Markus Herbrand (FDP) will wieder nach Berlin. Die Solidarität der Menschen während der Flut 2021 hat ihn sehr beeindruckt.
Bundestagswahl 2025FDP-Kandidat für Rhein-Erft: „Alles ist möglich, wenn alle anpacken“
Am 23. Februar sind rund 350.000 Wahlberechtigte zwischen Bedburg und Wesseling aufgerufen, ihre Stimme bei der Bundestagswahl abzugeben. In den beiden Wahlkreisen des Rhein-Erft-Kreises bewerben sich 17 Kandidaten um ein Direktmandat. Der Wahlsieg in einem der Wahlkreise wird voraussichtlich für einen Einzug in den Bundestag reichen. Wir stellen in loser Reihenfolge die Bewerber vor – diesmal Markus Herbrand, der im Wahlkreis 91 (Kreis Euskirchen/Erftstadt, Brühl, Wesseling) für die FDP antritt. Die Fragen stellte Jörn Tüffers.
Wann haben Sie begonnen, sich für Politik zu interessieren? Gab es eine Initialzündung?
Interessiert hat mich Politik schon immer. In meinem Elternhause wurden neben den Meisterchancen des FC sowohl über politische Entscheidungen in Bonn und Düsseldorf als auch über konkrete Weichenstellungen im Schleidener Rat- und im Euskirchener Kreishaus diskutiert. Es liegt dabei für mich in der Natur der Sache, dass man nicht mit allen Entscheidungen und Vorhaben übereinstimmt. Anstatt mich nur darüber zu ärgern, habe ich mit Anfang 30 für mich entschieden, dass ich nicht länger nur vom Seitenrand zuschauen möchte. Die richtige Prioritätensetzung beim Infrastrukturausbau, die Verbesserung der Lebenswirklichkeit im ländlichen Raum zum Beispiel durch mehr Ärzte oder zusätzliche Busverbindungen aber auch eher profane Dinge wie der Erhalt des örtlichen Freibades waren dabei immer meine größte Motivation.
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Welches politische Ereignis hat Sie in den vergangenen Jahren am meisten bewegt/berührt?
Die Anzahl bedeutender Momente während meiner Zugehörigkeit zum Deutschen Bundestag macht es schwer, ein einzelnes Thema herauszupicken: Massenmigration, globaler Corona-Pandemie und dem Ukrainekrieg sind sicherlich prägend. Rekordinflation, Energiekrise und unser bröckelnder Wirtschaftsstandort sind in der Folge sehr präsent gewesen. Trotzdem hat mich in der Vergangenheit kein politisches Ereignis am meisten bewegt: Die Flutnacht vom 14. auf den 15. Juli 2021, die Tage und Wochen danach haben die Leben von so vielen Menschen schlagartig verändert. Die Geräusche dieser stromlosen Nacht werde ich nie vergessen. Ebenso wenig die traurigen, aber auch die hoffnungsstiftenden Bilder und Geschichten der Folgezeit. Die erlebte Solidarität ist mir gut im Gedächtnis und zeigt, es ist alles möglich, wenn wir alle gemeinsam anpacken.
Welcher lebende Politiker imponiert Ihnen? Welcher hat Sie geprägt?
Meine großen politischen Vorbilder waren Otto Graf Lambsdorff und Guido Westerwelle. Von den mir bekannten noch lebenden Politikerinnen und Politikern kann ich niemanden speziell hervorheben. Sympathisch und konstruktiv finde ich viele meiner Kolleginnen und Kollegen. Ansonsten habe ich grundsätzlich hohen Respekt für all diejenigen, die sich für die Belange unseres Landes, die Sorgen seiner Bewohner und die Nöte der Wirtschaft interessieren und alles unternehmen, um Probleme zu beheben. Dabei ständig im Fokus der Öffentlichkeit zu stehen, keine geregelten, dafür aber mitunter sehr lange Arbeitszeiten zu haben und sich auch noch gegen politische und persönliche Kritik zur Wehr setzen zu müssen, erfordert Durchhaltevermögen und einen festen Willen. Vor diesen Eigenschaften ziehe ich – nicht nur bei Politikerinnen und Politikern – meinen Hut.
Welcher Politiker hat am meisten für den Kreis geleistet?
