Vor Jahren stand die Bücherei vor dem Aus, doch die Stommelnerinnen und Stommelner wehrten sich vehement gegen die drohende Schließung.
JubiläumStommeln feierte den 50. Geburtstag der Öffentlichen Bücherei
Die Feier zum 50. Geburtstag hallt noch nach. Noch Tage nach dem Fest schauen Stommelnerinnen und Stommelner in der Öffentlichen Bücherei St. Martinus Stommeln vorbei, um dem Team zu sagen, wie sehr ihnen das Fest am vergangenen Samstag gefallen hat. „Wir haben so viele positive Rückmeldungen bekommen, dass es eine Freude ist“, verriet Margret Berntz vom ehrenamtlichen Büchereiteam.
Auch Luise Clemens vom Förderverein der Bücherei schwärmt von der „durchweg sehr positiven, supertollen Stimmung den ganzen Tag über“. Rund 300 bis 400 Leute seien auf dem Fest rund um die Bücherei an der Hauptstraße 55 gewesen, das die Samba Müüss und der Chor der Christinaschule eröffnet hatten.
Pulheim: Podcast mit vielen Anekdoten
Auch beim Festakt in der benachbarten Pfarrkirche St. Martinus seien 200 Gäste dabei gewesen, schätzt die Stommelnerin. Über Wochen hatten sich bis zu zehn Leute getroffen, um das Programm für die Feier zum runden Geburtstag auszutüfteln. In dem Gotteshaus war neben dem Chor der Papst-Johannes-XXIII-Schule und anderen Beiträgen auch ein Podcast mit dem Titel „Die Bücherei in Stommeln und meine Mutter“ zu hören.
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Darin schildert Maria Schenk in zahlreichen Anekdoten, was sich so alles in der Bücherei ereignet hat. Sie und ihre drei Geschwister haben dort viel Zeit verbracht, haben bei der Ausleihe, der Rückgabe und beim Sortieren der Bücher geholfen. Denn ihre Mutter, die im Dezember 2011 verstorbene Hadmut Gerard, war nach dem Umzug aus einem Raum in der heutigen Kita Mariengarten an die Hauptstraße 55 die erste Leiterin der Bücherei.
20 Jahre später „kam ich“, so Bibliothekarin Anette Göhler. Hadmut Gerard, die eine halbe Stelle hatte, und ihr kleines Team haben vieles vorbereitet, was wir fortgeführt haben, verriet Anette Göhler bei einem Treffen in der Bücherei. Dazu zählen beispielsweise die Lesungen mit den Viertklässlern im Mühlenort, in leicht abgewandelter Form.
„Wir nehmen heute Autoren dazu, sie lesen immer aus einem ihrer Bücher. Die Kinder sollen ja Schriftsteller kennenlernen“. Wie eh und je im Repertoire ist das Li-La-Lesemaus-Lied der Stommelner Kinderbuchautorin Christa Wißkirchen. „Wir singen es jedes Jahr mit den Vorschulkindern, die ihren Bibliotheksführerschein machen, pro Jahr sind es rund 100“, verrät Anette Göhler (60).
Gut erinnert sie sich an ihre Anfangszeit. Zwölf Stunden war die Bücherei geöffnet, verteilt auf vier Nachmittage. Zwei Mädchen, Giusi und Maria, damals acht und zehn Jahre alt, hätten die Ausleihzettel gestempelt. Im Laufe der Jahre veränderte sich das Angebot, aus Anette Göhlers halber Stelle wurde eine volle mit 39 Stunden. Inzwischen sind es 35 Stunden, vier hat Anne Siebertz übernommen, die seit 2021 die Öffentlichkeitsarbeit verantwortet.
„2004 hat der Computer Einzug gehalten. Wir hatten den ersten öffentlichen PC-Arbeitsplatz im Ort. Ich weiß nicht, wie viele Bewerbungen hier geschrieben wurden.“ Voll der Knüller sei die Bücherei gewesen, als sie an einem Videoprojekt teilgenommen und Videos ins Sortiment genommen habe. Kassetten seien CDs gewichen, „jetzt sind Tonies der Renner und Kamishibais (japanische Papiertheater, die Red.)“.
Pulheim: Ehrenamtler - eine große Stütze
Nach und nach baute das Team um Anette Göhler und die rund 20 Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler, „sie sind eine große Stütze“, das Veranstaltungsangebot aus. Vieles finde in Kooperation mit dem Familienzentrum Mariengarten statt. Seit 2013 findet alle zwei Jahre die „Lit Stommeln“ statt. Kitas, Schulen, das Familienzentrum, die Musikschule und die Bücherei „ziehen an einem Strangund stellen eine Woche rund um das Wort auf die Beine“, so Anette Göhler.
„Brenzlig“ wurde es im Sommer 2021. „Das Erzbistum wollte die Gehälter nicht mehr zahlen. Die Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler hätten die Bücherei übernehmen sollen“, erinnert sich die hauptamtliche Leiterin Anette Göhler. Das wäre das Aus für die Bücherei gewesen. „Die Aufgabe wäre zu groß für Ehrenamtler.“ Stommeln wehrte sich vehement gegen die drohende Schließung. „Wir haben immer gesagt, ein Dorf steht auf, weil wir es den Menschen wert waren.“
Wie es weiter geht, wird sich zeigen. „Das bisher gültige Finanzierungsmodell – vertraglich geregelt zwischen Erzbistum Köln, Stadt Pulheim und Pfarrgemeinde St. Martinus - läuft Ende 2026 aus, Kündigungsfrist ist der 31. Dezember 2025. Im kommenden Jahr wird sich also entscheiden, auf welchem Weg die Öffentliche Bücherei St. Martinus Stommeln in die Zukunft geht“, so Monika van Bonn vom Kirchenvorstand St. Martinus.
Nach wie vor ist die Bücherei ein beliebter Treffpunkt im Mühlenort. „Die Atmosphäre ist gut, man kann bei uns Bücher ausleihen, Gespräche, es gibt Veranstaltungen, also all das, wofür wir jetzt vom Ministerium ausgewählt wurden“, so Anette Göhler. Im Januar hat der Förderverein im Wettbewerb „Dritte Orte – Häuser der Begegnung und Kultur im ländlichen Raum“ des Landes NRW den Zuschlag für den Förderpreis bekommen. 28 Projekte hatte eine Jury ausgewählt, darunter sind auch zwei Bibliotheken. Eine davon ist die Öffentliche Bücherei St. Martinus Stommeln.