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Polizei räumt WaldgebietGroßeinsatz im Hambacher Forst im Minutenprotokoll

Lesezeit 6 Minuten
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Die Polizei beginnt mit den Räumungen.

Kerpen – Mit einem massiven Polizeiaufgebot haben Behörden begonnen, den jahrelang von Umweltschützern und Braunkohlegegnern besetzt gehaltenen Hambacher Forst zu räumen. Am Donnerstag holten Spezialkräfte die ersten Aktivisten aus den Baumhäusern und zerstörten einige der jahrelang geduldeten Bauten. Der Tag im Minutenprotokoll.

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7.25 Uhr: Was am Vorabend schon durchgesickert ist, bestätigt sich im Morgengrauen. Die Polizei rückt mit einem Großaufgebot am Hambacher Forst an. Dutzende Mannschaftswagen mit Landes- und Bundespolizisten parken auf der alten Landstraße 276, die durch den Rest des Waldes führt, auch Wasserwerfer und Räumpanzer beziehen dort Stellung. Ein paar Kilometer entfernt, am Ortsrand von Kerpen-Manheim, richtet die Feuerwehr Kerpen eine Sanitätsstelle ein. Grund für die Räumung ist allerdings nicht etwa die Kohle unter dem Wald, sondern der Brandschutz. Die Stadt Kerpen und der Kreis Düren, auf deren Gebiet der Hambacher Forst liegt, müssen eine Weisung aus dem NRW-Bauministerium unverzüglich umsetzen: Den Baumhäusern fehlten Geländer und Rettungswege. Den Bewohnern drohe Gefahr.

Alles zum Thema Ina Scharrenbach

8.40 Uhr: Ein Mitarbeiter der Stadt Kerpen fordert die Aktivisten in der „Dangerzone“, einem Vorposten am Eingang des Waldes, über Megafon auf, innerhalb von einer halben Stunde die beiden Baumhäuser zu verlassen. In der Zone stehen auch ein sogenannter Tripod und ein Monopod, ein dreibeiniges Bauwerk aus Baumstämmen und ein einzelner Baumstamm, auf deren Spitzen Aktivisten ausharren. Ein Baumbesetzer, der sich Freddy ruft von oben: „Vorige Woche habt ihr uns die Feuerlöscher weggenommen, und jetzt kommt ihr uns mit Brandschutz?“

Höhenretter der Polizei machen sich ein Bild von der Lage und versuchen zu klären, wie sie die Aktivisten gefahrlos von den Holzbauten holen können.

9.30 Uhr: Die Aktivisten haben das Ultimatum der Stadt Kerpen verstreichen lassen, die Polizei leistet deshalb Amtshilfe und beginnt mit der Räumung. Ein Bagger räumt eine Barrikade aus Baumstämmen von einem Waldweg. Ein Mobilkran mit Hebebühne rückt auf die Bauwerke vor, und die Polizei riegelt das Areal unter den besetzten Bäumen ab. „Haut ab!“, rufen die Aktivisten, die von Sympathisanten hinter der Absperrung unterstützt werden. Mehrere Geistliche aus beiden Konfessionen und junge Gemeindemitglieder aus Düren und Buir sitzen auf dem Weg zur „Dangerzone“ und lassen sich von der Polizei wegtragen. Immer wieder appellieren die Aktivisten an die Polizisten, den Befehl zu verweigern.

9.58 Uhr: Während von der Hebebühne aus der Weg durch Äste und Zweige zu den Aktivisten freigeschnitten wird, kritisiert Antje Grothus, Sprecherin der Initiative „Buirer für Buir“, Ministerien Ina Scharrenbach, die die Räumung angeordnet hatte und in der Regierung auch für Heimatfragen zuständig ist: „Wer den Weg frei macht für eine Zerstörung von Heimat und Natur, die für uns Bürger sehr wichtig ist, der verdient den Namen Heimatministerin nicht.“ Es sei traurig, welch massiver Schaden dem Wald durch das schwere Gerät zugefügt werde.

10.36 Uhr: Die Höhenretter nähern sich dem Monopod, einem senkrecht im Boden versenkten Pfahl, auf dessen Spitze in etwa zehn Metern Höhe ein Aktivist namens Freddy sitzt. Als Polizisten unter ihm ein luftgefülltes Sprungkissen aufstellen, flüchtet er über das Tripod in einen Baum und versteckt sich in 20 Metern Höhe.

