Bad Honnef – „Das ist unglaublich spannend“, meinte Gereon Lindlar, bevor er dem dunklen Kupferrohr vorsichtig und behutsam erst mit einer Wärmepistole und dann mit einer Zange zu Leibe rückte. Der Experte vom Bonner Büro für Restaurierungsberatung wurde dabei am Montag von zahlreichen Journalisten mit Fotoapparaten und Kameras beobachtet.
Urkunde ist bemerkenswert gut erhalten
Nach ein paar Minuten tauschte Lindlar die groben Arbeitshandschuhe gegen feine Stoffhandschuhe – und holte neben Reichsmarkmünzen und Zeitungen eine bemerkenswert gut erhaltene Urkunde ans Tageslicht, die mehr als 100 Jahre im Grund- beziehungsweise Schlussstein der Grafenwerther Brücke verborgen war.
Im Zuge der seit Ende 2021 laufenden Sanierung der denkmalgeschützten Brücke, die rund zwei Jahre dauern und 3,2 Millionen Euro kosten soll, war eine Bronzetafel abmontiert worden, die diebstahlsicher in fast drei Metern Höhe am Pfeiler auf der Festlandseite montiert war; sie beurkundet sozusagen den Bau der Brücke durch die Stadt Bad Honnef.
Doch hinter der Platte fand sich überraschend ein Loch und in diesem eine „Zeitkapsel“, die am Montag unter großem Interessen der Medien geöffnet wurde. „Das ist ein unglaublich spannendes Zeitdokument“, sagte Lindlar, der die Sanierung des Denkmals leitet, als er das Papier herausgeholt hatte.
Im 27. Jahr der Regierung Kaiser Wilhelm II.
Auf der aufwendig gestalteten Urkunde heißt es unter einer grafischen Darstellung der Brücke mit dem Siebengebirge im Hintergrund unter anderem: „Im Jahre Neunzehnhundertvierzehn, den (der Tag fehlt; d. Red) Juli im siebenundzwanzigsten Jahre segensreicher friedlicher Regierung S.M. des Kaisers u. Königs Wilhelms II. (...) wurde der Schluszstein zu dieser Brücke (...) gelegt.“
Neben der in dicker Pappe geschützten Urkunde holte Gereon Lindlar außer Geldmünzen auch Zeitungen aus der Röhre, darunter die „Deutsche Reichs-Zeitung“ vom Freitag, 1. Oktober 1915, und die „Kölnische Zeitung“, ebenfalls von Oktober 1915 und mit der Schlagzeile „Große Verluste der feindlichen Angreifer im Westen“.
Die Jahresangaben 1914 beziehungsweise 1915 sind insofern bemerkenswert, als dass die Betonbrücke schon in den Jahren 1911 und 1912 gebaut wurde. Da war der Erste Weltkrieg noch weit weg.
Dokumente und Münzen dem Hochwasser ausgesetzt
Die Dokumente und die Münzen waren – obwohl hoch oben unterm Brückenbogen eingemauert – mitunter dem Hochwasser ausgesetzt, vor allem die Zeitungen sind nass und bräunlich verfärbt. Die besser erhaltene Urkunde müsse nun, so der Experte Lindlar, feucht gehalten, gereinigt und vor Schimmelbefall bewahrt werden.
Vielleicht müsse sie tiefgefroren werden, um sie später zu restaurieren. Laut Bürgermeister Otto Neuhoff kommt die Urkunde ins Stadtarchiv. Die Bronzeplatte wird nach der Sanierung der Brücke, die sich laut Jutta Schmidt, Fachdienstleiterin Tiefbau der Stadt Bad Honnef, im Kosten- und Zeitrahmen bewegt, voraussichtlich wieder montiert.