Wegen des Hambacher Forsts wird der Ort Manheim seit 2012 nach und nach umgesiedelt.
Mittlerweile sind im alten Dort nur noch 20 Anwesen bewohnt.
Warum sich die Anwohner in ihrer neuen Heimat so wohl fühlen und was in Manheim-neu noch fehlt.
Kerpen-Manheim – Willi Lambertz fällt wenig auf die Frage ein, was bei der Umsiedlung von Manheim hätte besser laufen können: In der Straße An den Obstwiesen wurden statt Obstbäumen lediglich Laubbäume ohne Obst gesetzt. Das sei nicht gut gewesen. Auch hätte man das Ehrenmal für die Gefallenen des Weltkrieges, das aus dem alten Dorf mitgenommen worden ist, besser auf einen Sockel statt ebenerdig gestellt.
Das war es aber auch schon: Ansonsten spricht der Vorsitzende des Manheimer Bürgerbeirates bei einem Rundgang durch den Ort von einer gelungen Umsiedlung, die im Rekordtempo fast schon abgeschlossen ist.
Noch 20 Anwesen in Manheim-alt sind bewohnt
Brigitte Fischenich, die bei der Stadt für die Umsiedlung zuständig ist, führt durch die Straßen. Im April 2012 war mit der Umsiedlung begonnen worden. Nun, rund siebeneinhalb Jahre später, ist das neue Dorf fast schon komplett. 1200 Menschen leben dort. Nur noch rund 20 Anwesen in Manheim-alt sind noch bewohnt, sagt Michael Hennemann, der bei RWE für den Bereich Liegenschaften zuständig ist . „Nur 14 davon haben noch nicht an uns verkauft.“ RWE zahlt den Umsiedlern für ihre Immobilien Entschädigungen.
Rund 1700 Einwohner hatte das alte Manheim. Wegen des Tagebaus Hambach wird das Dorf seit 2012 umgesiedelt. Damals glaubte man noch, der Tagebau werde bis an die Eisenbahnlinie Köln-Aachen erweitert und Manheim liege so innerhalb der Abbaugrenzen. Mittlerweile ist dies nicht mehr sicher. Nachdem die Kohlekommission der Bundesregierung eine Reduzierung der Kohleverstromung beschlossen hat, könnte der Tagebau Hambach noch vor Manheim-alt gestoppt werden. Dennoch schreitet der Abriss des alten Dorfes fort. Michael Hennemann (RWE) erklärt dies so: Die Beschlüsse der Kohlekommission hätten noch keine Rechtskraft. (wm)
Auch die Stadt Kerpen bekam von dem Bergbauunternehmen rund 8,2 Millionen Euro für die öffentliche Infrastruktur, die am neuen Ort ersetzt werden musste: Damit konnten unter anderem das neue Bürgerhaus, die Friedhofshalle und ein neuer Kindergarten gebaut werden. Ganz ist die Stadt mit dem Geld nicht ausgekommen: So muss sie für ein neues Feuerwehrgerätehaus wahrscheinlich Geld dazu tun. Das Gebäude werde aber auf jeden Fall kommen, verspricht Bürgermeister Dieter Spürck.
Ein großer Beitrag für den Klimaschutz
An die alte Heimat wird im neuen Dorf an vielen Stellen erinnert: Wegekreuze, das Gefallenendenkmal und sogar eine ganze Kapelle waren im alten Dorf abgebaut und nach Manheim-neu mitgenommen worden. Bei aller Wehmut über den Verlust der alten Heimat nutzten die Menschen nun die Chancen, die der neue Ort biete, sagt Ortsvorsteherin Lonie Lambertz (CDU) , die mit Wilhelm Lambertz verschwägert ist. „Es gibt hier im Ort keine einzige Ölheizung mehr“, erzählt sie. Viele Umsiedler hätten sich Wärmepumpen oder andere moderne Technik in ihre gut gedämmten Häuser einbauen lassen. „Das ist ein großer Beitrag für den Umweltschutz.“
Auch dass die Vorgärten im neuen Ort , wie in vielen Neubaugebieten, oft mit Schottersteinen versiegelt sind, will Wilhelm Lambertz nicht als Kritikpunkt gelten lassen: „Das relativiert sich. Wir haben hier in Manheim-neu im Durchschnitt mit 500 Quadratmetern vergleichsweise große Gärten. Deshalb ist bei uns im Dorf der Grünanteil höher als in anderen Neubaugebieten.“
Beim Durchgang durch den Ort finden sich auch im Straßenbild bunte Blumenbeete. Der Ortsrand ist im Westen komplett eingrünt, durch den Ort ziehen sich autofreie Fuß- und Radwege.
Das Pfarrzentrum wird erst noch gebaut
Nicht nur die Funktionäre, Politiker und RWE-Vertreter loben das Umsiedlungsdorf. Auch Marian und Birgit Pintoiu sind mit ihrer neuen Heimat zufrieden. Sieben Jahre lang haben sie in Manheim-alt gewohnt, dann wurden sie umgesiedelt. „Für uns ist es besser hier, schön ruhig und alles neu“, erzählen sie. Es könne aber sein, dass dies bei „Ur-Manheimern“, die im alten Ort aufgewachsen sind, anders aussehe.
Das Pfarrzentrum kommt noch. Baubeginn soll dieses Jahr sein. Dann gibt es einen Treffpunkt mehr im Ort. Schon jetzt erfüllt der Gartenbauverein , der sich mit seinem Vereinsheim an der K 17 angesiedelt hat, das Bedürfnis nach Geselligkeit: Jeden Freitag lädt er zum gemütlichen Zusammensein ein, einmal im Monat gibt es Reibekuchen. Bis zu 60 Besucher kommen regelmäßig.
Eine Gaststätte fehlt noch im Ort
Eine Gaststätte im Ort – eine Art Dorfkneipe, eine Pizzeria oder ein Café – würde die Umsiedlung krönen: Doch das ist für ein kleines Dorf schwierig zu realisieren. Auch in den anderen Orten in der Umgebung machen sich Gaststätten rar. „Das muss sich für den Betreiber rechnen“, erläutert Spürck. Immerhin: Ein Grundstück, auf dem sich eine Gaststätte ansiedeln könnte, gibt es schon. Am Kreisel an der K 17, gegenüber dem Bürgerhaus. Wilhelm Lambertz: „Der Standort wäre ideal.“