Rhein-Berg – Bilder von den Hochwasserfluten und deren Folgen machen in diesen Tagen sprachlos und können dennoch kaum das transportieren, was sich vor Ort in den schwer vom Hochwasser betroffenen Regionen abspielt. Wie verkraften die Menschen eine so schwere Unwetterkatastrophe und wie kann man die Betroffenen und die Einsatzkräfte seelisch auffangen?
„Darüber sprechen“ ist das, was wohl am meisten hilft. „Und zwar am besten mit denen, die ähnliches erlebt haben“, sagt Michael Berghaus, stellvertretender Ortsbeauftragter des Technischen Hilfswerks (THW) Bergisch Gladbach. Seit dem Hochwasser sind er und seine Kolleginnen und Kollegen im Dauereinsatz – sowohl im Rheinisch-Bergischen Kreis als auch in den noch schwerer betroffenen Gebieten. „Bisher haben wir vor allem technische Hilfe geleistet. Solche Bilder wie in Erftstadt haben auch wir vorher noch nicht gesehen. Natürlich beschäftigt uns das“, sagt Berghaus. Psychologische Hilfe hätte vom THW aus Bergisch Gladbach noch niemand benötigt. Intern spreche man aber viel über das Erlebte. Das helfe, sagt Berghaus. Wie es hinter der Fassade jedes Einzelnen aussieht, lässt sich aber nur schwer erkennen.
Psychische Belastungen treten erst später auf
Das weiß auch Sebastian Vogler, Pressesprecher des THW-Landesverbands NRW. „Noch sind alle im Einsatz, Belastungen treten häufig erst im Nachgang auf. Auch dann stehen unsers Teams natürlich zur Verfügung“, betont er. Die sogenannten Einsatznachsorgeteams bestehend aus geschulten psychosozialen Fachkräften und erfahrenen THW-Kräften bieten vor allem Gesprächsbetreuung an.
Eine wichtige Art der Notfallseelsorge bieten in diesen Tagen auch die Kirchengemeinden. „Wir sind hier im Kreis notfallseelsorgerisch ökumenisch aufgestellt und teilen uns die Rufbereitschaft“, berichtet beispielsweise die evangelische Pfarrerin Claudia Posche aus Altenberg. Auch sie habe bereits Kontakt zu Hochwasserbetroffenen gehabt. „Viele sind noch mit Aufräumen beschäftigt und noch gar nicht zur Ruhe gekommen“, berichtet sie. Vorbereiten könne sie sich auf ihre Einsätze als Notfallseelsorgerin nicht. „Jede Situation ist individuell. Aber dafür sind wir geschult. Es geht in erster Linie darum, da zu sein, zu begleiten und zuzuhören.“
„Es ist wichtig, sein Mitgefühl auszudrücken“
Der evangelische Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch hatte zuletzt in seinen Gemeinden herumgefragt, wer bei Bedarf bereit wäre, Seelsorge sowie praktische Hilfe auch in schwer vom Hochwasser betroffenen Gebieten zu leisten. Aus Rhein-Berg meldeten sich drei Pfarrer. Darunter Thomas Werner aus Bergisch Gladbach. „Für mich gehört das zu meiner Berufsethik dazu. Wenn ich gebraucht werde, dann bin ich da“, betont er. Für Betroffene in seiner eigenen Kirchengemeinde hatte er bereits ein offenes Ohr. „Es ist wichtig, sein Mitgefühl auszudrücken und den Leuten zu zeigen, dass sie nicht alleine sind“, so der evangelische Pfarrer.
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Werners Mitarbeiterin Andrea Kunz berichtet derweil von ihrer Tochter Caren und ihrer Nichte Francesca, die kürzlich in Ahrweiler mit anpackten. „Die beiden haben in den sozialen Medien die schlimmen Bilder gesehen und sich spontan aufgemacht, um zu helfen“, erzählt Kunz. Erschöpft vom anstrengenden Arbeitseinsatz seien sie mittlerweile nach Gladbach zurückgekehrt. Verkraftet hätten sie die Erlebnisse bisher ganz gut, doch auch hier half Reden. „Es ist wichtig, den Halt der Familie zu haben. Wir haben schon viel gesprochen und tun es noch. Immer wieder kommen die Erlebnisse hoch“, berichtet Kunz.
Doch der Drang zu helfen überwiegt. Die beiden Mädchen stehen bereits in den Startlöchern für ihren nächsten Einsatz in Ahrweiler. Für die Notfallseelsorger des evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch ging es bislang nicht nach Erftstadt und Ahrweiler. Sie haben weiterhin offene Ohren in ihren Gemeinden. In Gladbach wurden nach dem Gottesdienst zudem Spenden für Betroffene gesammelt. Wer finanzielle Hilfe benötige, könne sich melden, sagt Pfarrer Werner.