AboAbonnieren

Informationsveranstaltung und Proteste in KerpenViele Fragen zur Zukunft des Tagebaus

Lesezeit 3 Minuten

Vor der Tür der Erfthalle in Türnich demonstrierten rund 80 Braunkohle- und Umsiedlungsgegner gegen die Leitplanung.

Kerpen/Rhein-Erft-Kreis – Was wird aus dem Revier nach dem Kohleausstieg? In einer Leitentscheidung will das Land NRW die Rahmenbedingungen festschreiben, nach Maßgabe der Kohlekommission und des Kohleausstiegs- und Strukturförderungsgesetzes. Über den Entwurf für eine solche Leitentscheidung konnten sich die Bürger bei einer Veranstaltung in Kerpen informieren.

Bevor die etwa 50 Besucher und die sechs Podiumsteilnehmer sich mit den Inhalten auseinandersetzen konnten, mussten sie vorbei an etwa 80 Braunkohlen-Gegener aus dem Umfeld von „Alle Dörfer bleiben“ und der „IG Alt-Morschenich lebt“, die unter polizeilicher Beobachtung ihre Sicht der Dinge vor der Türnicher Erfthalle mit Transparenten, Liedern und dem Ruf „Hopp, hopp hopp, Kohlenstopp!“ kund taten.

Rettung des Weltklimas

In der Halle blieben einige der rund 70 Stühle leer. „Wir müssen Wege und Lösungen finden, mit denen alle leben können“, sagte Kerpens Bürgermeister Dieter Spürck. „Es geht um nichts geringeren als die Rettung des Weltklimas“, betonte NRW-Staatssekretär Christoph Dammermann die Ausgangslage für den Kohleausstieg.

Michael Eyll-Vetter, Rainer Deppe, Andreas Heller, Antje Grothus, Moderator Oliver Märker (v.l.) und am Pult Christoph Dammermann.

Was wird aus den Flächen, wenn der Tagebau beendet ist? Für die künftige Nutzung sind schon viele Wünsche angemeldet worden. Dammermann gab zu bedenken, dass die Fläche das einzige sei, „das wir nicht vermehren können“. Daher sei der Planungsdialog „spannend und mit Kompromissen behaftet für eine erfolgreiche Zukunft“.

Antje Grothus von der Initiative Buirer für Buir und Mitglied der Kohlekommission beklagte, dass der Geist der Kommission an vielen Stellen verletzt worden sei und hält den nun vorliegenden Entwurf für keinen guten Kompromiss. So fehle die Fläche von rund 1000 Hektar, die unter und um Manheim zur Verfüllung des Tagebaus abgegraben und als Manheimer Bucht befüllt werden soll, für eine Nachnutzung. Der vorgesehene Abstand von 50 Metern zum Hambacher Restwald sei zu gering, die Kiesplanung sei zurückzuweisen. Für Morschenich forderte Grothus ein „Moratorium mit Bleibe- und Rückkaufgarantie“.

Etwa 50 Teilnehmer waren zur Bürgerbeteiligung in die mit Corona-Abständen bestuhlte Erfthalle gekommen.

Elsdorfs Bürgermeister Andreas Heller beklagte, dass Elsdorf „wertvoller Platz“ genommen werde, wenn das Tagebaugelände mit viel Wasser und wenig Land neu gestaltet werde. Rainer Deppe, Vorsitzender des Regionalrats, der aus der Leitentscheidung konkrete Flächenplanungen entwickeln muss, lobte, dass es mehr Fläche zur Nutzung durch die Gesellschaft geben werde.

RWE-Power-Tagebauplaner Michael Eyll-Vetter begrüßte, dass trotz „erheblichem verbleibenden Diskussionsbedarfs eine verlässliche Marke für unsere Mitarbeiter“ erkennbar werde. Er gab zu bedenken, dass eine Befüllung des Tagebaus Hamach nicht 40, sondern eher 60 Jahre dauern dürfte.

Etikett „Utopie“

Dirk Jansen (BUND) forderte, den „Raubbau an Böden endgültig zu beenden“. Er riet, wie Grothus, nicht bis hinter Manheim weiter zu baggern. Nur so könne ein zusammenhängender Wald bis zur Steinheide entstehen und die Klimaschutzziele erreicht werden.

Die Bürger konnten ihre Einwände und Vorschläge an Stellwände pinnen, machten davon aber recht spärlich Gebrauch. Online beteiligten sich 90 Personen an der Diskussion. Gefordert wurde die „Erfüllung aller Rechte und Pflichten durch RWE Power“, dem Restsee wurde das Etikett „Utopie“ verpasst und dem Ausbaggern der Manheimer Bucht das Prädikat „inakzeptabel“. Auch weiterer Kiesabbau wurde mehrfach abgelehnt.

Das könnte Sie auch interessieren:

Im Internet hat die Landesregierung ein Online-Forum eingerichtet, in dem jeder Vorschläge und Einwände vorbringen kann. „Jeder Hinweis wird abgewogen“, sicherte Dammermann zu. Die Plattform bleibt bis 1. Dezember geöffnet. Im Frühjahr wird der Entwurf samt der Bürger-Einwendungen im Landtag beraten.