Bei Starkregen kommt die Kanalisation an ihre Grenzen. Rückhaltebecken und Seen sollen die Wassermassen aufhalten und zwischenspeichern.
Serie „Unser Wasser“So sollen Rückhaltebecken die Wesselinger vor Überflutung schützen
Wesseling Wasser – Elixier des Lebens. Für viele Menschen ist Wasser sogar der Inbegriff von Freiheit, Erholung und Urlaub. Doch Wasser kann auch anders, wie zuletzt das jüngste Hochwasser am 27. Juli gezeigt hat. Deutlich wurde dabei auch den Fachleuten der Wasserentsorgungswirtschaft vor Augen geführt, dass selbst moderne Hochwasserrückhaltesysteme ihre Grenzen haben. Zahlreiche Keller und Tunnel wurden überflutet, die Feuerwehr war im Dauereinsatz.
„Ab einem Niederschlag von 15 Millimeter pro Stunde reden wir von Starkregen“, sagt der Sachgebietsleiter der Abwasserentsorgung in Wesseling, Julius Risse. Beim Hochwasser am 14. Juli 2021 fielen alleine in Wesseling innerhalb von 13 Stunden über 120 Liter pro Quadratmeter. Doch auch schon vorher und danach hat es im Rhein-Erft-Kreis und auch in Wesseling punktuelle Hochwasserereignisse gegeben, bei denen Keller und Straßen überflutet wurden.
Wesselinger fragen nach der Größe der Abwasserkanäle
„Zu Überflutungen kommt es immer dann, wenn die Kanalisation die Wassermassen nicht mehr aufnehmen kann“, erklärt Risse. Immer wieder fragen ihn deswegen auch die Bürger, warum die Kanalisation nicht entsprechend vergrößert wird. „Je größer der Kanal ist, desto teurer ist auch der Bau“, sagt Risse.
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Entscheidend sei jedoch, dass es ja nicht ständig regne, die Brauchwasser- beziehungsweise Abwassermenge aus den Haushalten und dem Gewerbe jedoch ein großes Abwasserrohr gar nicht ausnutzen könne. Unweigerlich blieben die im Abwasser schwimmenden festen Teile im Kanal hängen. „Die Folge wäre, dass es an heißen, trockenen Tagen verstärkt nach Fäkalien aus den Gullys riechen würde“, erklärt Risse.
Die Kanäle müssten im Sommer dann ziemlich oft gereinigt oder sogar mit Frischwasser gespült werden. „Deswegen streben wir es an, die Kanäle so weit wie möglich zu entlasten“, erklärt Risse. Das funktioniere etwa durch die Versickerung des Niederschlagswassers auf dem eigenen Grundstück. „Um die teure Abwassergebühr für das Niederschlagswasser zu sparen, ist es durchaus auch für die Eigentümer älterer Häuser lukrativ, nachträglich eine Zisterne oder eine Versickerungsgrube auf dem eigenen Grundstück zu errichten“, wirbt Risse.
Laut Wassergesetz NRW ist es für Neubauten schon seit 1. Januar 1996 Pflicht, dass das auf dem Grundstück anfallende Niederschlagswasser komplett auf dem Grundstück versickert. Auch in Wesseling und Keldenich wurde der Abfluss des Niederschlagswassers in den seit 1996 entstandenen Wohnsiedlungen nicht mehr an die Kanalisation angeschlossen.
Regenwasser wird gezielt über Wesselinger Straßen geleitet
„In Eichholz wird das Regenwasser sogar ganz gezielt über die Straßen auf öffentliche Versickerungsflächen geleitet“, erklärt Risse. Dafür seien auch die Straßen speziell gebaut und gepflastert worden. Ähnlich wie früher bei der „Gosse“ fließt dort das Regenwasser gezielt zu den künstlich angelegten Bachläufen und kleinen Seen und von dort auf große, eigens für die Regenversickerung angelegten Grünflächen. In anderen Neubaugebieten im Rhein-Erft-Kreis und Wesseling wurden Regenauffangmulden und Versickerungsgruben errichtet.
Gleichzeitig wird in Wesseling aktuell auch das Kanalnetz für größere Wassermengen ausgelegt. So bekommt zum Beispiel die Waldsiedlung in Urfeld zurzeit einen Abwasserkanal mit 80 Zentimetern Durchmesser, vorher waren es 30 Zentimeter. An der Rodenkirchener Straße beträgt der Durchmesser des Sammelabwasserrohrs sogar zwei Meter. „Das ist ein sogenannter Stauraumkanal, von denen es in Wesseling einige gibt“, sagt Risse.
Zudem entsteht an der Rodenkirchener Straße zurzeit eines der modernsten Mischwasserrückhaltebecken für Schmutz- und Regenwasser aus der ganzen Region mit einem rund 5000 Kubikmeter fassenden unterirdischen Becken und einem überirdischen Auffangbecken. Dort können auf einer Multifunktionsfläche noch einmal 3800 Kubikmeter Mischwasser zurückgehalten werden.
Unabhängig vom Niederschlagswasser muss sich Wesseling auch gegen ein mögliches Rheinhochwasser schützen. Regelmäßig werden deswegen die Deiche begangen. Mobile Schutzelemente und Schieber stehen bereit und werden regelmäßig gecheckt. Damit der Rhein bei Hochwasser nicht in die Kanalisation dringen kann und die Deiche von hinten flutet, sind im Kanal Schieber eingebaut, die bei Hochwasser manuell geschlossen werden.