Fachleute haben im Erftstädter Stadtrat über den Ablauf der Katastrophe und Sicherungsmaßnahmen gesprochen.
Noch immer gibt es nach der Flutkatastrophe keine klare Absage an den Kiesabbau.
Erftstadt – Auf die erhoffte klare Aussage warteten die Bürger vergebens. Keiner der Fachleute, die in der Sitzung des Erftstädter Rates über die Flutkatastrophe in Blessem und den Wiederaufbau dort sprachen, ließ sich auf das festnageln, was die Blessemer fordern: dass die Kiesgrube am Ortsrand nicht wieder in Betrieb geht.
Peter Dörne, Dezernent bei der Bezirksregierung Arnsberg, sagte zwar, dass derzeit an Kiesabbau dort nicht zu denken sei. Wenn aber vielleicht in zehn Jahren eine Genehmigung beantragt werde, laufe das übliche Beteiligungsverfahren an. Dörne: „Ich kann heute nicht sagen, welche Entscheidung dann getroffen wird.“
Flut in Blessem: Kiesgrube nahm 580.000 Kubikmeter Kies, Sand und Erde auf
Zunächst hatte sein Kollege Burkhard Lisiecki den zeitlichen Ablauf der Katastrophe skizziert, von dem Moment an, als am Abend des 15. Juli Wasser in den Tagebau geflossen war, über den Beginn der Erosion am südlichen Rand der Grube bis zum Durchbruch der Erft am 16. Juli. Bereits am 17. Juli sei eine Arbeitsgemeinschaft gegründet worden mit dem Rhein-Erft-Kreis, dem geologischen Dienst, dem Erftverband, den Bezirksregierungen Arnsberg und Köln und der Stadt Erftstadt, berichtete Dörne. Die Umwelt- und Wirtschaftsministerien hätten die Bezirksregierung Arnsberg als Bergbaubehörde mit der Koordinierung beauftragt.
Lisiecki machte das Ausmaß dessen, was in und an der Kiesgrube passiert ist, mit einigen Zahlen deutlich: Die Grube habe rund 580.000 Kubikmeter Kies, Sand und Erde aufgenommen, dazu mehrere Millionen Kubikmeter Wasser. Nach dem Erftdurchbruch seien mehr als 50 Kubikmeter pro Sekunde eingeströmt.
Erftstadt: So soll die Hochwassergefahr in Zukunft gebannt werden
Dr. Gero Vinzelberg (RWE) erklärte, wie die Hochwassergefahr künftig gebannt werden soll. RWE ist Mutterkonzern der Rheinischen Baustoff-Werke, die die Kiesgrube betreiben. Ein temporärer Hochwasserschutz soll das gefahrlose Arbeiten im Katastrophengebiet ermöglichen. Die Grube soll erosionssicher ausgebaut werden mit einer abgeflachten Westböschung. Zweieinhalb bis drei Jahre werde es dauern, bis das Loch soweit verfüllt ist, dass dort eine Sekundäraue entstehen kann: eine Fläche, die das Wasser aufnimmt, falls die Erft wieder über die Ufer tritt.
Zur Gefahrenabwehr gehöre es, den Kiesabbau zu beenden, argumentierte Gabriele Molitor (FDP). Kiesabbau sei derzeit aber ja überhaupt nicht möglich, antwortete Dörne, deshalb beschäftige er sich mit der Frage nicht: „Da ist ein großes Loch. Egal, ob Kies gewonnen wird oder nicht, das Loch ist da.“ Wichtig sei, dass so etwas wie im Juli nicht noch einmal passieren könne.
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Stephan Bremer (CDU) erinnerte an die Resolution gegen den Kiesabbau, die der Rat einstimmig verabschiedet hat. Und daran, dass die Betriebsgenehmigung für den Tagebau im April des kommenden Jahres ausläuft.
Dörne verwies darauf, dass es derzeit ausschließlich um Gefahrenabwehr gehe. Bei der Ursachenforschung sei die Bezirksregierung Arnsberg außen vor, weil die Staatsanwaltschaft ermittele.
Betroffene nutzten die Gelegenheit, die Fachleute zu fragen. Unter anderem nach dem Betonwerk an der Kiesgrube, das wieder arbeitet. Das unterliege nicht dem Bergrecht, deshalb sei Arnsberg nicht zuständig, sondern die Stadt, sagte Dörne. Es bestehe eine Genehmigung, deshalb werde dort wieder gearbeitet, beschied die Technische Beigeordnete Monika Hallstein. Gerd Schiffer, Beauftragter für den Wiederaufbau, erklärte, für die Produktion werde Kies angeliefert, keineswegs in der Grube gewonnen.