Das Herauspicken einzelner politischer Protagonisten, möglicherweise vor allem orientiert am jeweiligen Parteibuch ist nicht meine Sache. Meine Erfahrung ist, dass jede positive (und negative) Entwicklung nicht nur von Einzelpersonen erreicht wird. Politik und die von ihr geschaffenen Rahmenbedingungen sind immer eine Teamleistung. In diesem Sinne halte ich alle Politikerinnen und Politiker, die sich für unsere Heimat und die Verbesserung von Lebens- und Wirtschaftsbedingungen einsetzen, für lobenswert. Gerade im Bereich der ehrenamtlichen Kommunalarbeit werden dabei Lösungen erreicht, die unsere Region und unser ganzes Land überhaupt erst funktionieren lassen. Diesen Bürgerinnen und Bürgern gilt meine größte Anerkennung.
Wie erklären Sie jemandem in Berlin, was der Rhein-Erft-Kreis ist?
Der Rhein-Erft-Kreis ist mit seinen Schlössern und Burgen, aber auch mit seinen Ausflugszielen in Natur und umliegende Großstädte, bekannter als man glaubt. Auch Städte wie Brühl, Erftstadt oder Kerpen sind aus unterschiedlichen Gründen weit über die Kreis- und Landesgrenzen hinaus bekannt. Ähnlich sieht es bei der angesiedelten Industrie aus. Die Werke beispielsweise von Shell und LyondellBasell in Wesseling sind gerade nach den Investitionen von Shell in die Wasserstoffproduktion weithin bekannt. Wenn ich jemanden den Kreis erklären müsste, würde ich wahrscheinlich eine Achterbahnfahrt im Phantasialand mit anschließendem Besuch des Max Ernst-Museums, ein Mittagessen auf der Go-Kart-Anlage von Michael Schumacher mit Verdauungsspaziergang um Schloss Paffendorf und ein gemütliches Abendessen in der Bedburger Innenstadt empfehlen.
Was wollen Sie als Abgeordneter in Berlin erreichen?
Als Bundestagsabgeordneter trage ich Mit-Verantwortung für unser ganzes Land. Mein Wahlkreis beziehungsweise einzelne Regionen hierin sind daher nicht der einzige Grund für mein politisches Engagement. Zumal viele Entscheidungen vom Kitaplatz über Polizeipräsenz bis hin zum Hochwasserschutz den jeweiligen Landesparlamenten beziehungsweise Kommunen obliegen und der Bundestag nur den großen Rahmen vorgibt. Ungeachtet der Zuständigkeiten möchte ich Sicherheit, geringere Steuern und Abgaben, Wirtschaftswachstum, Bürokratieabbau und eine funktionierende Infrastruktur. Diese Ziele gelten für ganz Deutschland und würden auch die Entwicklung im Rhein-Erft-Kreis voranbringen. Übertragen auf den Kreis wären die Phantasialand-Vergrößerung, der Wiederaufbau nach den Hochwasserschäden und die deutliche Verbesserung der Schutzmaßnahmen sowie die Umsetzung der Campuspläne der Technischen Hochschule Köln in Erftstadt positive Entwicklungen, die ich unterstützen möchte.
Wie würden Sie einen Nichtwähler davon überzeugen, sein Kreuz auf dem Stimmzettel zu machen?
Ich würde wahrscheinlich nach den Gründen fragen und daran erinnern, dass jede fehlende Stimme am Ende Positionen stärken könnte, die man selbst gar nicht befürwortet. Wer unser Land positiv mitgestalten möchte, muss sein Wahlrecht ausüben. Dabei lasse ich auch nicht Ausreden gelten, dass sich durch eine Wahl sowieso nichts ändern würde. Wenn wir uns anschauen, dass der Nichtwähler je nach Wahl mittlerweile teilweise bei über 50 Prozent liegt, dann kann ich nur festhalten, dass diese Prozentzahl absolute Mehrheiten sichern würde. Damit stünden der Gruppe der Nichtwählenden alle Gestaltungsmöglichkeiten offen. Eine Demokratie lebt vom Mitmachen. Wer die Mitwirkung aus welchen Gründen auch immer ablehnt, darf sich am Ende nicht beschweren.
Mit wie vielen Wählerinnen und Wählern haben Sie seit Beginn des Wahlkampfs Kontakt gehabt und wie viele werden es schätzungsweise bis zum 23. Februar sein?
