Der Demonstrationszug hat sich pünktlich um 13 Uhr an diesem Sonntag am Kerpener Europagymnasium in Bewegung gesetzt.
Demonstration für Vielfalt und Demokratie2000 Menschen gingen in Kerpen auf die Straße
Stolz schritten die Organisatoren dem Demonstrationszug voraus: „Wir in Kerpen gemeinsam für Demokratie, Vielfalt und Menschlichkeit“, stand auf dem Banner, den sie deutlich und sichtbar vor sich hertrugen. Und es war fast so, als habe ganz Kerpen nur darauf gewartet: Endlich konnten die Menschen aufstehen und ihre Empörung über die menschenverachtenden und rassistischen Angriffe auf die Demokratie in Deutschland zum Ausdruck bringen.
Im ganzen Land, auch im Rhein-Erft-Kreis, waren spätestens nach Bekanntwerden der Correctiv-Recherchen über ein Geheimtreffen von AfD-Politikern und Rechtsextremisten, wo sogar über eine Remigration gesprochen wurde, besorgte Menschen in die Öffentlichkeit getreten, um Flagge zu zeigen. Viele Tausend Menschen bekannten sich bereits bei Demonstrationen in Brühl, Erftstadt, Hürth, Pulheim, Bedburg und Wesseling zu Freiheit, Toleranz und Demokratie. Am Sonntag zeigten mehr als 2000 Kerpener Flagge.
28 Institutionen hatten eingeladen
Eingeladen hatte das vor wenigen Wochen gegründete Bündnis „für Toleranz, Zusammenhalt und eine wehrhafte Demokratie“, dem sich insgesamt 28 Vereine, Organisationen, Kirchen und Glaubensgemeinschaften und alle demokratischen Parteien angeschlossen haben. Vom Europagymnasium zogen die Menschen kurz nach 13 Uhr in einem gewaltigen Demonstrationszug rund 1,2 Kilometer über die Straßen der Stadt zur Jahnhalle.
Alles zum Thema ADFC
- Gefahren für Radfahrer Aktionstag in Leverkusen: Reflektoren können Leben retten
- Verkehrsachse In Burscheid wird die Balkantrasse weiterhin nicht geräumt
- Stellplätze subventioniert In Siegburg eröffnet ein zweites Fahrradparkhaus
- Leverkusener Brücke Der neue Radweg ist schön breit, aber es gibt Kritik
- Innenstadt-Umbau Naturschützer wollen mehr Grün an Burscheids Montanusstraße
- Bundesweit auf Platz fünf Ist die Kalker Hauptstraße wirklich die gefährlichste Straße Kölns?
- Anwohner rufen zu Demo auf Wie die Luxemburger Straße nach Unfall mit Fünfjährigem sicherer werden soll
Das Publikum war international. Menschen mit und ohne Migrationshintergrund waren auf den Beinen. Auch ältere Bürger und sehr viele junge Menschen waren gekommen, viele sogar mit Kindern. Und alle standen sie zusammen – einvernehmlich in ihrer Meinung, dass es allerhöchste Zeit ist, diesem Rechtsruck im Land Paroli zu bieten. Nicht noch mal dürfe Deutschland in die dunkle, braune und finstere Zeit zurückfallen in der schon eine falsche Meinung mit dem Tod bestraft wurde.
„Die Demokratie ist nicht selbstverständlich“, betonten viele Demonstranten. Sie zu schützen und zu bewahren ist Bürgerpflicht. „Dass die Demokratie von der AfD in Frage gestellt wird, macht mir Angst“, sagte zum Beispiel Bettina Krause. Auch Georg Muthmann will mit seiner Teilnahme an der Demo ein Zeichen setzen: „Demokratie bedeutet für uns Freiheit, wir dürfen unsere Meinung äußern und ich wünsche, dass die Demokraten auch alle zur Wahl gehen, um die Demokratie zu wählen“, erklärte er.