10.40 Uhr: Eine Aktivistin löst sich aus der Menge hinter der Absperrung, rennt zu den Holzbauwerken und klammert sich an einem der Stämme des Dreibeins fest. Sofort werfen sie einige Polizisten auf den Boden und tragen sie weg.

10.54 Uhr: Ein Polizeisprecher teilt mit, dass von einem „mehrere Wochen andauernden Einsatz“ auszugehen ist. „Wir räumen nur bei Tageslicht.“ Eine private Sicherheitsfirma solle dabei helfen, einen Wiederaufbau von Barrikaden und Baumhäusern zu verhindern. Am ersten Tag sei allenfalls mit der Räumung der „Dangerzone“ zu rechnen.

11.45 Uhr: An Seilen ziehen Polizisten den Monopod zu Boden. Das erste Bauwerk ist damit weggeräumt. Der Aktivist, der sich an einen Baum gefesselt hat, lässt sich ohne Widerstand auf die Hebebühne ziehen und festnehmen.

12.34 Uhr: „Alerta! Alerta! Antifascista“, wird skandiert. Auch aus den Baumhaussiedlungen tiefer im Forst dringen Rufe bis zum Waldrand. Offenbar ist bekanntgeworden, dass ein AfD-Abgeordneter im Wald vor Ort Interviews gibt. Plötzlich rennen Vermummte in Tarnanzügen durch den Wald, wenigstens einer von ihnen hat einen Knüppel in der Hand. Ein Journalist wird bedroht, umstehende friedliche Umweltschützer versuchen, die Lage zu beruhigen und rufen: „Deeskalation!“

12.50 Uhr: Die Kletterer der Polizei haben die Aktivistin auf dem dreibeinigen Bauwerk erreicht, auch sie lässt sich ohne Widerstand festnehmen.

12.51 Uhr: Im tieferen Teil des Hambacher Forstes hallt aus der Richtung eines Baumhaus-Camps ein lauter Knall herüber. Woher dieser genau kam und was ihn ausgelöst hat, ist zunächst unklar. Ein großer Trupp Bundespolizisten macht sich auf dem Weg zum vermuteten Ursprungsortes des Knalls. Nach einigen Hundert Metern stoßen sie auf Vermummte in Tarnanzügen, die sofort tiefer in den Wald flüchten. Zu einem Zusammenstoß zwischen Polizei und Vermummten kommt es nicht. Später heißt es von Seiten der Aktivisten: Ein Feuerlöscher sei im Wald kontrolliert von der Polizei gesprengt worden.

13.05 Uhr: Die Einsatzkräfte beginnen nun auch mit der Räumung der Barrikaden auf der anderen Seite des Waldes. Wieder fordert ein Mitarbeiter der Stadt Kerpen die Baumbesetzer auf, ihre Behausungen innerhalb von einer Stunde zu räumen.

13.45 Uhr: Das letzte Podest in der „Dangerzone“ wird abgebaut, nun machen sich die Polizisten an die Demontage der beiden Baumhäuser.

Ein Aktivist hat sich an einem Baum festgebunden, die Polizisten müssen ihn umständlich befreien. Unterdessen rücken noch immer mehr Mannschaftswagen der Polizei in den Forst ein.

15.05 Uhr: Laut Polizei Aachen werden Beamte von Aktivisten aus dem Schutz des Waldes heraus mit Stahlkugeln aus Zwillen beschossen sowie mit Steinen beworfen. Die Polizei appelliert an die Anwesenden, friedlich zu bleiben. Der Abbau der Baumhäuser in der „Dangerzone“ geht derweil nur schleppend voran.

16.10 Uhr: Die Polizei holt drei Waldbesetzer aus den beiden Baumhäusern in der „Dangerzone“. Es gibt keine Anzeichen, dass heute weitere Räumungen bevorstehen.

16.42 Uhr: Die Polizei hat den Baumschützern im Hambacher Forst vorgeworfen, mindestens einen Polizisten leicht verletzt zu haben. Beamte und Autos der Einsatzkräfte hätten bei der begonnenen Räumung Steine und Molotow-Cocktails abbekommen, teilte die Polizei am Donnerstag mit. Beamte seien zudem mit Zwillen beschossen worden, hieß es. Zahlen der Baumbesetzer und Braunkohle-Gegner oder eine Stellungnahme zu den Vorwürfen lagen zunächst nicht vor.