Einige hundert werden es schon gewesen sein. Bis zum Wahltag rechne ich mit einer vierstelligen Anzahl direkter Kontakte. Ich spüre großes Interesse an der Entwicklung unseres Landes. Die Wahlkampfstände laufen zum Teil erst noch an, aber ich konnte auch schon bei vielen Veranstaltungen oder beim Einkauf und beim Wandern mit Wählerinnen und Wählern diskutieren. Dabei prallen mitunter unterschiedliche Vorstellungen und Forderungen aufeinander. Mit begründeter Kritik kann ich immer leben und versuche, Hintergründe für getroffene Entscheidungen zu erläutern. Mitunter kommt es dann zum Umdenken. Oder aber es bleibt bei unterschiedlichen Auffassungen. Das ist für mich dann auch ok. Wichtig ist mir, dass respektvoll miteinander umgegangen und niemand niedergeschrien wird. Diese Prinzipien würden auch einigen Abgeordneten im Bundestag gut tun.
Wer ist besser als Kanzler geeignet: Merz oder Scholz?
Olaf Scholz hat gezeigt, dass er nicht bereit ist, die richtigen Entscheidungen für unser Land zu treffen. Abseits geopolitischer Entwicklungen durch Ukraine, Pandemie und Co., hätte er die richtigen Hebel umlegen müssen, damit es Land, Menschen und Wirtschaft besser geht als vor seiner Wahl. Er hat aber weder beim Bürokratieabbau noch bei der Digitalisierung oder bei der (illegalen) Migration Durchsetzungsfähigkeit bewiesen. Gerade weniger Bürokratie wäre ein Konjunkturprogramm für die Wirtschaft gewesen und hätte die öffentliche Verwaltung massiv entlastet. Auch viele enttäuschte AfD-Wählende hätte man mit Erleichterungen zurückholen können. Bei Scholz wissen wir also, dass er es nicht kann. Friedrich Merz sollte daher die kommenden vier Jahre nutzen, um zu zeigen, dass er es – am liebsten in einer schwarz-gelben Koalition – besser macht.
Welchem Ihrer Mitbewerber würden Sie den Einzug ins Parlament gönnen und fachlich zutrauen?
Meine mögliche Vorabeinschätzung, wer fachlich etwas drauf hat und wem ich den Einzug gönne, wird letzten Endes von der Bewertung des politisch Erreichten abgelöst. Grundsätzlich habe ich meine demokratischen Mitbewerberinnen und Mitbewerber als engagiert erlebt. Die fachliche Eignung kann ich aus Treffen bei Diskussionsveranstaltungen oder den möglichen Verlautbarungen bei Social Media nicht bewerten. Wichtig ist mir, dass alle Gewählten einen objektiven Blick auf die Herausforderungen unseres Landes und die Sorgen der hier lebenden Menschen bewahren. Der Kopf sollte stets zum Denken und nicht nur zum Auswendiglernen von Parteiprogrammen und unterstützenden Meinungen genutzt werden. In diesem Sinne müssen nach der Wahl und der anschließenden Koalitionsbildung auch unangenehme Themen besprochen und zufriedenstellend geregelt werden.
Mit welchem Politiker würden Sie niemals ein Bier trinken gehen?
Da gibt es einige. Bezogen auf den Bundestag ist die gesamte AfD-Fraktion ein Totalausfall – sowohl menschlich als auch inhaltlich. Ähnlich verhält es sich mit den linken Russlandfreunden. Ansonsten gibt es wie im echten Leben auch in der Politik Menschen, die einem unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit sympathisch sind und andere, denen man am liebsten aus dem Weg geht. Beim Biertrinken und bei anderen Aktivitäten werde ich ungerne belehrt oder mit pauschalen Vorurteilen belegt. Insofern wäre Robert Habeck für mich kein guter Bierpartner. Ebenso wenig wie langweilige oder selbstverliebte Gesprächspartner, von denen es im politischen Berlin mehr als genug gibt. Sollte ich jemals in die Verlegenheit kommen, mit dem genannten Personenkreis einen Kneipenabend zu verbringen, steige ich wahrscheinlich sehr schnell von Bier auf Korn um.
Markus Herbrand wurde am 24. Februar 1971 in Schleiden geboren, er ist verheiratet. Abitur 1990; Ausbildung im gehobenen Dienst der Finanzverwaltung NRW; Tätigkeit als Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsassistent; seit 1999 freiberuflich tätig als Inhaber eines Steuerberatungsbüros. Eintritt in die FDP 2002; seit 2014 Bezirksvorsitzender FDP Aachen und Mitglied im Landesvorstand FDP NRW. Mitglied im Deutschen Bundestag seit September 2017; Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss. (jtü)