierung fehlt

„Ich finde die Legalisierung gut und vernünftig. Allerdings fehlt mir die Begleitung“, sagte Corinna Wagner. Durch die Legalisierung könne man zum Beispiel den Schwarzmarkt in den Griff bekommen.

„Aber man sollte die Leute darauf hinweisen, dass es zwar nicht abträglich ist, hin und wieder Cannabis zu konsumieren, dass ein übermäßiger Konsum aber schädlich für nicht vollends entwickelte Gehirne ist“, findet sie. Auch könne der Konsum Psychosen triggern, wenn Menschen dafür eine Veranlagung haben. Für die Aufklärung sieht sie die Bundesregierung und die Schulen in der Verantwortung, die könnten zum Beispiel die sozialen Medien nutzen. „Wir sollten wegkommen, Gras zu verteufeln und uns hin zu einem verantwortungsbewussten Konsum entwickeln.“


Das sagen Rhein-Bergs Bundestagsabgeordnete

Hermann-Josef Tebroke (CDU) stimmte gegen die Legalisierung, weil er sie „aus der Perspektive des Jugendschutzes für unverantwortlich halte und die neuen gesetzlichen Regeln kaum umsetzbar sind“, teilte er auf Anfrage mit.

Maik Außendorf (Grüne) stimmte für die Legalisierung von Cannabis. Die Anfrage dieser Zeitung beantwortete er nicht, gibt auf seiner Webseite aber an, dass man mit dem Gesetz den Jugend-, Verbraucher- und Gesundheitsschutz stärke.

Christian Lindner (FDP) gab seine Stimme zu dem Gesetzesentwurf nicht ab, da er auf Dienstreise gewesen sei, teilte sein Büro mit. In den Sozialen Medien und in Interviews sprach er sich aber mehrmals für eine Legalisierung von Cannabis aus.

Harald Weyel (AfD) stimmte gegen die Legalisierung. Aber nicht, weil er gegen den Konsum der „ physisch eher ungefährlichen“ Pflanze sei, sondern gegen die Amnestie-Regelung für vergangene Verstöße, die das Gesetz vorsieht.