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StrukturwandelKulturelles Erbe soll beim Kohleausstieg im Revier nicht auf der Strecke bleiben

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Was aus dem nahezu verwaisten Morschenich werden kann, soll die Projektwoche musterhaft für die ganze Region aufzeigen.

Was aus dem nahezu verwaisten Morschenich werden kann, soll die Projektwoche musterhaft für die ganze Region aufzeigen.

Was kommt nach der Kohle? Was kann jeder einzelne dazu beitragen? Diesen und anderen Fragen gehen die Uni Aachen und die Neuland Hambach nach.

Wie soll oder muss das Revier sich wandeln, während die Ära der Kohle zu Ende geht? Dieser Frage will eine Projektwoche mit dem Titel „tu! - Temporäre Universität Hambach“ nachgehen, die die RWTH Aachen in Kooperation mit der Neuland Hambach von Samstag, 17., bis Samstag, 24. Juni, in und um Merzenich-Morschenich veranstaltet.

In 56 Veranstaltungen, von Bürgerwerkstätten und Studierendenseminaren vor Ort über Vorträge, Ausstellungen und Diskussionsrunden bis hin zu Ideensammlungen und Exkursionen soll es konkreter werden als bislang.

Die Kreativität junger Menschen ist gefordert

Agnes Förster, Professorin an der RWTH und dort für die Transformationsplattform Reviera verantwortlich, beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Thema, das nicht erst seit dem vorzeitigen Kohleausstieg jetzt endlich Fahrt aufnehmen soll. „Wir wollen viel zuhören und eine ganz andere Form von Universität anbieten“, erläutert Förster. Studierende, Lehrende, Kommunen und vor Ort Betroffene „sollen voneinander lernen und sich produktiv vernetzen“, ist ihre Zielvorstellung.

„Es gibt noch viel Luft nach oben“, betont Merzenichs Bürgermeister Georg Gelhausen (CDU). „Der Wandel ist nicht 08/15. Da ist die Kreativität junger Menschen gefordert. Das ist eine tolle Chance“. Gelhausen nennt die Themen Nachhaltigkeit, Energie, Wasser und Zusammenhalt als Eckpfeiler der Entwicklung am Beispiel Morschenich, für das zunächst der Niedergang geplant war, das jetzt aber zum Zukunftsort aufsteigen kann.

Wie die Wende der Ressourcen in Energie und Landwirtschaft gelingen soll

Gelhausen kündigte zudem an, dass die vor vier Jahren bereits entwidmete Kirche, die im April in Flammen aufgegangen war, wieder aufgebaut wird „als Landmarke und als wichtiger Gedenkort für die Menschen“. Auch zu diesem Thema gibt es einen Bürgerworkshop (Sonntag, 18. Juni, 14 Uhr) zum Einsammeln von Ideen für die Nutzung, ebenso wie für Mobilität und Infrastruktur.

Antworten auf die Fragen der Ressourcenwende in Energie und Landwirtschaft will Anke Krüger von der Forschungszentrum Jülich mit den Teilnehmenden erarbeiten. „Wir müssen die themenbezogenen Akteure zusammenbringen und die Öffentlichkeit mitnehmen“, ist ihr Leitmotiv. Dabei verweist sie auf die Agro-Photovoltaik-Anlage vor dem Ort Morschenich, die mit cleverer Doppelnutzung der Ressource Boden punktet.

Die Projektwoche stellten Georg Gelhausen, Agnes Förster, Bianca Hohn, Isabel Maria Finkenberger, Anke Krüger und Kerstin Schierhold in der ehemaligen Morschenicher Kita vor.

Die Projektwoche stellten (v.l.) Georg Gelhausen, Agnes Förster, Bianca Hohn, Isabel Maria Finkenberger, Anke Krüger und Kerstin Schierhold in der ehemaligen Morschenicher Kita vor.

Kerstin Schierhold vom ebenfalls beteiligten Landschaftsverband Rheinland (LVR) legt Wert darauf, dass „das kulturelle Erbe der Region als Basis mit vielen Blickwinkeln mitgenommen wird“. In der fernen Vergangenheit habe die Menschheit „stets mit Umbrüchen leben müssen“. Sie will mit den Menschen der Region in einer Werkstatt Erinnerungsgeschichten sammeln und zu einer „wachsenden Ausstellung“ werden lassen.

Zentrum der Projektwoche ist die ehemalige Morschenicher Kita, Ellener Straße 26. Dort finden sich auch an allen Tagen ein Gastgarten und eine Wandel-Bar. Eine Schnippel-Disco (Mittwoch, 21. Juni, 10 Uhr), in der bei Essenszubereitung über Recycling sinniert wird, gehört ebenso zur „tu!“, wie eine informative Fahrrad-Exkursion entlang der Tagebaukante vor Elsdorf mit Besuch der dortigen Strukturwandel-Hotspots (Freitag, 23. Juni, 13 Uhr ab Forum Terra Nova).

Bianca Hohn (Neuland) stellte in Aussicht, dass die Projektwoche „viele Impulse liefert und dauerhaft für die Zukunft etabliert wird“. „Wir mussten für den Ort erst mal fünf Jahre Abstand gewinnen. Jetzt heißt es Ärmel hochkrempeln und zügig loslegen“, ermunterte Gelhausen. „Wir müssen die universitäre Flughöhe verlasen und vor Ort Pioniere des Wandels ausbilden“, setzte Finkenberger als weiteren Akzent hinzu. Das vollständige Programm mit, Zeiten, Orten und Akteuren findet sich im Internet.