Rhein-Erft-Kreis – Drei neue Abgeordnete aus dem Rhein-Erft-Kreis werden in den kommenden fünf Jahren in Düsseldorf im Landtag sitzen. Damit machen jetzt fünf Politiker in der Landeshauptstadt Politik für die Menschen im Rhein-Erft-Kreis.
Antje Grothus ist erst seit einem Jahr Mitglied der Grünen
Antje Grothus hat den Wahlabend auf der Wahlparty der Landesgrünen am Düsseldorfer Rheinufer verbracht, wo – nicht nur wegen des Wetters – eine „tolle Stimmung“ geherrscht habe.
Auf der Fahrt nach Düsseldorf hatte die frisch gekürte Landtagsabgeordnete der Grünen, die erst seit rund einem Jahr Parteimitglied ist, noch einen Abstecher an den Tagebau Garzweiler gemacht, wo das Bündnis „Kirche im Dorf lassen“ mittags einen Gottesdienst an der Tagebaukante feierte.
Mit ihrem persönlichen Wahlergebnis (18,4 Prozent der Erststimmen) und das der Grünen insgesamt (18,1 landesweit an Zweitstimmen) ist die Kerpenerin Grothus hoch zufrieden. Sie habe in der Nacht nach der Wahl gut geschlafen.
Die Stimmenanteile der Grünen konnten in der Regel verdreifacht werden. In Kerpen-Buir am Rand des Hambacher Forstes, wo Grothus mit ihrer Familie lebt und wo sie sich für den Erhalt des Waldes engagierte, erreichte sie sogar je nach Stimmbezirk 23 bis 27 Prozent, und lag hier vor dem Mitbewerber der SPD.
„Wir haben bei der Wahl viel Rückenwind für grüne Themen bekommen. Die werde ich nun auch ambitioniert im Landtag vertreten“, kündigt sie an. Transparenz im Strukturwandel, ein ökologischer, sozial- und klimagerechter Wandel und Bürgerbeteiligung nennt sie als ihre wichtigsten Anliegen.
Es geht um Inhalte, weniger um Personen
Sie werde versuchen, in die Ausschüsse des Landtages zu kommen, in denen solche Themen behandelt würden. Heute gibt es in Düsseldorf die erste Fraktionssitzung, wo hierüber schon geredet werden könnte.
Zu einer möglichen Zusammenarbeit mit CDU-Landtagsabgeordneten aus dem Kreis will Grothus sich nicht äußern. Ihr gehe es mehr um Inhalte und weniger um Personen. Gemeinsamkeiten mit der CDU sieht sie durchaus.
So habe sich Ministerpräsident Hendrik Wüst zuletzt noch einmal für den „Erhalt der Schöpfung“ ausgesprochen, sagte Grothus. Das wäre eine Schnittstelle, wenn es ernst gemeint sei. Als Grüne wolle man die Abstandsregelung für Windräder kippen und den Flächenverbrauch im Land reduzieren.
Anja von Marenholtz: „Das ist ein riesiger Vertrauensvorschuss“
Anja von Marenholtz beschreibt den Wahlabend als „maximal aufregend“. Die 51-jährige Pulheimerin zieht ebenfalls für die Grünen in den Düsseldorfer Landtag ein. „Als das Ergebnis kam, war der Jubel auf der Wahlparty in Düsseldorf groß."
Die Grünen hätten mit einem guten Ergebnis gerechnet. „Aber dass es so gut wird, haben wir im Vorfeld nicht geglaubt.“ Drei Stunden habe sie in der Nacht geschlafen, „weil wir vor lauter Freude sehr lange gefeiert haben. Das ist ein riesiger Vertrauensvorschuss“, sagt die Landesschatzmeisterin der Grünen.
Als um 18 Uhr die Grünen in den ersten Hochrechnungen bei 18,5 Prozent gelegen hätten und mit 40 Mandaten gesehen worden seien, sei sie absolut überwältigt gewesen. „In dem Moment wusste ich, dass es für mich mit Listenplatz 33 reicht, Landtagsabgeordnete zu werden.“
Spielräume für hochverschuldete Kommunen schaffen
Schulpolitik ist für die gelernte Vertriebskauffrau, die seit 2014 dem Pulheimer Stadtrat angehört, ein Herzensthema. Auch die Zukunft der kommunalen Finanzen sei ihr wichtig. „Das ist eine Riesenaufgabe. Viele Kommunen sind handlungsunfähig, weil sie hoch verschuldet sind.“ Die Politik müsse sie unterstützen, um ihnen Spielräume für nötige Investitionen zu geben.
