Rösrath – „Wir hätten diese Nacht auch alle drauf gehen können“, sagte Christiane Richter. Sie steht ein paar Meter vom Eingangsbereich entfernt, der normalerweise zu ihrer Wohnung an der Hauptstraße in Rösrath führt. Er ist übersät von Scherben, Schutt und Metallteilen. In einer Wand des Gebäudes führt ein Riss von der Decke zu den Briefkästen, die aussehen, als würden sie gleich abfallen. Die Statik des Gebäudes wurde überprüft – und es gab Entwarnung.
Die Sprengattacke auf den Geldautomaten im Finanz-Center, das sich unter dem Wohnhaus befindet, hat Spuren hinterlassen– nicht nur am Gebäude. Die Polizei gab an, dass drei Männer in der Nacht auf Dienstag den Geldautomaten in dem Gebäude durch zwei Sprengungen geknackt und mit der Beute Richtung A3 geflüchtet sind.
Möglicher Zusammenhang
Festnahmen im Zusammenhang mit der sprengung in Kürten-Dürscheid
Möglicherweise steht die Geldautomatensprengung in Kürten-Dürscheid aus dem Februar vor der Aufklärung. Am Dienstag berichteten Ermittler von einem Schlag gegen eine holländische Tätergruppe. Die Festgenommenen stehen unter dem Verdacht, in den Jahren 2021 und 2022 insgesamt zwölf Geldautomaten gesprengt zu haben. Nach Auskunft der Ermittler der federführenden Zentrale Kriminalinspektion Osnabrück auch derjenige der Kreissparkasse Köln in Kürten-Dürscheid. An der Aktion waren rund 100 Beamte aus ganz Deutschland und den Niederlanden beteiligt, unter anderem fanden die Ermittler über 80 Mobiltelefone, mehrere PCs und Tablets. Bei den Taten entstand laut Polizei ein Schaden von über 4 Millionen Euro. In Dürscheid hatte ein Anwohner die Sprengung in einem Nebenraum des Edeka-Hetzenegger-Marktes gefilmt. Gegen 3 Uhr hatte eine gewaltige Detonation die Dürscheider aus dem Schlaf gerissen. Drei Täter sollen anschließend in einem Auto mit Westerwälder Kennzeichen geflüchtet sein. Bei der Verfolgung verloren die Beamten kurz vor der Anschlussstelle Bensberg das Fluchtauto aus den Augen, vermutet wurde damals eine Flucht Richtung Niederlande. Die Fassade des Markts war durch die Sprengung stark beschädigt worden. In den Wochen darauf hatte die Kreissparkasse ihr Sicherheitskonzept deutlich verschärft. (cbt)
Richters elfjährige Tochter Ronja ist in der Nacht auf Dienstag von dem ersten Knall aufgewacht. „Ich war tagsüber im Schwimmbad und dachte, das wäre ein Traum. Der Knall hat sich so ähnlich angehört, wie Sprungbretter. Also habe ich weitergeschlafen“, erzählt sie.
Kinder stehen unter Schock
Dann kam der zweite Knall und kurz darauf klingelte es Sturm. Christiane Richter habe erst gar nicht gewusst, was los sei, sich sogar noch darüber aufgeregt, dass jemand nachts so heftig schellt. „Wie bescheuert, wenn man da jetzt drüber nachdenkt“, sagte sie. Ihre Tochter möchte jetzt nicht mehr alleine zu Hause bleiben, fragt bei lauten Geräuschen, was das gewesen sei. „Für mich war das schon schockierend“, sagte Ronja Richter.
Die Feuerwehr war schnell vor Ort und evakuierte insgesamt 32 Personen, einige, wie Familie Dargatz, sogar über die Drehleiter. Den letzten Anschlag vor fünf Monaten hatte Daniela Dargatz durch eine Warnung ihres ältesten Sohnes vereitelt, indem sie vor lauter Aufregung den Täter angeschrien und so verjagt habe.
Anwohnerin träumt nachts vor weiterer Sprengung
„Ich habe danach geträumt, dass das nochmal passiert“. In der Nacht habe sie versucht, die Kinder zu beruhigen und selbst ruhig zu bleiben, bis die Feuerwehr sie aus ihrer Wohnung holte. Ein paar Minuten nach dem zweiten Knall sei sogar Rauch in die Wohnung gezogen. „Ich habe Angst, dass das noch häufiger passiert. Ich hoffe, die Deutsche Bank baut nicht wieder einen Geldautomaten ein“, sagte sie.
„Die Evakuierung ist super gelaufen“, sagte Christiane Richter. Das Ordnungsamt und der stellvertretende Bürgermeister seien nach kurzer Zeit da gewesen und hätten den Pfarrer aus dem Bett geklingelt. Der habe ihnen das Augustinerhaus zur Verfügung gestellt, wo es für alle Evakuierten Wasser, Kaffee und Decken gegeben habe.