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Haus nach Flut unbewohnbarLiblarer ärgert sich über Hecken-Beschwerde von Nachbarn

Lesezeit 3 Minuten

Germann Scheer zeigt, wie hoch das Wasser in seinem Haus stand.

Erftstadt-Liblar – Im Dechant-Linden-Weg sieht es schwer nach Arbeit aus. In vielen Vorgärten sieht man Schutt statt blühender Frühlingsblumen, die Parkstreifen sind besetzt von den Kleintransportern der Handwerker. Einer verspricht Hilfe bei feuchten Wänden und Schimmel, bei anderen verweist die Beschriftung auf Trockenbau oder Malerarbeiten.

Die Sackgasse, die am Liblarer Mühlengraben endet, hat bei der Flutkatastrophe im Juli des vergangenen Jahres unter Wasser gestanden. Betroffen sind vor allem die Häuser auf der nordwestlichen Straßenseite.

Erftstadt-Liblar: Wohnräume unter Wasser

„Auf dieser Straßenseite liegen die Häuser rund 30 Zentimeter unter dem Straßenniveau“, erklärt Germann Scheer. Deshalb liefen dort nicht nur, wie auf der anderen Straßenseite, die Keller voll, sondern auch die Wohnräume im Erdgeschoss standen unter Wasser. Auch bei Germann Scheer.

Auch sein Haus ist – wie die der Nachbarn – sieben Monate nach dem Unglück immer noch nicht bewohnbar. Noch ist vieles zu tun, vieles zu organisieren. Und dann flatterte Germann Scheer ein Schreiben der Stadt ins Haus: Die Sträucher am Rande seines Vorgartens ragten auf den Gehweg, wurde dort bemängelt. Er müsse sie zurückschneiden.

Auch die Badewanne war bei der Flut vollgelaufen. Noch ist viel zu tun, um die Schäden zu beseitigen.

Die Tatsache, dass die Zweige rund 40 Zentimeter auf den Bürgersteig ragen, bestreitet der Liblarer nicht, es ist ja auch nicht zu übersehen. Dass daraus eine Gefahr für Fußgänger oder Radfahrer erwachse, sehe er jedoch nicht, sagt er. Dort stünden nach wie vor Container, mobile Toiletten, Wassertanks, Sperrmüll, Bauschilder, Absperrgitter, es lagere Baumaterial auf Gehweg und Straße. Scheer: „Ich sehe nicht, dass der Dechant-Linden-Weg derzeit zum Flanieren geeignet ist“, hält Scheer fest. Er werde den Kirschlorbeer und die Eibe stutzen, wenn sein Haus wieder bewohnbar sei. „Ich bitte um Verständnis, dass ich in der derzeitigen Situation nicht die Kraft habe, dies mit erster Priorität zu erledigen.“

Das sagt die Stadt Erftstadt zu der Beschwerde

Christian Kirchharz, Pressesprecher der Stadt, verweist darauf, dass sich ein Nachbar über die Sträucher beschwert habe. Scheer habe die erste Frist für den Rückschnitt – bis 21. Februar – verstreichen lassen. Jetzt gebe ihm die Verwaltung Zeit bis zum 13. März. Dann drohe ein Bußgeld.

Er habe derzeit keine Kraft, diesem Problem Priorität einzuräumen, sagt Germann Scheer, als er durch sein verwüstetes Haus führt. Wände, Böden, Möbel – das Hochwasser hat kaum etwas verschont. Immerhin ein Schrank aus massivem Kirschholz hat es überstanden.

Die Äste und Zweige des Kirschlorbeers und der Eibe ragen auf den Bürgersteig. Deswegen bekam Scheer Post von der Stadtverwaltung.

Der Hausbesitzer war vor der Welle geflohen, die am Morgen des 15. Juli über Erftstadt hereinbrach. Mit seinem Kleinwagen war er über den Bürgersteig gefahren, weil auf der Straße das Wasser schon zu hoch stand. Als er fünf Tage später zurückkommen konnte, fand er einen der Kois, die in seinem Gartenteich gelebt hatten, im Nachbargarten. Andere Fische überlebten in dem Wasser, das im Kellerabgang stand, trotz der Heizölschicht obendrauf. „Die waren schlau und haben sich ganz unten aufgehalten“, erklärt Scheer.

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Der Keller stand noch komplett unter Wasser. Mit Dankbarkeit denkt der Liblarer an die völlig fremden Helfer, die mit einer Tauchpumpe anrückten und die später anpackten, um das ruinierte Mobiliar auszuräumen. Derzeit wohnen Scheer und seine Lebensgefährtin bei seiner Tochter in Köttingen eher beengt. Wann er sein Haus wieder beziehen kann, vermag er noch nicht zu sagen.