Zum zweiten Mal in ihrem Leben Marianne Roeßing auf einer Demo
Zum ersten Mal in ihrem Leben hat Marianne Roeßing vor vier Wochen an der Demo gegen Rechts in Erftstadt teilgenommen, jetzt war sie nach Kerpen gekommen – zu der zweiten Demo in ihrem Leben. „Und ich finde es ganz wichtig“, betonte sie. Sie wünsche sich, dass die Menschen aufwachen und erkennen, dass Demokratie nicht selbstverständlich ist.
„Dafür müssen wir alle etwas tun“, erklärte sie. „Alle Menschen sind gleich“, hatte Anton auf seinem Plakat zum Ausdruck gebracht, nicht in Worten, sondern in einem Bild, dass er mit seiner Oma Gisela gemalt hatte. Zu sehen sind lachende Gesichter von Menschen mit ganz verschiedenen Hautfarben. „Alle Menschen sind gleich“, erklärte Antons Mutter Frauke Schäfer. Gekommen seien sie aber auch, weil es ihnen eine richtige Herzensangelegen war, dass auch in ihrer Heimat Kerpen eine Demo gegen Rechts und für Demokratie und Menschlichkeit stattfand.
Die Vielfalt der Plakate war groß
Die Vielfalt der Plakate war beeindruckend. Stolz hielten es die jeweiligen Autoren und Gestalter in die Höhe. „Wer in der Demokratie schläft, wird in der Diktatur wach“, hatte Marianne Bröhl auf ihr Schild geschrieben. „Ich bin hier, damit die andere Seite deutlich sieht, dass wir mit ihren Vorgehensweisen nicht einverstanden sind“, erklärt sie. Auf anderen Plakaten standen Sprüche wie: „Menschenrechte statt rechte Menschen“ und „Kein Bier für Nazis“.
Annika Maus hatte geschrieben: „In unseren Geschichtsbüchern ist kein Platz für Wiederholungen.“ Die bunte Vielfalt brachte Hans-Adam Becker mit dem Satz: „Im Regenbogen gibt es kein Braun“ auf den Punkt, und Gerlinde Belta ließ alle wissen: „Jetzt können wir das herausfinden, was wir an Stelle unserer Großeltern getan hätten.“
„Wir müssen den Anfängen wehren“, gab sie sich selber bereits die Antwort. „Unsere Demokratie ist leider keine Selbstverständlichkeit und die Sorge um sie ist spürbar“, erklärte von der Bühne auf dem Schützenplatz stehend Michaela Sulger. Die Demokratie schützen Zusammen mit Barbara Kremer, Karina und Michael Dierks und Anja Georg hatte sie die Demonstration auf die Beine gestellt. In ihrer Ansprache betonte Sulger auch: „Unsere Demokratie ist wehrhaft, und wir sind bereit, sie zu schützen.“
Das unterstrich später Bürgermeister Dieter Spürck, der als Vertreter der Politik zu den Kerpenern sprach. Es sehe es sogar als eine gemeinsame Daueraufgabe, die Demokratie gegen feindliche Kräfte zu verteidigen. „Wir müssen aufstehen und laut bleiben und den Antidemokraten keinen Raum geben“, beschwor er das Publikum. Insgesamt ließen die Organisatoren neun Rednerinnen und Redner aus der Zivilgesellschaft von Kirchen und Vereinen zu Wort kommen.
Und sie alle griffen an ganz unterschiedlichen Beispielen in ihren Ansprachen das Thema Demokratie auf und plädierten für Menschlichkeit und Vielfalt. Erfreut waren die Gastgeber, Mitglieder der Vereine ADFC, hab8cht und dem Verein Vielfalt der Kulturen in Kerpen über die enorme Resonanz. Angemeldet waren 300, gekommen waren laut Polizei etwa 2000 Menschen. Sie alle lud Spürck für den 21. März ein, wenn auf dem Platz hinter dem Rathaus der Tag gegen Rassismus begangen wird.