Mit Blick auf ihre drei erwachsenen Söhne nennt Anja von Marenholtz eine weitere „starke Motivation“ für ihr Engagement als Kommunalpolitikerin: „Wir müssen unseren Kindern eine lebenswerte Zukunft geben.“
Heute Abend nimmt Anja von Marenholtz an einer Sitzung des Landesvorstands in Düsseldorf teil. „Wir werden die Ergebnisse der Landtagswahl und über die nächsten Schritte beraten.“
NRW soll das erste grüne Industrieland werden
Für morgen, Dienstag, sei die konstituierende Fraktionssitzung geplant. „Wir werden mit allen demokratischen Kräften reden und für starke grüne Inhalte verhandeln“, sagt die stellvertretende Fraktionssprecherin der Grünen im Pulheimer Stadtrat.
Es sind Klima- und der Strukturwandel sowie die Transformation der Wirtschaft. „NRW soll das erste grüne Industrieland werden.“ Jetzt über persönliche Präferenzen zu sprechen, fände sie verfrüht.
„Ich entnehme den Botschaften, dass alle ein Interesse haben, mit uns über unsere Schwerpunkte zu sprechen. Entscheidend wird aber sein, wer am Ende des Tages auch die Bereitschaft zeigt, entsprechend zu handeln.“
Persönliche Geste in St. Audomar von Thomas Okos
Thomas Okos spricht von einem dieser Momente, die unvergesslich bleiben würden. Am Morgen des Wahlsonntags zündete der Christdemokrat aus Frechen in St. Audomar eine Kerze an – in Gedenken an seinen vor 15 Jahren verstorbenen Vater.
„Zwei Kinder sprachen mich an“, berichtet der CDU-Politiker. „Sie kannten mich von den Wahlplakaten und meinten, die Kerze sei für mich.“ Dann habe er ihnen, sie seien vier oder fünf Jahre alt gewesen, von seinem Vater und von dem Krebs, der ihn früh aus dem Leben gerissen habe, erzählt. „Und dann haben sie zwei Kerzen angezündet und gesagt: »Die sind für dich!«“
Diese kleine Geste steht im Gegensatz zu dem, was Okos, der dritte Neuling aus dem Kreis, am Abend erlebte. Erst der grenzenlose Jubel beim Empfang durch seine Parteifreunde im Kreishaus, später die Feier mit Wahlhelfern und Freunden. Erst im „Alten Bahnhof“ in Frechen. Und als der schloss, in der CDU-Geschäftsstelle.
Abgeordneter will beruflich kürzer treten
Nach nur vier Stunden Schlaf saß der 33-Jährige gestern wieder an seinem Arbeitsplatz beim Institut der Deutschen Wirtschaft Consult in Köln. Seine Kollegen werden den Mann, der sich deutlich gegen den SPD-Kreisvorsitzenden Daniel Dobbelstein und gegen Antje Grothus durchsetzte, künftig seltener sehen.
Er will seinen Stundenumfang reduzieren, denn er will weiter dem Kreistag und dem Stadtrat in Frechen angehören und auch erster stellvertretender Bürgermeister bleiben: „Vor der Wahl hat mich auch keiner gefragt, ob ich Politik mit meinem Job vereinbaren kann.“
Wer den Weg des 33-Jährigen betrachtet, kommt zu dem Schluss: Das ist geplant, da wird nichts dem Zufall überlassen. Und so hält er auch nicht damit hinter dem Berg, in welchen Fachgebieten er sich im der Fraktion einbringen möchte: Wirtschaft und Mobilität.
Gegen eine Sprecherfunktion hätte Okos gewiss nichts einzuwenden.Auch nichts gegen eine schwarz-grüne Landesregierung. Die Zusammenarbeit sei auf Kreisebene seit vielen Jahren erprobt, man sei bei vielen Themen nicht weit voneinander entfernt.
Auch bei Tempo 30 in Innenstädten, wie es die Grünen fordern? Okos: „Ob das viel bringt, bezweifle ich. Denn dann fährt der Bus auch nur noch 30. Und das kann keiner wollen. Wir können über alles reden, es muss nur sinnvoll sein.“