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Waldspaziergang am Hambacher Forst„Bäume sind keine Diener für uns“

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Waldspaziergang

Fünf Meter hohe "Ents", das sind Waldführer aus Tolkiens Klassiker "Herr der Ringe", wurden von einem Stelzenläufer und zwei Puppenspielern bedient

Kerpen-Buir – Unglaublich viel Zulauf bekam der Waldspaziergang am Hambacher Forst. Waldführer Michael Zobel sagte: "Wir sind über 10.000 Menschen." Riesenjubel brach los. Polizeipressesprecher Andreas Müller wollte Zahlen am späten Nachmittag noch nicht bestätigen.

Fünf Meter hohe "Ents", das sind Waldführer aus Tolkiens Klassiker "Herr der Ringe", wurden von einem Stelzenläufer und zwei Puppenspielern bedient. Davor wiegte sich eine Waldelfe verführerisch mit ihrem Tambourin zu den Klängen eines Querflötenspielers. Die Bahn habe Sonderzüge eingesetzt, freute sich Andreas Büttgen von den Buirern für Buir, deshalb waren die vielen Tausend friedlichen Demonstranten pünktlich gegen Mittag am Kieswerk vor dem Wald.

Es wurde gesungen, eine phantastische Brassband unterhielt die Besucherströme aus Morschenich und Buir am Zusammenschluss vor dem Wald mit Blechbläsermusik. Ein Dudelsackpfeifer bahnte sich den Weg.

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Förster und Bestsellerautor Peter Wohlleben aus Bonn sprach zu den Tausenden: "Bäume sind keine Diener für uns, sondern eigenständige Lebewesen - und zwar die größten Landlebewesen, die jemals gelebt haben. Es gibt viel zu wenige Waldhüter wie die Ents aus Herr der Ringe. Wir müssen die Bäume beschützen, denn wer den Hambacher Forst beschützt, der beschützt auch die Menschen.

Während des Spazierganges sagte Wohlleben zu dieser Zeitung auf die Frage, ob der Wald eigentlich nicht mehr zu retten sei, wie RWE behauptet: "Unter dem Wald wurde das Grundwasser einen halben Kilometer tief abgesenkt, dazu hatten wir einen trockenen Jahrhundertsommer und trotzdem sieht der Hambacher Wald gut aus. Er hält das aus. Die Böschung kann man ja wieder aufkippen, dann rutscht sie nicht ab. Wir sollten in Ruhe abwarten. Diese Hast von RWE ist verräterisch."

Der Grüne Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter, diskutierte mit Familien. Eine Vater aus Belgien war dabei und schüttelte Antje Grothus von den Buirern für Buir herzlich die Hand: "Es ist wichtig, was Sie in der Kohlekommission machen, auch für uns Menschen im Grenzgebiet." Ordnerbinden mussten auf die Schnelle noch hergestellt werden, damit der Waldspaziergang auch den Gesetzen entsprach. Es fanden sich genug, doch viel aufzupassen hatten sie nicht, denn der kilometerlange Zug der Familien, Musikanten, Verkleideten und zivilen Bürger setzte sich langsam in Gang und machte sich auf den Weg Richtung alte Autobahnauffahrt und anschließend durch den Wald ins ehemalige Oaktown. Auch der inzwischen "geräumte" österreichische Baumhausbewohner Clumsy, der seit über sechs Jahren im Wald lebt, nahm an dem Spaziergang teil.

Am Wegesrand wurde Geld gesammelt für ein neues Bündnismobil, das Vorgängermodell war ein Opfer einer Brandstiftung geworden vor einigen Wochen.

Polizeihubschrauber kreiste über den Spaziergängern

Ein Polizeihubschrauber kreiste über den Spaziergängern. Weil die Polizei den Wald zuletzt doch für zugänglich erklärt hatte, nahmen viele Besucher, die schon an zahlreichen Waldführungen teilgenommen hatte, direkten Kurs auf das Waldesinnere und schauten sich nach einer Kontrolle durch die Polizei die Orte der ehemaligen Baumhaussiedlungen zwischen den Baumriesen an. Die anderen bemühten sich, trotz der Menge auf den vorgeschriebenen Wegen zu bleiben.

"Klima-Anlage Wald" stand auf einem der zahlreichen Transparente und Plakatschilder. Zobel kritisierte die Rodungen und den Kohleabbau: "Wir müssen diesem Irrweg ein Ende machen." BUND-Landesgeschäftsleiter Dirk Jansen freute sich: "Oma, Opa, Kind und Kegel sind hier. Das zeigt doch, das der Klimaschutz, das Retten unserer natürlichen Lebensgrundlagen mittlerweile eine Bürgerbewegung geworden ist und nicht nur von "linken Spinnern" betrieben wird." Antje Grothus, Mitglied der Kohlekommission, lobte alle friedlichen Protestanten: "Wir wurden verunsichert, dass G-20-Chaoten unsere Dörfer verwüsten, nichts davon ist geschehen. Ich danke allen, die besonnen geblieben sind." Polizeisprecher Müller lobte auch: "Alles friedlich, völlig problemlos, keine Vorfälle."